Die Exkursion beginnt mit einer Warnung: Köpfe einziehen und auf Stolperfallen achten! Kurz bevor es hinabgeht in die Unterwelt des Iphöfer Hallenbads, bekommen die Teilnehmer noch ein paar gut gemeinte Verhaltensregeln an die Hand. Dann macht sich ein Dutzend Damen und Herren Stadträte – manche stecken noch in schweren Winterjacken – auf den Weg in ein saunaähnliches Biotop. Es riecht nach Chlor, von der Decke hängen Zäpfchen aus Kalk. „Wir schauen ins Herz des Schwimmbads“, sagt Bürgermeister Josef Mend – und dieser Ärzte-Jargon wird sich durch den Abend ziehen.
Es geht um Sanierung oder Neubau
Zu einem besonderen Besichtigungstermin hat Mend an diesem Montagabend ins städtische Hallenbad geladen. Die Räte sollten sich selbst vergewissern, was da in den kommenden Jahren politisch auf sie zukommen wird: eine Entscheidung nämlich über Sanierung oder Neubau des Bades. Zwei Wochen zuvor hatte Mend ihnen während der Haushaltsdebatte fast nebenbei die Schäden im Schwimmbad erläutert – und in der Stadt ein kleines Beben ausgelöst. Schüler erzählten sich, nachdem der Zeitungsbericht erschienen war, das Becken werde bald einstürzen. Mend, selbst erschrocken über die Sprengkraft seiner Aussagen, war daraufhin bemüht, die apokalyptischen Reiter wieder einzufangen.
Im rauschenden Untergrund, einer Welt aus Rohren, Pumpen und Kesseln, drechselt er an diesem Abend daher an einer Botschaft, die zur Beruhigung der mehr als 30 000 Badegäste im Jahr beitragen soll: „Das Schwimmbad wird nicht morgen zusammenstürzen.“ Das wird später auch ein Fachmann bestätigen, Diplom-Ingenieur Marcus Götz vom Würzburger Büro ALS. Und doch gleicht das im Jahr 1974 eröffnete, 1991/92 generalsanierte und 2006 um die Kinderwasserlandschaft erweiterte Bad einem Patienten, der äußerlich vital wirkt, aber unter erheblichen inneren Verletzungen leidet. Die Symptome sind nicht zu übersehen: korrodierte Leitungen, Beton, der von den Wänden platzt, kleine Pfützen, die sich am Boden bilden und auf Undichtigkeiten deuten. „Der Krebs im Beton frisst sich durch“, sagt Götz.
Das Chlor verschärft den Betonkrebs
Die Gruppe steht jetzt unmittelbar unter dem großen Becken: Oben ziehen einige Schwimmer ihre Runden, unten wird das Badewasser mit Hochdruck durch dicke Rohre gepresst, Filteranlagen bereiten es wieder auf. Mit einer Taschenlampe leuchtet Götz hinauf zur Decke, und im Lichtkegel wird ersichtlich, was der Experte meint, wenn er von „Betonkrebs“ spricht. Wasser ist im Lauf der Jahre durch die massive Konstruktion gedrungen und hat die Stahlträger freigelegt, das aggressive Chlor beschleunigt den Prozess. Weitere Stahlstützen sollen demnächst an einigen neuralgischen Auflagepunkten eingezogen werden. Sie schaffen Sicherheit – und dem Stadtrat Zeit zum Handeln.
Die Stabilität dieser Pfeiler – das weiß auch Mend – ist nur geborgt. „Wir dürfen nicht so tun, als könnten wir noch 20 Jahre warten, bis wir das Problem angehen“, sagt er. „Schrittweise“ will er sich ihm nähern. Die Stadt wird sich Expertenrat holen müssen, erst dann wird auch klar werden, ob das Schwimmbad noch einmal mit einer Therapie zu retten ist oder doch dem Untergang geweiht und neu gebaut wird. Wenn Mend sich für das letzte Jahr seiner Amtszeit etwas wünschen dürfte, dann dies: „Wir sollten das Schwimmbad nicht politisch in Frage stellen.“ Schon einmal, zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 1990, hat er die zersetzende Diskussion mitgemacht. Das Bad stand kurz vor der Schließung. In letzter Minute stimmte der Stadtrat damals doch noch für eine 5,6 Millionen Mark teure Generalsanierung.
Sollen die Iphöfer Bürger mitreden?
Die möchte Mend der Stadt und ihren Bürgern ersparen. „Wir brauchen das Bad: für die Schule und den Breitensport“, sagt er. Auch aus den Reihen der Räte gibt es an diesem Abend Sympathiebekundungen für das Hallenbad. Otto Kolesch sagt: „Die Chancen überwiegen die Risiken. Das Schwimmbad ist enorm wichtig, auch für den Schulstandort.“ Er regt an, die Iphöfer Bürger in die Diskussion einzubinden, und fordert, die Kosten „neutral“ zu untersuchen. Hans Brummer stellt fest: „Man hat am Beispiel Volkach gesehen, wie sehr die Leute am Schwimmbad hängen.“