Ein lauter Hilferuf war das als Runder Tisch geplante Treffen der fünf Caritas-Sozialstationen in Main-Spessart am Dienstagmorgen in Lohr. Die finanzielle Lage ist prekär, die personellen Ressourcen am Limit, machten die Vertreter und Vertreterinnen klar. Wenn sich nicht bald etwas tue, drohe den Sozialstationen noch dieses Jahr oder spätestens kommendes Jahr das Aus. 2100 Pflegebedürftige stünden dann ohne Betreuung da, eine Alternative ist aufgrund von Fachkräftemangel und fehlenden Heimplätzen nicht in Sicht.
Alexander Martin, Geschäftsführer der Sozialstation Gemünden, sagte zu den Ursachen, dass Sach- und Personalkosten zuletzt exorbitant gestiegen seien. Zugleich reiche das Pflegegeld nicht aus und Leute sparten auch an Ausgaben für ambulante Pflege.
Dabei, so die Anwesenden, sei die Lage derzeit schon so, dass viele Pflegebedürftige abgewiesen werden müssen. Das Aus der Sozialstation Aura Ende Februar hat allen vor Augen geführt, wie dramatisch die Lage ist. Die Caritas-Sozialstationen helfen außerdem 550 Personen im Haushalt.
Neben Vertretern der fünf Caritas-Sozialstationen aus Arnstein, Gemünden, Karlstadt, Lohr und Marktheidenfeld nahm auch der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (SPD) teil. Anna Stolz (FW) schickte einen Stellvertreter. Dass die eingeladenen Politiker Alexander Hoffmann, Thorsten Schwab und vor allem Landrätin Sabine Sitter (alle CSU), wenngleich entschuldigt, nicht teilnahmen und auch keine Vertreter schickten, stieß den Anwesenden sauer auf; manche machten ihrer Enttäuschung darüber auch Luft. Die Pressestelle des Landratsamts teilt auf Anfrage der Redaktion mit, die Landrätin habe am Dienstagmorgen einen "dringenden internen Termin" gehabt, der sich nicht habe verschieben lassen.
Ist die Liquidität bald am Ende?
Uwe Rentz, ehrenamtlicher Vorsitzender der Sozialstation Marktheidenfeld, sagte, dass die Finanzierung der Sozialstationen schon immer auf Kante genäht war. "Aber so, wie sich das momentan darstellt, ist es nicht mehr erträglich." Für die Pflegebedürftigen nicht und auch für die Pflegekräfte nicht. So gehe es nicht weiter. "Wenn nicht bald etwas passiert, ist unsere Liquidität am Ende des Jahres zu Ende." Der Inflationsausgleich koste die Sozialstation dieses Jahr 42.000 Euro, die noch nicht refinanziert seien.
Die Pflegekräfte seien zudem am Ende, der Krankenstand von knapp 15 Prozent bei den fünf ambulanten Pflegediensten spreche eine deutliche Sprache, sagte Rentz. Er erwarte, dass die finanzielle Ausstattung so ist, "dass wir existieren können", um Gewinn gehe es gar nicht. Die Caritas-Sozialstationen sind als eingetragene, gemeinnützige Vereine rechtlich selbstständig. Wenn sie aus der Not heraus die Preise für Leistungen, bei denen es möglich sei, erhöhen würden, so Rentz, bekämen sie von Kunden zu hören: "Und Sie wollen christlich sein?"
Rentz' Stellvertreter Matthias Liebler sagte, dass die Sozialstation nach Tarif bezahlen müsse, die Refinanzierung klappe aber nicht. "Wir fahren auf den Dörfern herum, bekommen die Kilometer aber nicht vergütet." Wenn es so weitergehe, werde im Laufe des Jahres die Sozialstation schließen müssen. Der Lohrer Vorsitzende Klaus Becker sagte: "Es tut weh, wenn wir entscheiden müssen, da gehen wir hin und da nicht, weil wir es uns nicht leisten können." Es brauche eine gesicherte Finanzierung für den laufenden Betrieb.
