Während Brauereien abgelaufenes Fassbier mancherorts wegschütten müssen und wegen geschlossener Gastronomiebetriebe zu kämpfen haben, sieht es im Weinbau derzeit besser aus. Dabei bekommen auch die Winzer die Wucht von Corona zu spüren. Wir haben exemplarisch im Landkreis nachgefragt.
Die genossenschaftliche Winzergemeinschaft Franken eG (GWF) ist durch das Corona-Jahr bisher mit einem blauen Auge davongekommen. "Wir vertreiben rund 80 Prozent unserer Weine über den Lebensmitteleinzelhandel, und der Weinkonsum ist während der Pandemie nachweislich gestiegen", erklärt Mareike Goldschmied von der PR- und Marketingabteilung. "Der Frost im Mai letzten Jahres mit der daraus resultierenden kleineren Erntemenge ist für uns ein schlimmeres und folgenschwereres Ereignis gewesen", sagt Goldschmied.
Bei der GWF verschiebt sich das Geschäft ins Internet
In der Direktvermarktung habe sich bei der GWF eine deutliche Verschiebung in Richtung E-Commerce bemerkbar gemacht. Der Online-Shop sei stark gewachsen, während die Kunden den Verkaufsstellen, obwohl sie offen haben, fernblieben und lieber per Telefon oder übers Internet bestellten.
Der Umgang miteinander habe sich natürlich auch verändert, vieles werde nun häufiger per Telefon oder im Online-Meeting besprochen, die Winzerinformationsabende fänden online statt. Zudem veranstaltet die GWF eine regelmäßige Online-Weinprobe, die live in Facebook und YouTube übertragen wird, auch virtuelle Weinproben können gebucht werden.
Im Weingut Sauer vermisst man den Kundenkontakt
"Der persönliche Kontakt fehlt uns genauso wie den Kunden", bringt es Sandra Sauer vom Weingut Horst Sauer (Escherndorf) auf den Punkt. "Ich bin gespannt, was nächstes Jahr passiert, wenn jeder wieder kommt." Unter Einhaltung der dann geltenden Hygieneregeln, versteht sich. Ihre Kunden, so sagt sie, gäben lieber ihre Adresse für eine eventuelle Kontaktnachverfolgung an, als zu Hause sitzen zu bleiben. Zudem sind ihr als Winzerin auch die Rückmeldungen zum verkosteten Wein wichtig, weswegen ihr der Austausch sehr fehlt.
Online-Weinproben hat das Weingut noch nicht für sich entdeckt, dafür hat es aber einen Internet-Shop auf den Weg gebracht. "Das ist definitiv die richtige Entscheidung gewesen", stellt Sandra Sauer fest. Ohne das Online-Geschäft wäre es schwieriger gewesen.
Sehr viel Zeit wurde auch für Saisonarbeitskräfte investiert, die ja eingeflogen wurden. Dabei denkt Sandra Sauer an die vielen bürokratischen Hürden, die es zu meistern galt, zum Beispiel bei den Einreisegenehmigungen. "Das alles hat Nerven gekostet."
Dem Weingut Hemberger fehlt das "Schaufenster"
"Vom Umsatz her wollen wir nicht groß jammern, aber auch nicht gerade jubeln", bilanziert Roland Hemberger vom gleichnamigen Familienweingut in Rödelsee über das Corona-Jahr. Das eigene traditionelle Pfingstweinfest habe ausfallen müssen. Bei den Gaststätten sei fast alles weggebrochen. "Das Schaufenster fehlt", erklärt Hemberger. Auch das Fehlen der Touristen sei zu spüren. Vieles habe man über den Online-Versand wettmachen können.
Aktuell gebe es viele Anfragen von Wohnmobilisten, für die Stellplätze vorhanden seien. Allerdings dürften die derzeit keinen Wein probieren. Die Gäste müssten ganze Flaschen mitnehmen, im Wohnmobil oder zu Hause genießen - "und dann nochmals kommen", sagt Roland Hemberger.
Die Kernweins machen Fasching, um sichtbar zu bleiben
Vergangenes Jahr habe man zu Beginn der Pandemie noch nicht gewusst, was es geschlagen hat, sagt Franz Kernwein vom Weingut Kernwein in Seinsheim. Weinstube zu, Zimmer zu. Anfangs sei auch der Weinverkauf eingebrochen, aber hier habe sich die Lage zum Glück wieder stabilisiert. "Wir waren froh, als die Leute wieder kommen durften", erzählt Franz Kernwein und verweist auf das entwickelte Hygienekonzept und die große Hoffläche.
Aktuell habe man auf Essen zum Mitnehmen umgestellt, wenngleich man das finanziell nicht rechnen dürfe. Aber: "Wer nichts macht, wird vergessen", sagt Kernwein. Deshalb habe es auch eine Online-Faschingsveranstaltung aus der Vinothek gegeben, moderiert von ihm und seinem Vater Gregor. Als Selbstvermarkter haben die Kernweins treue Stammkunden. Was fehlt, seien Neukunden, bedauert Franz Kernwein. Als positiv denkender Mensch hofft er, dass bald die Außengastronomie wieder öffnen darf.
Bei Oliver Senft ist der neue Jahrgang in den Fässern
Oliver Senft aus Abtswind ist als Nebenerwerbswinzer und Selbstvermarkter nicht groß an die Gastronomie gebunden. Er sei zufrieden, wie 2020 gelaufen sei. Im Dezember vergangenen Jahres sei der 2019er-Jahrgang verkauft gewesen, der neue Jahrgang sei mittlerweile bereits abgefüllt. Einen Online-Shop hat Senft nicht, weil dafür sein Weinbaubetrieb zu klein sei.