Zum Jahresende schloss mit der "Bürgerstube" die letzte Gaststätte in Bischbrunn ihre Pforten. Wehmut und Trauer der Wirtsleute Günther und Ingrid Väth sowie der Stammgäste prägten die letzten Wochen als "das Ende nahte". Die Gäste trugen ihr Leid auch offen zur Schau . Sie kamen mit schwarzer Krawatte zum letzten Stammtisch, um den Wirtsleuten für die jahrelange Gastfreundschaft zu danken und mit ihnen zu trauern.
Eine Krawatte ziert immer noch als Erinnerung an viele gemütliche und unterhaltsame Stunden ein Mannschaftsbild der DJK Oberndorf, deren Stammlokal die Bürgerstube ebenso war wie für den Oberndorfer Carnevalsverein, den Gesangverein, den FC-Bayern-Fanclub, den "Prinzregentenfanclub" oder den Seniorenclub. Die DJK widmete ihren Wirtsleuten einen anerkennenden Nachruf auf ihrer Webseite und erinnerte an schöne gemeinsame Stunden..
Vereine auf der Suche nach neuer Heimat
Gerade diese Vereine und Gruppierungen sind jetzt auf der Suche nach einer neuen Heimat und versuchen diese im Sportheim, bei der Feuerwehr oder den Heimat- und Wanderfreunden zu finden. Entsprechende Gespräche werden geführt seit das Ende der "Bürgerstube" bekannt wurde. Ob das jedoch tragfähige Dauerlösungen sind, wird die Zukunft zeigen.
Vor genau 65 Jahren bauten die Eltern der heutigen Wirtsleute, Heinrich "Heiner" und Elisabeth "Betty" in der Grundstraße eine Gastwirtschaft. Der Start war nicht einfach, denn die örtlichen Bäckereien, die Metzgerei und sogar die Brauerei in Marktheidenfeld lehnten aus Konkurrenzgründen zu den anderen noch vorhandenen Gaststätten "Diana" und "Rose" eine Belieferung ab. Die Metzgerei wäre sogar gerade auf der Straße gegenüber gewesen. So übernahm die Metzgerei Sepp Roos aus Homburg die Belieferung. Der durch Funk und Fernsehen weithin bekannte Fastnachter Sepp Roos brachte der "Bürgerstube" nicht nur Fleisch- und Wurstwaren, sondern unterhielt die Gäste auch mit seinem urkomischen karnevalistischen Klamauk. Mit seinem Homburger Carnevalsverein gab er zwei Gastspiele im Saal und wurde 1969 so zum Geburtshelfer des Oberndorfer Carnevalsverein (OCV). In der "Bürgerstube"hatte der Verein sein Vereinslokal.
Auch die Heimat- und Wanderfreunde hatten bis zum Bau ihres Jugend- und Wanderheims ihr Domizil. Der Gesangverein "Spessartlust" wanderte nach der Schließung der Gaststätte "Diana" in die "Rose". Als diese auch "dicht" machte, fanden die Sänger in der "Bürgerstube" Unterschlupf. Jetzt stehen sie wieder ohne Übungsraum da und wissen nicht so recht wohin.
Bekannte Bands spielten im Saal der "Bürgerstube"
In den 1970 bis 1990er Jahre war der "Bürgerstube"-Saal ein bekanntes Tanzlokal. Bands wie die "Trailors", "Yellow Stars" oder "Earls" spielten oft mehrmals im Monat und lockten ihre Fans aus der ganzen Region nach Oberndorf. Viele Bekanntschaften wurden dabei geschlossen, manche sogar auf ein Leben lang.
Als die Oberndorfer Volksschule die vielen Schüler in den zwei Klassenräumen nicht mehr unterbrachte, diente der Saal bis zum Bau der neuen Verbandsschule auch als Ausweichquartier für die Schule.
Der letzte "Bürgerstube"-Wirt Günther war gerade drei Jahre alt, als seine Eltern, mit dem Bau der Gaststätte begannen. Der Start war damals bei noch zwei weiteren Gaststätten in Oberndorf nicht einfach. Vater Heiner belieferte beim Bau der Autobahn A 3 Ende der 1950er Jahre die Bauarbeiter mit Getränken. Mit Moped und Anhänger lieferte er Getränke auf der kilometerlangen Baustelle aus und versorgte die durstigen Bauarbeiter.
40 Jahre hat Günther Väth die Wirtschaft betrieben und "hat es immer gerne gemacht". Obwohl er immer noch einem anderen Hauptberuf nachging, stand er abends und an Wochenenden hinter dem Tresen, während Ehefrau Ingrid für die Küche zuständig war. Ihre Kochkünste waren sehr gelobt, verwendet sie doch nur frische regionale Produkte. Jetzt ist er seit acht Jahren Rentner, seine Frau Ingrid erreicht das Rentenalter. Sie haben 50 Jahre gearbeitet, die gesundheitlichen Probleme werden größer. Personal zu finden wurde immer schwieriger, aber auch die Kundschaft wandelte sich: "Die Rentner sterben weg und nur vom Wochenendbetrieb, Familien- und Vereinsfeiern kann der Betrieb nicht aufrecht erhalten bleiben."
Einst gab es sechs Gaststätten in der Gemeinde
Nachdem in den vergangen Jahren die Gasthäuser "Diana", "Engel", "Sonne", "Rose" und die "Straßlücke", meist wegen Nachfolgeproblemen, ihre Türen für immer schlossen, folgte nun mit der "Bürgerstube" das letzte Lokal der Gemeinde. Der neue bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich zum Beginn seiner Amtszeit den Kampf gegen das Wirtshaussterben auf seine Fahnen geschrieben. In Bischbrunn mit seinem Gemeindeteil Oberndorf hätte er eine lohnende Aufgabe.