Alle Optimierungsmöglichkeiten in Gemünden ausgeschöpft
Er habe "höchsmotivierte Leute", sagte Alexander Martin und berichtete von Menschen, die anriefen und weinten, weil sie nicht versorgt werden könnten. "Ich kann teilweise nicht mehr schlafen." Nach Martins Meinung müsse sich die Finanzierung für den ambulanten Bereich "extrem reformieren". Er schlug für jeden Pflegebedürftigen einen Pro-Kopf-Zuschuss etwa durch Kommunen oder den Landkreis vor und eine Finanzierung parallel zu den Krankenhäusern mit einer dynamischen Anpassung alle zwei Jahre vor. "Wir sprechen für die Menschen, die wir versorgen."
Bernd Rützel, seit vier Jahren stellvertretender Vorsitzender der Sozialstation in Gemünden, stimmte den Äußerungen zu. Der Gemündener Vorstand schaue sich die Zahlen monatlich an. Ergebnis: "Wir legen drauf." Alle Optimierungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft. "Es geht nicht mehr lange gut." Auch bei den privaten ambulanten Pflegediensten sei durch den Tarifvertrag keine schlechtere Bezahlung mehr möglich. Gesundheitsexperten in Berlin sagten zu dem Thema immer: "Da müsst ihr besser verhandeln." Ein Entlastungsgesetz sehe ab Januar 2024 fünf Prozent mehr Geld für Sozialstationen vor, wobei er einräumte, dass das "fast zu spät" sei und die Lage höchstens etwas verbessere.
Ein Zusammenschluss der Sozialstationen denkbar?
Rützel schlug vor, dass sich die fünf Caritas-Sozialstationen zusammenschließen, was aus seiner Sicht Verwaltungsaufwand sparen könnte, vielleicht könnte man sich auch eine Pflegedienstleitung teilen, und man hätte mehr Verhandlungsmacht. In Karlstadt gehe unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schon die Angst um, dass sie bald schließen müssten, weil sich seit Oktober keine Pflegedienstleitung finde, sagte Geschäftsführer Ferdinand Elfert.
Roland Metz, Vorsitzender der Sozialstation Arnstein, meinte zu Rützels Vorschlag: "Wenn sich fünf Kranke ins Bett legen, kommt kein Gesunder raus." Als Problem mit der These der Verhandlungsmacht wurde ausgemacht, dass die Verhandlungen mit den Pflegekassen auf Landesebene stattfinden. Sebastian Puglisi, Geschäftsführer in Lohr, stellte zudem fest: "Das Zahlungsverhalten der Kassen hat sich total verschlechtert." Die Anwesenden begrüßten Rützels Vorschlag, sich irgendwie zusammenzutun, jedoch mehrheitlich.
Florian Schüßler, Geschäftsführer des Caritas-Kreisverbands, der vor einer guten Woche zu dem Treffen eingeladen hatte, sagte, dass die demographische Entwicklung eine Verdoppelung der Zahl der Pflegebedürftigen erwarten lasse. "Heute schon müssen Leute abgelehnt werden mit dem Wissen, dass die große Welle der Pflegebedürftigen noch bevorsteht." In der stationären Pflege in Main-Spessart seien derzeit 300 von 1500 Plätzen wegen Fachkräftemangels nicht belegt. Sebastian Puglisi sagte, dass junge Pflegekräfte heute oft nach zwei Jahren etwa ein Studium beginnen würden und der Anspruch auf Work-Life-Balance die Situation obendrein verschärfe. Roberto Ruscica, der für Anna Stolz einsprang, beklagte die langwierige Anerkennung von Fachkräften aus dem Ausland und die lähmenden Dokumentationspflichten.
