Ganz Bayern ist blau! Ganz Bayern? Nein, es gibt durchaus manchen weißen Fleck, der sich gegen einen Beitritt zum Förderprojekt "Gesundheitsregionen plus" des Freistaats wehrt. Auch im Landkreis Kitzingen ist man in dieser Sache weiter skeptisch. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hatte zwar eigens den Experten Gunnar Geuter in die Kreisausschusssitzung nach Kitzingen entsandt. Aber so richtig durchdringen konnte der mit seinen Argumenten nicht. In der Sprache der Mediziner würde man sagen: Das Projekt steht kurz vor dem Kollaps und benötigt dringend Frischluft.
Die Karte, die Geuter den Kreisräten bei seinem Besuch präsentierte, zeigt tatsächlich ganz viele blau eingefärbte Mitgliedsregionen; und den Kreis Kitzingen als einzigen weißen Fleck in Unterfranken. Dabei geht es eigentlich um eine gute Sache: die gesundheitliche Versorgung der Menschen in der Region zu stärken.
Erreicht werden soll das mithilfe eines eng geknüpften Netzwerks, mit einer Bündelung aller Kräfte und mit der Entwicklung "passgenauer Lösungen". Im deutschen Gesundheitswesen, so der LGL-Experte, gebe es sehr viele Schnittstellen. Daran wolle man die Patienten möglichst ohne Reibungsverluste vorbeischleusen. Was man nicht sein will: ein weiterer "Laber-Klub".
Die Botschaft hörte die Landrätin wohl, doch nicht nur ihr fehlte der Glaube an einen Erfolg des Projekts. Das fängt schon bei der Organisation an. Jede Gesundheitsregion braucht eine Geschäftsstelle mit einer Leiterin oder einem Leiter, dazu ein qualifiziertes Forum von 30 bis 40 Fachleuten aus der Region unter Vorsitz der Landrätin. Dieses Forum benennt und priorisiert Themen und Aufgaben, und es setzt Arbeitsgruppen ein, die sich mit diesen Aufgaben befassen. "Viele Formalismen, viel Bürokratie", wie Tamara Bischof sagte. „Ohne Formalismus wird es beliebig“, entgegnete Gunnar Geuter.
Dass die Geschäftsstelle "bestenfalls in die Struktur des Landratsamts eingebunden" wird, wie Geuter erklärte, war aus Sicht der Landrätin nicht wirklich eine gute Nachricht. Denn die Beschäftigten im Gesundheitsamt hätten schon heute genug zu tun. Mit Verweis auf diese zusätzliche Belastung lehnte Ende 2021 der Landkreis Bad Tölz/Wolfratshausen einen Beitritt zu den "Gesundheitsregionen" ab. Nicht zuletzt vermisste man dort auch eine nachhaltige Finanzierung durch den Freistaat. "Erst wird mit staatlicher Förderung gelockt, dann zieht sich der Freistaat zurück", hieß es. Vom Staat gibt es zwar fünf Jahre lang jeweils 50.000 Euro Zuschuss, danach jedoch muss der Landkreis einspringen.
Im Gespräch sind Hitzemanagement und die Versorgung von Migranten
Wie aber können die Menschen im Landkreis konkret profitieren? Geuter nannte als Beispiel die Koordinierung der ambulanten Hebammenversorgung. Gisela Kramer-Grünwald (Grüne), Kreisrätin und Allgemeinärztin, sieht in der Region vor allem zwei Bereiche unterversorgt: das Hitzemanagement und die medizinische Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund. Robert Finster (SPD) wünschte sich eine Stärken-Schwächen-Analyse: "Wo sind wir gut, wo schlecht?"
Bischof erinnerte an die gute medizinische Ausstattung in der Region: an das seit 15 Jahren bestehende Ärztenetz mit der Klinik Kitzinger Land oder an die der Klinik angegliederte Pflegeschule. Da stelle sich schon die Frage: Wo ist der Mehrwert durch das Projekt? "Ich kann ihn im Moment noch nicht erkennen." Kreisrätin Susanne Knof (FW), selbst Ärztin, sagte: "Wir haben funktionierende Strukturen, die sich über Jahrzehnte bewährt haben. Wenn wir nun eine zusätzliche Ebene dazwischenschalten, bleibt den Beteiligten weniger Zeit für ihre Aufgaben."
Die Gemeinden sollen in dem Netzwerk enger kooperieren
Solche Zweifel versuchte Geuter immer wieder zu entkräften. Bestehende Netzwerke sollten nicht aufgelöst oder ersetzt, sondern unter einem Dach systematisch zusammengeführt werden. Es gehe darum, Stärken zu bündeln und Synergien zu nutzen. So sah es auch Werner Knaier, der CSU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, der den Antrag im vergangenen Jahr für seine Partei eingebracht hat. "Jede Gemeinde", sagte Knaier, "macht ihr eigenes Ding. Da könnte man sich besser vernetzen."
Weil es im Kreisausschuss nur um eine "Information" ging, ist weiter offen, ob der Landkreis dem Projekt beitreten wird. Doch es steht nicht gut um die Sache. Für die Landrätin verbirgt sich hinter dem Gebilde aus Geschäftsstelle, Forum und Arbeitsgruppen eher ein Scheinriese. "Das klingt nach großem Gebilde. Tatsächlich ist es eine einzige Person, die das verbinden soll." Die Geschäftsführerin sei auf die Zuarbeit von Gesundheitsamt, Pressestelle sowie weiteren Abteilungen des Landratsamts angewiesen. Dieser Preis, so scheint es, ist der Landrätin und vielen Kreisräten zu hoch.