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Main-Spessart
150 Kilometer zu Fuß von Fulda nach Walldürn: Drei Menschen berichten, was Wallfahrten für sie bedeuten
Individuelle Pilgerreisen sind beliebt, bei traditionellen Wallfahrten laufen jedoch immer weniger Menschen mit. Drei Teilnehmende berichten, was sie daran schätzen und wie Corona die Gewohnheiten verändert hat.
Am Samstag nach Pfingsten machen sich die Fulda-Walldürn-Wallfahrer wieder auf den gut 150 Kilometer langen Weg.
Foto: Elfriede Streitenberger | Am Samstag nach Pfingsten machen sich die Fulda-Walldürn-Wallfahrer wieder auf den gut 150 Kilometer langen Weg.
Elisabeth Streitenberger
Elfriede Streitenberger
 |  aktualisiert: 28.05.2024 02:57 Uhr

In vielen Regionen machen sich Menschen zu Fuß auf den Weg, um in der Gemeinschaft innere Ruhe zu finden. Große und kleine Wallfahrten gehen seit Jahrhunderten ihren Weg. An diesem Samstag, nach dem Pfingstfest, ist es wieder soweit, die Fußwallfahrt von Fulda nach Walldürn macht sich auf den gut 150 Kilometer langen Weg. Fünf Tage sind die Pilgerinnen und Pilger unterwegs, bevor sie am Mittwoch in die Basilika in Walldürn einziehen. Seit einigen Jahren geht die Teilnehmerzahl jedoch stetig zurück. Waren es Anfang der 2010er Jahre noch über 1000 Pilger, halbierte sich die Teilnehmerzahl im Jahr 2023. Da stellt sich die Frage: Sind Wallfahrten noch zeitgemäß?

Winfried Möller ist Mitglied des Wallfahrtsteams der Blutwallfahrt von Fulda nach Walldürn und gibt auf diese Frage ein klares "Ja". Möller und sein Team sind für die Organisation der Wallfahrt verantwortlich, außerdem ist er einer der Vorbeter und stellt die Texte für die Wallfahrt zusammen. Für ihn ist das Thema das ganze Jahr über präsent. Er hält Kontakt zu den Gemeinden, fährt mit seinem Team die Strecke ab und informiert die verschiedenen Behörden.

Fünf Tage sind die Wallfahrer von Fulda nach Walldürn unterwegs und durchlaufen dabei drei Bundesländer.
Foto: Elfriede Streitenberger | Fünf Tage sind die Wallfahrer von Fulda nach Walldürn unterwegs und durchlaufen dabei drei Bundesländer.

Den Rückgang der Wallleute sieht er mit Sorge. Was der Auslöser ist, kann er nicht genau sagen. Viele haben die Auszeit in der Pandemie als Abschluss gesehen oder haben Angst, den Weg nicht mehr zu schaffen, so seine Vermutung. Neue Wallleute würden vielleicht die Strapazen scheuen. Für die Pilger werde es außerdem immer schwieriger, Quartiere zu finden. Manche Gastfamilien können altersbedingt ihre Türen nicht mehr öffnen, die Kinder führen diese Tradition oft nicht fort. Gaststätten schließen und es fehlen die Anlaufstationen. Nachfolger gebe es kaum, so Möller. Manche Teilnehmer würden sich auf diese Veränderungen nicht mehr einlassen.

Durch Corona haben sich viele Gewohnheiten verändert

Pfarrer Marcus Vogler begleitet die Wallfahrt schon seit vielen Jahren. "Das Wallfahren hat sich nach meinem Empfinden verändert", sagt er. Es gebe keinen "Hype" mehr wie nach dem Buch von Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" und dadurch kein Massenphänomen mehr wie in den 2010ern und den darauffolgenden Jahren. "Diejenigen, die auf eine Wallfahrt gehen, hätten das Bedürfnis, ihre Lebenssituation vor Gott zu bringen, um so Klarheit und Stärkung in ihrem Leben zu erfahren, um sich wieder neu ihren Herausforderungen des Alltags zu widmen", so Vogler.

