Etwa 1250 Bahnreisende saßen am Samstag in Main-Spessart an den Bahnhöfen in Lohr und Gemünden fest, und das bei Temperaturen um die 34 Grad. Um kurz nach 10.30 Uhr gab es auf der Bahnstrecke zwischen Langenprozelten und Sackenbach einen Notarzteinsatz. Über mehrere Stunden hinweg war die Strecke dort bis zum frühen Nachmittag gesperrt.
Die Züge aus Würzburg, die in Richtung Aschaffenburg weiterfahren wollten, mussten in Gemünden Halt machen. Bis zum Nachmittag stauten sich mehrere Folgezüge. In der Gegenrichtung, von Aschaffenburg kommend, hielten die Züge in Lohr. Für andere war bereits in Aschaffenburg oder sogar in Frankfurt Endstation. Weil die ICE-Strecke zwischen Fulda und Würzburg derzeit gesperrt ist, fahren die Schnellzüge ebenfalls auf dieser Strecke. Auch sie mussten warten.
Insgesamt wurden 186 Hilfskräfte alarmiert
Damit die Menschen nicht in der prallen Sonne auf den überfüllten Bahnsteigen oder den Bahnhofsvorplätzen ausharren mussten, wurden insgesamt 186 Hilfskräfte aus der Umgebung alarmiert.
"Als der Alarm losging, waren wir in der Spessarttorhalle, um die Notunterkunft abzubauen", so Jaqueline Ratka, die Leiterin der Führungsgruppe Katastrophenschutz am Landratsamt Main-Spessart. Die 50 dort beschäftigten Hilfskräfte seien gemeinsam zum Einsatz am Bahnhof ausgerückt.
Das Technische Hilfswerk (THW) räumte die Züge, die im Bahnhof in Lohr stoppten. Es sorgte zusammen mit dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und den Feuerwehren der Region dafür, dass die Wartenden Schatten und etwas zu trinken hatten. Mit einem Lebensmittelladen nahe dem Lohrer Bahnhof gibt es eine Vereinbarung für einen solchen Notfall: "Die öffnen ihre Rolltore und wir können schnell und unkompliziert Getränke entnehmen", so Ratka.
Einsatzbereitschaft der Hilfskräfte mussten weiterhin gegeben sein
Bis zur Mittagszeit stellte sich heraus, dass es immer mehr Menschen werden, erinnert sich Ratka. Es gab einen Transport zur Nägelsee-Sporthalle, wo sich die Wartenden aufhalten konnten und es ausreichend Toiletten gibt. "Es wurden immer mehr Kräfte nachalarmiert." Gleichzeitig musste sichergestellt sein, dass die Feuerwehren trotz des Ereignisses einsatzbereit waren, wenn es zum Beispiel einen Brand oder einen Verkehrsunfall gegeben hätte.
Auch wenn man bei einem solchen Ereignis nicht von einer Katastrophe spricht, ist die Koordination und die Kommunikation zwischen den Hilfskräften enorm wichtig. Deshalb hat Ratka nach Rücksprache mit der Leitstelle, die die Einsätze aus der Ferne koordiniert, einen örtlichen Einsatzleiter bestimmt. Harald Merz, Kreisbrandinspektor für den Bereich Lohr, hatte das Kommando. Ihm zur Seite standen Vertreter des THW, des BRK und der Feuerwehren sowie der Polizei und ein Fachberater der Deutschen Bahn (DB).
Eis und Süßigkeiten für Reisende
Damit Reisende nicht unterzuckern, gab es auch Eis und Süßigkeiten. Insgesamt drei von ihnen mussten deswegen beziehungsweise wegen Kreislaufproblemen vom Rettungsdienst versorgt, so Merz. Wer Erkältungssymptome hatte, wurde auf Covid-19 getestet; einige mit einem positiven Ergebnis. Sie wurden aufgefordert, sich auf direktem Weg nach Hause zu begeben – auf den nächsten Zug mussten sie trotzdem warten.
Ab etwa 14.30 Uhr konnten die ersten Züge wieder rollen. Doch die Weiterbeförderung der Menschen ging nur schleppend voran, da die nachfolgenden Züge bereits überfüllt an den Bahnhöfen ankamen. War dann doch mal Platz, durften zuerst ältere und kranke Menschen einsteigen.
Polizei beschwichtigte bei Unruhen unter den Reisenden
Die Polizeibeamten vor Orten informierten über die Lautsprecheranlage ihres Dienstwagens und beschwichtigte bei aufkommender Unruhe. Bis auch der letzte Reisende wieder auf der Weiterfahrt war, dauerte es jedoch noch fast drei Stunden. "Es gab einen Schienenersatzverkehr zwischen Lohr und Gemünden", so Ratka. Doch der habe nicht viel genützt. Schließlich gab es keine Züge für den Weitertransport.
Problematisch war nach ihrer Aussage, dass in Richtung Würzburg deutlich mehr Reisende wollten, Deshalb warteten am Lohrer Bahnhof auch mehr Menschen auf die Weiterfahrt. Zu Spitzenzeiten am Nachmittag waren dies etwa 850 Reisende, in Gemünden knapp die Hälfte.
Sonderzug brachte Reisende nach Würzburg
Erst recht spät sei ein Sonderzug der Deutschen Bahn eingesetzt worden, der Reisende in Lohr und Gemünden aufgesammelt und nach Würzburg gebracht hätte. Bereits um die Mittagszeit habe die Unterstützungsgruppe Würzburger Hilfsorganisationen informiert, damit man sich dort für die eintreffenden Reisenden mit Getränken und Schattenplätzen wappnen konnte.
Im Laufe der Woche wird es eine gemeinsame Nachbesprechung der Einsatzkräfte geben. Jacqueline Ratka vom Landratsamt ist mit der Organisation des Einsatzes durch die Hilfskräfte sehr zufrieden sei. Sie hätte sich allerdings gewünscht, dass der Weitertransport der Menschen schneller geklappt hätte. Doch kurzfristig sei keine Unterstützung durch Busunternehmen aus dem Landkreis möglich gewesen.