Bagger, Bauarbeiter und Material stehen direkt an den Gleisen. Schmale Streben mit schwarz-gelber Markierung trennen als feste Absperrung von den ICEs, die derzeit mit verminderter Geschwindigkeit aus dem Mühlbergtunnel bei Wiesenfeld ausfahren. Dort befinden sich die Arbeiten am neuen Rettungsplatz auf der Zielgeraden, im September soll alles abgeschlossen sein. Die Projektingenieure Philipp Petri und Thorben Freidank führen über die Baustelle – und geben Einblick, wie sich die Rettungsmöglichkeiten dadurch verbessern.
Alle zwei bis vier Wochen schauen sie seit dem Baubeginn im April in Wiesenfeld vorbei. Dafür reisen die beiden aus Frankfurt an – von dort aus wurde das Projekt "Tuna" koordiniert, über das seit Anfang der 2000er Jahre rund 70 Bestandstunnel erneuert werden sollen. Der Rettungsplatz am Mühlbergtunnel ist die vorletzte Baustelle dieses Projekts, erklärt Petri. Ziel war es, die Sicherheit der Tunnel zu erhöhen.
Am 5528 Meter langen Mühlbergtunnel, Baujahr 1988, wurde dafür die Tunnelsicherheitsbeleuchtung nachgerüstet. "Ein Zugsteuerer kann von der Ferne aus die Beleuchtung bedienen", sagt Petri. Das könnte zum Beispiel einen Einsatz im Tunnel erleichtern.
Wegen Böschung ist knapp 300 Meter Fußweg nötig
Am Südportal ergibt sich eine Besonderheit: Nach dem Tunnelausgang ragt seitlich eine Böschung einige Meter in die Höhe. Es galt zu überlegen, ob im Notfall die Böschung in Kauf genommen wird oder ein Fußweg von 280 Metern bis zum Rettungsplatz. In Abstimmung mit dem Eisenbahnbundesamt habe sich die Bahn für den Fußweg entschieden, so Freidank.
Für den Evakuierungsfall stellt die Deutsche Bahn klar: Niemand sollte ein im Tunnel zum Stehen gekommenes Fahrzeug auf eigene Faust verlassen. Eine Evakuierung eines Fahrzeugs sei sehr selten. Dafür gebe es bei der Bahn einen koordinierten Ablauf, der in Abstimmung mit dem Eisenbahnverkehrsunternehmen, dem Notfallmanagement und gegebenenfalls den Rettungskräften abläuft. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen ist der Anbieter, der die Züge bereitstellt – neben der Deutschen Bahn sind beispielsweise agilis oder Go-Ahead in Bayern unterwegs.
Der Fußweg kann anschließend eine Hilfe sein, um schnell in die richtige Richtung laufen zu können. Dieser wird nun mit Betonfertigteilen und Gitterrosten befestigt. Auf dem Rettungsplatz selbst werden Rasengittersteine verlegt. Über eine "Bewetterung" verfügt der Tunnel weiterhin nicht – bei moderneren Tunneln kann so der Luftzug gesteuert werden.
Ein Zug kommt allerdings sehr selten in Tunneln zum Stehen, erklärt Freidank. Ist eine Evakuierung dennoch nötig, wird immer versucht, diese auf freier Strecke durchzuführen, etwa bei einem technischen Defekt.
Fast 2,5 Millionen Euro investiert
Tunnel wie dieser werden in dieser Form nicht mehr gebaut, da im Inneren zwei Gleise nebeneinander verlaufen, so Petri. Heutzutage wird pro Gleis eine eigene Tunnelröhre angelegt. Auf der Strecke bei Wiesenfeld fährt allerdings kein reiner Personenverkehr, sondern sogenannter "Mischverkehr", da nachts Güterzüge über die Gleise rollen. Für diesen Verkehr oder reinen Güterverkehr seien früher solche Tunnel gebaut worden.
Für die Maßnahme schuf die Bahn direkt anschließend an den Rettungsplatz als Ausgleich eine Streuobstwiese mit Eidechsenhabitaten. Insgesamt wird die Erneuerung rund 800.000 Euro kosten. Für den neuen Rettungsplatz am Nordportal musste eine große Stützmauer errichtet werden; dort ist jedoch kein Fußweg nötig. Die Kosten lagen bei insgesamt 1,6 Millionen Euro. Den Zugbetrieb konnte die Bahn während der Maßnahme aufrechterhalten.