Der kürzlich begonnene Neubau des Kindergartens ist für den 1700-Einwohner-Ort Obernbreit ein Mammutprojekt. Fast acht Millionen Euro muss die Gemeinde in die Hand nehmen, um ihrer Pflichtaufgabe nachzukommen und genügend Kita-Plätze zu schaffen. Auf vier Millionen Euro war das Projekt 2019 – in deutlich kleinerem Rahmen – geschätzt worden, jetzt ist es doppelt so viel.
Mancher möchte wissen, wohin das Geld fließt und welche Firma zu welchen Kosten arbeitet. Rudi Salm vermisst diese Transparenz und hat sich deshalb an diese Redaktion gewandt. Er wirft Bürgermeisterin Susanne Knof "Geheimnistuerei" vor, bezichtigt sie in einer Mail gar der Lüge. Was ist dran an den Vorwürfen des Obernbreiters?
Es ist nicht ganz einfach, der Frage auf den Grund zu gehen, da es die absolute Wahrheit in diesem Fall nicht gibt. Im Kern geht es darum, welchen Informationspflichten eine Gemeinde und ihre Verantwortlichen unterliegen. Wiederholt hat Salm die Bürgermeisterin mit der Thematik konfrontiert: in Ratssitzungen und in E-Mails, die der Redaktion vorliegen, zuletzt am 29. April. Er schreibt darin: "Wir erwarten von Ihnen unverzügliche Nennung der Auftragssummen. Sollte dies nicht geschehen, werden wir die Möglichkeiten ausschöpfen, die uns die entsprechenden Gesetze geben."
Kurios: Beide Seiten berufen sich auf das Innenministerium
Salm hat in dieser Sache schon die VG Marktbreit, das Kitzinger Landratsamt und die Regierung von Unterfranken bemüht; er hat informell im Kitzinger Rathaus nachgehakt und letztinstanzlich das bayerische Innenministerium um Klärung gebeten. Das Ergebnis seiner Recherchen lässt sich grob so zusammenfassen: Der Bürgermeisterin und dem Gemeinderat ist es nicht generell verboten, die Summen der vergebenen Aufträge zu nennen. Es kommt aber auf den Einzelfall an.
Das Kuriose: Sowohl Salm als auch Knof berufen sich in ihrer Argumentation auf das Innenministerium. Salm legt eine Mail der zuständigen Regierungsdirektorin vor. Auf seinen Einwand hin schreibt sie ihm am 9. April: Aus den "vergaberechtlichen Bestimmungen" resultiere "weder ein Verbot noch eine Pflicht des Auftraggebers", in diesem Fall der Gemeinde, der Öffentlichkeit nach Auftragserteilung die genauen Summen mitzuteilen. Salm liest daraus "kein Verbot" und sieht sich mit seinem Anliegen im Recht.
Knof bezieht sich ebenfalls auf das Innenministerium, konkret auf ein Schreiben von 2019. Damals verschärfte der Gesetzgeber mit einem 13-seitigen Papier das Vergaberecht – und schlug sich auf die Seite der Wirtschaft. Nach jahrzehntelang geübter Praxis, Ross und Reiter zu nennen, sah man plötzlich die Gefahr, dass allein die Verlautbarung der Gesamtsumme eines Auftrags den Unternehmen schaden könnte, etwa dadurch, dass Wettbewerber Einblick in Kalkulationsgrundlagen gewinnen oder Rückschlüsse auf die Liquidität ziehen. "Lächerlich", wie Salm findet. "Dünnes Eis", wie Knof meint.
Die Bürgermeisterin hat daraus Konsequenzen gezogen, nicht nur für den "Einzelfall", wie von den Ministerialen empfohlen. Sie deutet das Schreiben von 2019 so: "Ich kann Auftragssumme und Auftragnehmer nicht mehr in einem Atemzug nennen." Andere Kommunen im Landkreis, etwa die Städte Iphofen oder Volkach, folgen diesem Beispiel. Auch sie nennen schon seit Jahren keine Zahlen mehr.
Kitzingens OB nennt die Summen bis auf den Cent genau
Kitzingen, wo man im Rathaus eine eigene Rechtsdirektorin sitzen hat, vertritt offenbar eine andere Auffassung. Dort informiert Oberbürgermeister Stefan Güntner im Stadtrat regelmäßig über das Ergebnis kommunaler Auftragsvergaben: unter Nennung des günstigsten Bieters und der bis auf den letzten Cent konkreten Summe. Spricht man Knof auf diese Praxis an, sagt sie: "Wie andere im Landkreis das handhaben, ist deren Sache."
Obernbreits Bürgermeisterin betont, sie orientiere sich wie in anderen strittigen Fragen an den Empfehlungen der VG Marktbreit. Deren Leiterin Kerstin Ebert erklärt, das Schreiben von 2019 sei in dieser Hinsicht klar und besitze nach wie vor Gültigkeit. Beim Ministerium klingt der Fall auf Nachfrage nicht ganz so eindeutig: Eine Veröffentlichung hänge von den "konkreten Umständen" und den "berechtigten Interessen" des jeweiligen Unternehmens ab. Bewerten müsse diese Interessen aber wiederum die Gemeinde.
So wird der auch in anderen Fragen schwelende Streit zwischen Salm und der Gemeinde weitergehen. Knof wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht offen über die Kostenentwicklung beim Kindergarten zu informieren. Erst in der Mai-Sitzung habe sie dem Gemeinderat einen Zwischenbericht über mehrere Gewerke vorgelegt, aus dem klar zu erkennen sei, in welche Richtung es geht.
Salm bezweifelt das und vermutet hinter dem Vorgehen Knofs Strategie. Die Bürgermeisterin wolle bloß verschleiern, dass der Kindergarten "bedeutend teurer" werde als ursprünglich geplant.
Wo kommen wir denn hin, wenn Politiker Geld einfach wahllos ohne Kontrolle zum Fenster raus werfen... *Satire aus*
PS: Ich bin mit dem Autor weder verwandt noch verschwägert und kenne ihn nur von seinen Artikeln her.
Gerhard Lenz, Würzburg