Auch in seiner Pfarrei habe er die Erfahrung gemacht, dass die Menschen sich durch Corona daran gewöhnt haben, dass es auch ohne den regelmäßigen Gottesdienst geht. Am Sonntagmorgen könne man auch andere Dinge tun und viele würden den "Zeitgewinn" genießen. Anstelle des Gottesdiensts treten andere Dinge. "Vor Corona haben viele den Termin der nächsten Wallfahrt gleich im Kalender geblockt", erzählt Vogler. Durch die zweijährige Unterbrechung sei das leider bei vielen verloren gegangen und andere Termine hätten Priorität. Und auch hier treffe die Beobachtung zu: "Es geht auch ohne Wallfahrt."

Braucht es "Influencer", um die Wallfahrt wieder attraktiv zu gestalten?

Pfarrer Vogler glaubt allerdings nicht, dass der Grund für den Teilnehmerrückgang mit der Unzufriedenheit mit der Kirche zu tun hat. Denn es seien ja viele Wallfahrer "weggebrochen", die vorher regelmäßig dabei waren. Er räumt jedoch ein: "Natürlich werden die aktuellen Diskussionen über die Kirche neuen potentiellen Wallfahrern den Zugang zur Wallfahrt eventuell erschweren."

Am Samstag nach Pfingsten machen sich die Fulda-Walldürn-Wallfahrer wieder auf den gut 150 Kilometer langen Weg. 
Foto: Elfriede Streitenberger | Am Samstag nach Pfingsten machen sich die Fulda-Walldürn-Wallfahrer wieder auf den gut 150 Kilometer langen Weg. 

Wie könnte man Wallfahrten wieder attraktiver machen? "Es braucht Menschen, die für den Glauben brennen", findet Vogler. Diese könnten anderen dann von ihren Erlebnissen erzählen und ermuntern, sich auch auf diesen Weg zu machen. "Von daher sind sie dann 'Influencer' im übertragenen Sinn, ohne die modernen Medien zu nutzen", so Vogler. Es könnte aber auch einen Versuch wert sein, die Menschen über die sozialen Medien auf den Weg nach Walldürn "mitzunehmen".

Kleine Gruppe bietet die Chance zu echter Gemeinschaft

Ein "alter Hase" in Sachen Wallfahrt ist Maria König aus Greußenheim. Sie läuft regelmäßig nach Walldürn oder im Herbst nach Retzbach zu Maria im Grünen Tal. Seit zwei Jahren gehört sie zum erweiterten Organisationsteam der Fulda-Walldürn Wallfahrt und hält in Greußenheim Kontakt zu den Gastfamilien, der Pfarrei und den verschiedenen Vereinen, die den Aufenthalt möglich machen.

Sie bedauert zwar, dass die Teilnehmerzahl in den vergangenen Jahren spürbar zurückgegangen ist, sieht aber auch in der kleineren Gruppe eine echte Chance für die Gemeinschaft. Fußwallfahrten haben für sie etwas mit Familie zu tun, mit Gemeinschaft und aufeinander Achtgeben. Für König gehe es darum, den Kopf frei zu bekommen, sich eine Auszeit zu nehmen oder einfach nur Ruhe zu finden, zu tun. Das sei in den Jahren, als mehr als 1000 Menschen gewallt sind, etwas verloren gegangen.

Wallfahrt von Fulda nach Walldürn

Die Wallfahrt von Fulda zum Heiligen Blut nach Walldürn geht auf ein Gelübde aus dem Jahre 1682 zurück. Im Pestjahr legten Bewohner von Küllstedt in Eichsfeld das Gelübde ab, "zur Verehrung des Allerhöchsten" eine Buß-Wallfahrt nach Walldürn zu gehen. Im Jahr 1706 schlossen sich die Eichsfelder und Fuldaer Walldürn-Pilger zusammen und gehen seit 317 Jahren diesen Weg zusammen. Auch viele Pilger aus Unterfranken haben sich immer wieder der Fußwallfahrt angeschlossen.
(est)
 
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