"Wir machen Baustelle!", steht auf einem der Transparente, das am Eingang des kleinen Baugebiets am Kitzinger Fuchsgraben hängt. Gut, dass das mal jemand so plakativ klargestellt hat. Denn in jüngster Zeit konnte man durchaus zweifeln, ob und wie es mit der Baustelle am westlichen Stadtrand Richtung Kaltensondheim weitergeht.
Laut Plan sollten hier auf 400 Quadratmeter kleinen Parzellen bis zu acht Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut werden, einige stehen bereits. Doch dann wandte sich im Juli einer der Bauherren an diese Redaktion, weil die Stadt seinen Bauantrag auf Eis gelegt hatte. Die Familie sah ihren Traum vom Haus platzen, sprach von "unschönen Auswirkungen auf unsere Lebensplanung".
Wer verstehen will, was da los ist auf rund 4000 Quadratmetern einer einstigen Industriebrache, muss sich durch manche Windung von Baugesetzbüchern und Bebauungsplänen wühlen – und er muss den Blick schweifen lassen auf einen staubigen Parkplatz in der Nachbarschaft. Im Juni 2022 hat der Kitzinger Stadtrat den Bebauungsplan Fuchsgraben auf den Weg gebracht. In der Regel ist das eine Formalie, bauplanungsrechtliche Normalität. In diesem Fall aber war es anders.
Unter den Anwohnern des Unteren Fuchsgrabens hatte sich schon in den Monaten zuvor Protest geregt – nicht wegen der Einfamilienhäuser, sondern wegen eines ungleich größeren Vorhabens auf einem Gelände unterhalb ihrer Häuser. Dort, wo heute vereinzelt Autos parken, soll ein wuchtiger Wohnblock entstehen. Die Anwohner fühlen sich eingeengt, fürchten um ihre Aussicht, wenn der 54 Meter lange Baukörper wie geplant errichtet wird.
Das Kitzinger Bauamt wollte sich die Sache einfach machen
Der Teufel steckte wie so häufig im Detail. Denn weil die beiden Vorhaben – kleine Wohnhäuser und großer Wohnblock – räumlich eng zusammenhängen, wollte man sich die Sache im Bauamt einfach machen und sie unter den Schirm eines einzigen Bebauungsplans nehmen. Ein schwerer Fehler, wie manche schon damals im Stadtrat argwöhnten. Vor allem Jens Pauluhn, der später als Abteilungsleiter Tiefbau zur Stadt wechselte, meldete erhebliche Bedenken an. Denn sollte sich gegen den umstrittenen Wohnblock weiter Protest erheben, sollte es gar zu einer Klage bei Gericht kommen, so sein Einwand, wären davon auch die Einfamilienhäuser betroffen und womöglich blockiert. Genau so kam es.
Die Anlieger am Fuchsgraben reichten einen Normenkontrollantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein, mit dem Ziel, den Bebauungsplan auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. Jetzt stecken beide Projekte im Stadium des Vorbehalts fest, obwohl es gegen die Wohnhäuser kaum Protest gibt. Die Stadt hatte schon vor einem Jahr die Einwände aus der Nachbarschaft als nicht so gravierend beurteilt, dass sie beide Vorhaben "grundsätzlich in Frage stellten" – und muss sich jetzt fragen lassen, ob sie die warnenden Stimmen damals allzu leichtfertig übergangen hat.
Aus dem Rathaus heißt es dazu: "Die Bedenken der Anwohner wurden im Rahmen dieses Verfahrens aus Sicht der Stadt Kitzingen berücksichtigt." Welche Folgen es hat, wenn das Gericht den Klägern auch nur teilweise recht gibt, ist nicht abzusehen. "An der Rechtskraft des Bebauungsplans und der Möglichkeit der Bebauung ändert das Verfahren erst einmal nichts", so die Stadt. "Sollte das Gericht die Unwirksamkeit des Bebauungsplans feststellen, würden Änderungen in Kraft treten."
Der Stadtrat hat die Gebäudehöhe schon um ein Stockwerk gestutzt
Eine Würzburger Rechtsanwaltskanzlei hatte seinerzeit im Auftrag von acht Mandanten "Mängel des Planentwurfs" geltend gemacht wie den "massiven Baukörper", der nicht zur Umgebung passe, oder die Verkehrs- und Parksituation, die sich mit der Bebauung der Fläche und dem Wegfall des Parkplatzes erheblich verschlechtere. Der Stadtrat war zu dieser Zeit auf die anschwellende Kritik bereits insoweit eingegangen, als er die Pläne des Investors auf ein Mehrfamilienhaus mit zwanzig Wohneinheiten und maximal zwei statt drei Vollgeschossen gestutzt hatte. Dem Bauherrn gehören auch die Blocks in der Nachbarschaft, im Volksmund wegen ihrer farbenfrohen Fassaden "bunte Häuser" genannt.
Wegen der unklaren Rechtslage und einem Hinweis seitens des Gerichts will die Stadt Baugenehmigungen auf der benachbarten Industriebrache bis auf Weiteres "nur im Einzelfall" erteilen. Bestehe ein Bauwerber aber auf einem Bescheid, könne die Verwaltung diesen erteilen. Mittlerweile ist das auch im Fall jenes Bauherrn geschehen, der sich bei der Redaktion gemeldet hatte. Er hatte einen Anwalt für Verwaltungsrecht eingeschaltet, der – so schreibt er – die Stadt "an ihre Amtspflicht erinnert" habe. Bis zu einem Urteil, so heißt es bei der Stadt, könnten ein bis drei Jahre vergehen.