
Es ist Februar 2018, als Julia Heintz ihren Job im Reha-Management einer Versicherung kündigt. Der Entschluss steht, obwohl sie es nach der neunmonatigen Auszeit nochmal am alten Arbeitsplatz probiert hat. Gehasst hat sie ihren Job nie. Doch nach der Reise durch Südostasien und Australien und dem ständigen Tauchen, Draußen- und Freisein ist es schwierig. Das Gefühl, nicht mehr am richtigen Platz zu sein, lässt die Iphöferin seit ihrer Rückkehr im Oktober 2017 nicht mehr los. Sie beschließt, wieder loszuziehen.
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Gesagt, getan. Anderthalb Jahre sind seit der Entscheidung vergangen. An diesem Nachmittag im September ruft sie aus Griechenland an. Dort arbeitet sie seit Juni als Tauchlehrerin, möchte Geld ansparen. Geld für ihren Lebenstraum, den sie seit der großen Reise hat: ein eigenes Hostel zu eröffnen. "Ich habe immer gesagt: Wenn ich irgendwann mal aufhöre zu reisen, dann will ich mein eigenes Hostel haben", so die 29-Jährige. Euphorisch erzählt sie von ihrer Zeit als Tauchlehrerin auf den Philippinen, wo sie sich in das Land, die Leute und den Lebensstil verliebt hat.

Schnell ist klar: Hier soll das Hostel entstehen, in Dauin, im Süden der Insel Negros. "Wir haben immer wieder darüber geredet und irgendwann gesagt: 'Lasst es uns einfach wirklich machen'", erzählt sie. Wir, das sind Heintz und drei Freunde, die sie auf den Philippinen kennengelernt hat: Antonia aus Bonn, Pilar aus Spanien und der Einheimische Lhouwie. Ein gutes Team, wie sie findet: Sie sind Tauchlehrer und wollen Tauchkurse anbieten; Pilar ist auch Architektin, sie kümmert sich um die Baupläne. Ende Oktober soll es richtig losgehen.
Einheimische für das Thema sensibilisieren
Das Projekt: ein ökologisches Hostel, erbaut aus nachhaltigen Rohstoffen und recycelten Materialien. Ein Großteil soll aus Bambus gebaut werden. Ebenso wollen die vier Freunde sogenannte Ecobricks – das sind mit Plastikmüll gefüllte Plastikflaschen – für den Bau nutzen. Sammeln und Stopfen müssen sie diese selber. "Wir wollen gleich von Anfang an Aktionen starten und Einheimische und Schulprojekte einbeziehen", so die Iphöferin, die ursprünglich eine Ausbildung zur Bankkauffrau machte. Im Hostel selbst wollen sie versuchen, keinen Plastikmüll zu produzieren, wollen gemeinsam Müll am Strand sammeln.

Die Idee mit dem Recycling kam den Freunden aufgrund des gravierenden Müllproblems auf den Philippinen. "Man kann sich das nicht vorstellen. Man läuft am Strand entlang und die Leute, die am Strand wohnen, laufen raus und schmeißen ihren Müll ins Meer", erzählt Heintz. "Die Einheimischen leben teilweise noch von der Fischerei." Fische nehmen das Plastik auf. Essen wir diese, landet es wiederum auch in unseren Körpern. "Wir wollen die Einheimischen aufklären, dass sie sich selber nichts Gutes tun, wenn es so weitergeht", schildert die 29-Jährige das optimistische Vorhaben.
Wenn es um Schwierigkeiten geht, die bei dem Bau auftreten könnten, ist Heintz ebenso positiv eingestellt: "Natürlich kann es sein, dass wir mit den Ecobricks Probleme bekommen." So gebe es insgesamt noch wenig Erfahrung mit dieser Bauweise. "Es könnte sein, dass wir die Pläne noch mal ändern müssen", sagt sie. Der Bau mit Bambus werde auf alle Fälle klappen, und im schlimmsten Fall müsse man eben mehr davon und weniger Ecobricks verwenden.
Finanzierung durch Ersparnisse und Crowdfunding
Diese alternativen Bauweisen haben ihren Preis, oder nicht? Heintz beteuert: "Das Bauen an sich ist sehr günstig. Bambus ist ein günstiger Rohstoff und wächst schnell nach. Plastik und Flaschen sammeln wir selber." Für die Finanzierung des Plans haben die vier Freunde ihre gesamten Ersparnisse zusammengekratzt. Zusätzlich haben sie ein Crowdfunding, ein Spendenaufruf übers Internet, gestartet. Heintz rechnet mit Kosten von circa 45 000 Euro – 25 000 Euro für das Land, das sie schon besitzen, und weitere 20 000 für den Bau. In kleinen Hütten sollen insgesamt zwischen 20 und 30 Reisende Platz finden. Was das Budget angeht, richte man sich an Rucksackreisende, so Heintz.
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Im April 2020 soll das Hostel eröffnet werden. Julia Heintz und ihre Freunde wollen irgendwann mal von den Erträgen des Hostels leben. Einen Plan B gibt es nur bedingt: "Weiter als Tauchlehrerin arbeiten", sagt die 29-Jährige. Eins kann sie jedoch sicher ausschließen: zurück in die Heimat zu gehen. "Die nächsten zehn Jahre auf keinen Fall."
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