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Bischbrunn
Aurora hat viel gesehen: Kaiser, Räuber und Förster
Das Torhaus im Spessart war Mautstation und Forstdienststelle. Hier zogen Heere vorbei, Kaufleute und dunkle Gesellen. Hier wurde und wird abkassiert, früher Reisende, heute Raser.
Die ehemalige Zoll- und Forstdienststelle Torhaus Aurora blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Ursprünglich als Zollstation an der 'Heristrata' (Heerstraße) gebaut, war hier von 1884 bis zur Forstreform und Pensionierung des letzten Försters Günter Radlow eine Forstdienststelle.
Foto: Richard Krebs | Die ehemalige Zoll- und Forstdienststelle Torhaus Aurora blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Ursprünglich als Zollstation an der "Heristrata" (Heerstraße) gebaut, war hier von 1884 bis zur Forstreform und ...
Richard Krebs
 |  aktualisiert: 10.02.2024 13:53 Uhr

An der heutigen Staatsstraße 2312 zwischen dem Bischbrunner Gemeindeteil Straßlücke und der Autobahnraststätte Rohrbrunn liegt das Torhaus Aurora. Vielen Autofahrern ist der Ort in unguter Erinnerung, denn er wird gerne aufgrund der langen, geraden Strecke für die Überprüfung des dort geltenden Tempolimits genutzt. Zur Kasse gebeten wurde hier auch schon früher, war das Torhaus Aurora (nicht zu verwechseln mit dem Forsthaus Aurora im Löwensteiner Park) einst eine "Mautstelle" und beträchtliche Einnahmequelle.

In der Schrift "100 Jahre Forstamt Marktheidenfeld" wird um 1746 ein "Andreas" als Geleitzöllner am Schlagbaum Torhaus Aurora benannt und als "in Sylva Custos porte sive confinium Sylva Moguntianorum ("im Wald Hüter der Pforte der Grenzen des Mainzer Forstes") bezeichnet. Die an Aurora vorbei führende Staatsstraße hatte einst große Bedeutung für den Verkehr. In alten Urkunden wird sie "Heristrata" (Heerstraße), später Frankfurter Straße oder Poststraße genannt, zuletzt war sie Teil der Bundesstraße 8. Kaiser Ludwig, der Sohn Karls des Großen, bestätigte am 9. Juli 839 in einem Landtausch erstmals diese "heristrata".

Poststraße der Thurn und Taxi‘schen Reichspost

1088 schreibt Abt Gerungus vom benachbarten Kloster Triefenstein über diese Straße: "..durch den Spessart gen Frankfurt, Mainz bis Coellen ….welche laut uralten Dokumenten von uralten Zeiten schon daher gegangen". Im 17. Jahrhundert mussten die Bischbrunner Einwohner den nach Frankfurt zu den Frühjahrs- und Herbstmessen fahrenden Regensburger und Nürnberger Kaufleuten das Geleit geben. Ab 1615 ist sie Poststraße der Thurn und Taxi‘schen Reichspost mit den Poststationen Esselbach, Rohrbrunn, Bessenbach und Aschaffenburg. Zahlreiche Kaiser und Könige kamen hier vorbei: Kaiser Leopold, Maria Theresia, der russische Zar, König Friedrich Wilhelm von Preußen und natürlich der Franzosenkaiser Napoleon.

1770 erfolgt der Ausbau der Poststraße zur Chaussee nach französischem Vorbild. Es waren unruhige Zeiten. Ein Beispiel: Am 13. November 1787 überfielen Sebastian und Jakob Heidelmaier aus Aufenau bei Bad Orb und drei weitere Räuber im Bereich des" Steinhaufenplanes" die Postkutsche Noch heute erinnert ein Gedenkstein mit der Inschrift "PWB 1787" (Postwagenberaubung) an diese Tat. 1789 wurden drei der Posträuber verhaftet und in Aschaffenburg enthauptet. Die Beute betrug 5000 Gulden, Goldbarren, Schmuck der Passagiere und ein Fässchen Salatgurken. In Esselbach "beim Branntweintrinken" hatten sie Zeitpunkt und Ort des Überfalls ausgekundschaftet. Sie gestanden noch zwölf weitere Überfälle.

Ein Haus samt Scheune aus Stein an der Chaussee

1796 wird neben dem bestehenden alten Holzhaus in Aurora ein Neubau errichtet: "….ein Falter Hauß (= Falltorhaus) an der Chaussee bei Bischbrunn samt Scheuer von Stein neu erbaut". Noch bis 1789/90 bewohnen ausschließlich Geleitzöllner das Torhaus. Franz Löw oder Löb/Leeb war 1789 Geleitzöllner und Chausseegeldeinnehmer. Nur ein Jahr später wird Franciscus Löw zum Oberförster des Torhauses ernannt. Neben seinem Forstberuf ist er jedoch weiterhin Zolleinnehmer, betreibt eine mittlere Landwirtschaft und eine bestens florierende Bäckerei.

An den Postkutschenüberfall von 1787 erinnert dieser Gedenkstein. 
Foto: Richard Krebs | An den Postkutschenüberfall von 1787 erinnert dieser Gedenkstein. 

Auch sein Kollege und Förster in Bischbrunn, Johann Leimeister, musste sein Gehalt aufbessern. Er beantragte das "Schildrecht" für einen Gasthof "Zum goldenen Stern", "damit Reisende besser verpflegt werden können". Selbst der zeitgleich tätige Bischbrunner Schulmeister (Lehrer) erhielt ein Schildrecht . Wenn man in Bischbrunn von dieser Gastwirtschaft, "Zum Engel", sprach, hieß es deshalb "die Schul". Beide Gastwirtschaften, der "Stern" und die "Schul", sind seit längerem geschlossen. Der "Stern" ist seit 1987 für immer zu und steht leer, die "Schul/Engel" stellte einige Jahre später ihren Betrieb ein und wird jetzt als privates Wohnhaus genutzt.

Der letzte Förster sah sich in einer Einöde

Von 1884 bis zur letzten Forstreform sind die Förster des Reviers Torhaus Aurora in der Forstamtschronik aufgeführt. Letzter Förster war Günter Radlow. Er kam nach dem 2. Weltkrieg in den Spessart. Das damalige Regierungsforstamt Unterfranken beschrieb die Situation bei seinem Dienstbeginn im Jahre 1953 folgendermaßen: "Das Torhaus Aurora ist eine Einöde. Deswegen ist es mit größerer Landwirtschaft ausgestattet. Wegen dieser Verhältnisse war es früher immer schwierig für diese Dienststelle einen Nachfolger zu finden. Vor allem scheuten die Nachfolger die Übernahme der Landwirtschaft mit Zubehör".

Radlow bewohnte mit seiner Familie bis zu seiner Pensionierung die Forstdienststelle Torhaus Aurora. Seine beiden Söhne mussten täglich den Schulweg nach Bischbrunn bei "Wind und Wetter" zu Fuß zurücklegen. 1969 wurde der Sitz der Forstdienststelle Aurora nach Bischbrunn verlegt und führte dann die Bezeichnung "Bischbrunn II". Das Revier Aurora wurde aufgelöst. Ab 1975 gehörte das Revier nach Auflösung des Forstamtes Bischbrunn zum Forstamt Marktheidenfeld und war dann die "Forstdienststelle Bischbrunn I". Das Anwesen Torhaus Aurora wurde nach der Forstreform privatisiert.

Quellen: Torhaus Aurora als Teil des Kulturwanderweges "Jagd des Prinzregenten Luitpold im Spessart". Chronik "100 Jahre Forstamt Marktheidenfeld 1885 – 1985".

 
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