Bauhaus-Architektur gibt's sogar in Marktheidenfeld. Wenn auch auf seine eigene, "verfränkelte" Art und Weise, wie Johannes Hettiger beim Tag des offenen Denkmals zeigt. Dieser stand anlässlich der Gründung der Kunstschule in Weimar vor 100 Jahren unter dem Motto "Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur". Beim Rundgang durch die Innenstadt führt der Architekt und Vorsitzende des Sanierungsbeirats durch Veränderungen und Einschnitte der Marktheidenfelder Architekturgeschichte.
Rund 30 interessierte Bürger stehen auf dem Parkplatz bei der Alten Mainbrücke. Hettiger erklärt: "Die war der erste wesentliche Umbruch für Marktheidenfeld." 1830 löste Marktheidenfeld, damals noch "Marktflecken", Homburg als Amtssitz ab. Mit der Eröffnung der Brücke 1846 festigte man seine neue Position, sie brachte wirtschaftlichen Aufschwung.
Ein Stück Bauhaus-Geschichte in Marktheidenfeld
Wenige Meter weiter von der Alten Mainbrücke zeigt Hettiger das Hotel "Zur schönen Aussicht". Das Gebäude sei im Zuge des Brückenbaus errichtet worden und soll als Post- und Kutschenstation gedient haben, erklärt der Architekt. Die Kegelbahn und einen Biergarten habe es schon damals gegeben. In den 1960ern kam es zur Erweiterung des Gebäudes.
"Das einzige Stück Bauhaus-Architektur in Marktheidenfeld", sagt Hettiger über den Anbau. In seiner reinen Form, mit dem für Bauhaus typischen flachen Dach und geraden Linien, stehe er heute aber nicht mehr. Er wurde "verfränkisiert", wie es der Architekt beschreibt. Den Anbau krönt ein Ziegeldach, auch geschwungene Linien sind heute zu sehen.
Jüngste Umbrüche: Lermann-Kaufhaus und neues Rathaus
Von der Obertorstraße geht es weiter entlang der Altstadt zur Luitpoldstraße. Stück für Stück hat sich die Stadt über die Jahre jenseits der alten Stadtmauer entwickelt. Auch das Lermann-Kaufhaus habe eine zentrale Rolle gespielt, wie Hettiger erklärt.
Das riesige Bauvorhaben mit seinen Nebenflächen erstreckt sich bis weit hinter die Luitpoldstraße und erschloss damit für die Stadt ein Gebiet, das vorher nur mit Schrebergärten besiedelt war. Seit diesem Jahr steht das Kaufhaus, das 1971 eröffnet wurde, zum größten Teil leer. Noch sei dessen Zukunft ungewiss, doch Hettiger ist sich sicher: "Es wird auf jeden Fall ein Umbruch sein, was hier passiert."
Eine Besucherin nimmt das zum Anlass und fragt den Architekten, was sich in den letzten zehn Jahren aus städtebaulicher Sicht getan habe. Hettiger antwortet: "Stadtentwicklung ist etwas, das nicht auf einen Schlag passiert." Als Beispiel nennt er die Entwicklung um das neue Rathaus, das 2010 eröffnet wurde. Lange Zeit habe das Areal, wo einst eine Mälzerei und Brauerei stand, brach gelegen. Im Zuge der "Revitalisierung der Altstadt" baute ein privater Investor für die Stadt den Gebäudekomplex. Ziel der Revitalisierung sei neben dem neuen Rathaus ein fußläufig erreichbarer Vollsortimenter gewesen. Der Architekt erklärt: "Den braucht eine Altstadt unbedingt."
Mainkai: "Schokoladenseite von Marktheidenfeld"
Über die Mitteltorstraße und den Marktplatz führt Hettiger zum Mainkai – die "Schokoladenseite" von Marktheidenfeld, wie er es nennt. Die ikonische Häuserzeile entlang des Mains gebe es erst seit dem 18. Jahrhundert. "Davor war die Stadtmauer zum Main hin geschlossen", sagt der Architekt. Heute stehe der Mainkai als Ensemble unter Denkmalschutz. Hettiger: "Wir haben lange und viel für den Erhalt gekämpft."
Als "nicht entwickelte Situation" beschreibt er den Schotterweg und den Mainkai-Parkplatz. "Hier wäre noch einiges möglich", sagt Hettiger am Ende des Rundgangs. Seit Jahren beschäftigt die Situation um den Parkplatz Bürger und Stadt gleichermaßen. Welche Umbrüche hier in Zukunft kommen werden, ist Stand jetzt jedoch noch ungewiss.