Endlich kann man wieder nach Walldürn pilgern, endlich kommen die Wallfahrer wieder – ein Satz, der entlang der 150 Kilometer langen Strecke von Fulda nach Walldürn oft zu hören war. Die Coronapandemie hat aber auch bei den Wallleuten Spuren hinterlassen. Als am Samstag 440 Pilger aus dem Hohen Dom zu Fulda auszogen, hatte sich die Pilgerschar zum Jahr 2019 (740 Pilger) fast halbiert.
Durch die Corona-Auszeit musste die "Pestwallfahrt" für zwei Jahre unterbrochen werden. Als im Frühjahr die Wallfahrtsleitung grünes Licht zur Durchführung gegeben hatte, mussten sich die Teilnehmer anmelden und bestätigen, dass sie sich Übernachtungsquartiere besorgt hatten. Ein spontanes Einsteigen in die Wallfahrt war nur für Tagesetappen möglich. Die Teilnehmer mussten sich vor Beginn der Wallfahrt testen. Trotzdem war das Wallfahrtsfieber in der Gruppe zu spüren. Mit Gebeten, Musik, meditativen Texten machten sie sich zu Fuß auf, um in viereinhalb Tagen die Heilig-Blut-Basilika in Walldürn zu erreichen.
Zwei Instrumente gestohlen
Erschüttert waren alle Wallleute als durchdrang, dass zwei Bässe am Ortsrand von Niklashausen (Lkr. Main-Tauber) entwendet wurden. "Das hat es noch nie gegeben." Neben dem finanziellen Schaden brachte der Vorfall viel Unruhe in die Gruppe. Es erfolgt Anzeige gegen Unbekannt. Die Ermittlungen laufen noch.
Die Wallfahrt führt oft auf vielbefahrenen Strecken. Von Helmstadt nach Neubrunn ging Wallfahrtsleiter Winfried Möller in diesem Jahr einen neuen Weg. Geführt von Josef Streitenberger aus Helmstadt hat die Gruppe die Kreisstraße Würzburg 11 über einen Wirtschaftsweg umlaufen. Die Begeisterung der Pilger war groß und alle nahmen den kleinen Umweg durch die schöne Flur gerne in Kauf.
Gastfreundschaft ist das "Wallfahrtswunder" unserer Zeit
Für das Leitungsteam ist die Gastfreundschaft unterwegs immer wieder ein "Wallfahrtswunder." Es ist nicht selbstverständlich, dass die Familien ihre Türen für die Pilger öffnen. Winfried Möller vom Wallfahrtsteam hat mit vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gesprochen, die nach der zweijährigen Pause altersbedingt nicht mehr in die Wallfahrt eingestiegen sind. Gastfamilien hätten ihre Türen nicht mehr geöffnet, weil sie zu alt seien oder die Angst vor einer Covid-19-Ansteckung noch zu groß sei.
Menschen wie Resi Gleiter und ihr Sohn Bernd Schätzlein bewirten mit einem großen Team die Wallleute im Pfarrheim in Helmstadt. Gerade die Wallleute aus dem Eichsfeld haben es der engagierten Helmstadterin angetan. Vor dem Bau des Pfarrheimes haben sie und ihre Familie die Wallleute zu Hause bewirtet. Es sei jedes Mal eine logistische Leistung gewesen, die vielen Tische und Bänke und das Geschirr zu organisieren. Im Pfarrheim ist alles Nötige vorhanden. Auch Pfarrer Berthold Grönert, der die Wallfahrt am Ortsschild abgeholt hat, freute sich, dass das Pfarrheim auch bei der Wallfahrt ein Ort der Begegnung ist.
Petra Streitenberger aus Helmstadt öffnet wie viele Familien entlang der Strecke ihr Haus, um den Pilgern eine kurze Rast zu gönnen. "Wir lassen extra eine Wallfahrtswurst vom Metzger herstellen und haben 20 Camemberts zum geliebten Gerupften (Brotaufstrich) verarbeitet." Keinen Moment hätte sie und ihre Familie gezögert, wieder Wallfahrer aufzunehmen. "Wir haben es meiner Schwiegermutter versprochen und werden den Streitenberger Hof so lange aufmachen, wie wir es können."
Vinzenz Neubauer und seine Frau Christine bauen schon seit über 20 Jahren eine Versorgungsstation mit Wasser entlang der Strecke Uettingen/Helmstadt auf. Gut 150 Liter Wasser und zwei Flaschen mit Hochprozentigem verteilen die beiden, unterstützt von ihren Freunden. Für die beiden stellte sich die Frage nicht, ob sie wieder eine Versorgungsstation aufbauen wollen. "Solange es Gott will, werden wir hier stehen", sagte Neubauer.
Am Mittwoch gegen 12 Uhr erreichte die Wallfahrt die Heilig-Blut-Basilika in Walldürn. Viele verabschieden sich nach dem Gottesdienst mit dem Satz, "Bis nächstes Jahr, wir sehen uns wieder bei der Wallfahrt."