Joachim Salzmann, stellvertretender Vorsitzender der Sozialstation Lohr, sagte, dass es am Ende um Menschen gehe, die im Bett lägen und stundenlang warten, "weil wir nicht mehr rechtzeitig kommen können". Das müsse jedem klar sein.
https://epaper.mainpost.de/issue.act?issueId=985128&newsitemId=94817913&issueDate=20230316&issueMutation=HT
Auch hier wird schnell klar, dass im Pflegebereich nicht nur im Personalbereich, sondern auch bei den Kosten schnell etwas geschehen muss. Stichworte hierzu: Sockel-Spitze-Tausch, Vollkostenversicherung mit Eigenbeteiligung wie bei einem Krankenhausaufenthalt – verbunden mit einer Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung.
Die Probleme in der Pflege sind der Politik bekannt.
Sowohl der CSU, als auch der SPD liegt seit Jahren ein Antrag von mir vor (Weiterentwicklung der Pflegeversicherung).
Aber was geschieht? Es wird diskutiert und weiter diskutiert. Aber es geschieht nichts.
Ab 2024 soll das Pflegegeld um 5% steigen. Ein Witz?
Soll man den Menschen empfehlen, lebt, bringt euer Vermögen rechtzeitig in Sicherheit? Nein. Liebe Politiker, bitte aufhören zu diskutieren, sondern endlich etwas tun.
Sind denn wegen den Kindermißbrauchs-Skandale wirklich weltweit soviele zahlende Schäfchen ausgetreten?
Ist die katholische Kirche plötzlich nicht mehr der größte Immobilienbesitzer in Bayern?
Immobilien und Grundstücke werden
a) entweder gebraucht (für Gottesdienst und Gemeindeleben) und verursachen damit Kosten für den Unterhalt
Oder b) sind verpachtet oder vermietet und bilden so einen Grundstock regelmäßiger und kalkulierbarer Einnahmen. Diese zu veräußern hätte zwar den Vorteil, dass kurzfristig Finanzmittel vorhanden wären, mit denen Löcher gestopft werden könnten - aber langfristig würden die dauerhaften Einnahmen fehlen, was zur Folge hätte, dass nach aufbrauchen der Verkaufserlöse die zu stopfenden Löcher nur noch größer wären!
Damit wäre nichts gewonnen!
aber anderseits dann bedenken diese Leute nicht, dass dann diese Verbände auch mehr Geld für ihre Leistungen verlangen müssen. Dann sagen sie, dies ist unchristlich!
Die Forderungen , dass die Kirchen mehr geben müssen, sagen auch nur diese Besserwisser welche nicht in einer Kirche sind und KEINE Kirchensteuern zahlen. Mehr Steuern an den Staat wollen diese Menschen auch nicht zahen, also funktioniert dies nicht.
Die Mitarbeiter der Sozialverbände brauchen selbverständlich auch mehr Geld, aber Forderungen von 15-18% sind unmoralisch. Die Sozialverbände sind keine gewinnbringende Einrichtungen , sie sind froh wenn sie auf 0 kommen
Also Ihr Besserwisser, bevor man Nörgelt sollte man Nachdenken! Macht den Politer:innen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene an und fordert mehr Unterstützung für die sehr gute Arbeit der SV. Fangt mit der trägen MSP-Landrätin an.
Hat hier einer von den Kommentatoren eine Ahnung, wie viel das überhaupt ist?
Denn auch die Caritas zahlt von den Lohnnebenkosten die Hälfte! Den Pflegesatz immer weiter hoch schrauben und auch das Haus dafür zu benutzen ist doch nicht fair für die, die ein Leben lang gearbeitet haben und nicht in den Urlaub gefahren sind imVergleich zu denen, die ihr Geld eins zu eins ausgegeben haben. Meistens sind doch die Kinder egal ob als pflegende Angehörige oder als Geldmitzahler die Dummen. Es müsste der Beitrag für solche, die keine Kinder haben, massiv angehoben werden. Und ausreichende Anerkennung für die pflegenden Angehörigen, mit gleichem Lohn wie für die Pflegekräfte und die feste Verpflichtung des Arbeitgebers die Person danach wieder in den Job zu nehmen. Aber das müsste alles der Staat finanzieren. Noch ein Sondervermögen, das kein Vermögen sondern Billionen weiterer Schulden beinhaltet?