Wenn Dieter Lenzer die Anekdote erzählt, wie er seinerzeit zu seinem Posten als Dirigent des Iphöfer Feuerwehr-Musikzugs gekommen ist, dann klingt das ein bisschen wie die Geschichte von der Jungfrau und dem Kinde. Kurz zusammengefasst geht die Geschichte so: Lenzer war jung, sollte eigentlich nur aushelfen, aber dann war er derart überzeugend, dass man ihm den Job gleich dauerhaft antrug. Über 20 Jahre ist das jetzt her und gewisse Parallelen drängen sich auf, nun, da der 44-Jährige sich um das Amt des Bürgermeisters seiner Heimatstadt Iphofen bewirbt.
Groß herauskommen sollte Iphofen im Sommer 1998 in einer 90-Minuten-Sendung des Bayerischen Fernsehens, auch ein Auftritt der Feuerwehrkapelle war geplant. Das Problem: Die Musiker durften nicht vom Blatt ablesen, weil das im Fernsehen nicht gut aussähe. Aber auswendig spielen konnten die wenigsten. Da kam Dieter Lenzer eine Idee: Er zerlegte das Stück in seine Einzelteile und ließ die Takte in Endlosschleife üben, bis sie saßen. Alles ging gut. „Danach sagte der bisherige Dirigent zu mir: Dieter, du kannst gleich weitermachen.“ Knapp 23 war er zu dieser Zeit, jung genug, um sich zu versuchen, neue Dinge zu probieren, auch mal einen Irrtum zuzulassen, wie er heute sagt.
Bei Stadtratswahlen war Lenzer unter den Stimmenkönigen
Zwei Jahre zuvor – Lenzer war gerade 21 – hatten ihn die Freien Wähler auf ihre Stadtratsliste für die Kommunalwahl 1996 gesetzt, als den mit Abstand jüngsten Kandidaten. Er startete vom letzten Platz aus und erreichte nach eigenen Worten ein „ganz ordentliches Ergebnis“. Den Einzug in den Stadtrat verpasste er zwar, aber die Erfahrung war ihm wichtig. „Bis dahin stand ich ja noch nicht so in der Öffentlichkeit.“ Das änderte sich in den Jahren danach. Lenzer, der aus einer alteingesessenen Iphöfer Familie stammt und in der Altstadt wohnt, gewann an Profil. 2002 wählten ihn die Iphöfer von Listenplatz fünf aus in den Stadtrat. In den folgenden Wahlgängen gehörte er zu den Stimmenkönigen seiner Partei – weil er in Kirche, Feuerwehr, Fußballclub verwurzelt ist und weil er pragmatische Politik im Rathaus macht.
Das war auch für die Freien Wähler der Grund, ihn zeitig als potenziellen Nachfolger für Josef Mend aufzubauen, der im Mai nach 30 Jahren aus dem Amt scheiden wird. Lenzer weiß, dass es große Fußspuren sind, in die er bei der Wahl treten will. Aber er sagt: „Es macht keinen Sinn, diese Spuren zu füllen.“ Werde er gewählt, gehe es in einer „neuen Spur in gleicher Richtung“ weiter. Lenzer verspricht Kontinuität, und das kann in Iphofen nur bedeuten, die in den Mend-Jahren erschaffene hochwertige Infrastruktur zu bewahren. Die Altstadtsanierung will er fortsetzen, das Hallenbad ertüchtigen, den Bahnhof barrierefrei machen, die Stadtteile lebenswert halten – keine spektakuläre, aber verlässliche Politik.
Die Rationalität ist seiner Ausbildung geschuldet
Vielleicht ist diese Rationalität Lenzers Ausbildung geschuldet. Seit 28 Jahren ist er bei der Castell-Bank in Würzburg beschäftigt, betreut als Bankbetriebswirt Firmenkunden mit einem Budget von 70 Millionen Euro. Kollegen schildern ihn als integer und loyal. Lenzer gibt zwar im Musikzug den Ton an, aber er kann auch zuhören, sich unterordnen. Gut zwei Dutzend Musiker leitet er an einem Freitagabend im November an, und für jeden nimmt er sich Zeit, auch nach der zweistündigen Probe. Das, sagt er, schlage den Bogen von der Musik zur Politik. „Es gibt so viele unterschiedliche Charaktere in einer Kapelle, und irgendwie muss man den Haufen zusammenführen – dann wird‘s auch Musik.“
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