
Es knackt leise. Erst vereinzelt, dann immer öfter. Knack, knack, knack..., immer schneller reiht sich Ton an Ton. Als wüssten die Körner in den Ähren, dass sie sich beeilen müssen, die Feuchtigkeit loszuwerden, die sich aufgrund des vielen Regens in ihnen angesammelt hat. Um das Getreide ernten zu können, brauchen die Landwirte dringend ein paar Wochen mit viel Sonnenschein und wenig Regen.
Joachim Mack, Landwirt aus Euerfeld, steht mit Vertretern des Bayerischen Bauernverbandes und des Amtes für Landwirtschaft am Rande eines Gerstenackers nahe Schernau. Termin zum Erntepressegespräch. Keine Bilanz, eher ein Ausblick, denn auf vielen Feldern steht das Getreide noch.
Immer wieder macht der Regen den Bauern einen Strich durch die Rechnung. Auch an diesem Morgen hat es schon wieder geschüttet. Jetzt kommt die Sonne raus. Sie ist es, die die Körner trocknet und das Knacken verursacht. Und doch drohen am Himmel schon die nächsten Wolken.
Kreisbäuerin Anette vom Berg-Erbar: "Dieses Jahr ist ein ganz anderes Jahr"
Die Landwirtschaft braucht Sonne, und sie braucht Regen. Möglichst die passende Menge, möglichst zum passenden Zeitpunkt. Dass die Natur das nicht immer liefert, damit kommen die Bauern zurecht. "Aber dieses Jahr ist ein ganz anderes Jahr", sagt Kreisbäuerin Anette vom Berg-Erbar.
Der viele Regen erschwert den Landwirten die Arbeit. Die Äcker sind matschig, können oftmals kaum befahren werden. Bei Starkregen kommt es zu Erosionen. Die vielen Niederschläge mindern die Getreidemenge und die Qualität. Sie sorgen für vermehrten Befall mit Pilzen, Bakterien, Schimmel.
Bislang eine enttäuschende Ernte eingefahren
Helmut Schmidt, stellvertretender BBV-Kreisobmann, bewirtschaftet einen Betrieb im südlichen Landkreis. Bis Mitte der zweiten Juli-Woche hatte er gerade mal zwei Äcker gedroschen. "Durchwachsen", nennt er den Ertrag. "Enttäuschend", sagt Mack über das, was er auf seinen Felder im nördlichen Landkreis bislang eingefahren hat. 100 Doppelzentner pro Hektar waren es letztes Jahr, in diesem Jahr 60.

Weniger Getreide, geringere Qualität – das spüren die Landwirte, wenn sie ihre Ernte verkaufen. Für Joachim Mack sind die Folgen weitreichender. Sein Haupterwerb ist nicht der Ackerbau, sondern die Tierhaltung – Ferkelerzeugung und Schweinemast. Er braucht sein Getreide als Futter. Ist die Qualität schlechter, wirkt sich das auf die Tiere aus, sie nehmen beispielsweise weniger zu. Durch die Feuchtigkeit können im Getreide Toxine entstehen – und die können für die Muttersauen sogar gefährlich werden.
Was in der Pflanze noch passieren kann, erklärt BBV-Geschäftsführer Wilfried Distler: Ist es zu feucht in den Spelzen, also den feinen Hüllen, die die Körner umhüllen, reagiert das Korn, als wäre es im Boden. Es keimt nochmal aus. "Dann ist zum Beispiel beim Backweizen die Qualität dahin." Brot kann daraus nicht mehr werden, das Getreide taugt nur noch als Futter.
Warum in manchen Bereichen der Felder die Gerste nicht mehr steht, sondern liegt
Wenige Meter vom Ackerrand entfernt, steht das Getreide auf vielen Quadratmetern Fläche nicht mehr, es liegt. Auch das ist eine Folge des Regens. Die Halme der Gerste sind fein und zart, die feuchten Körner schwer. Irgendwann hält der Halm dem Gewicht nicht mehr stand, gibt nach und legt sich um. An das liegende Getreide kommt weniger Luft und Wind als wenn es stehen würde – es trocknet schlechter ab, lässt sich schlechter ernten und die Gefahr der Toxin-Bildung ist nochmal größer.
Dass diese Vegetationsperiode – von September bis Juli – "anders" war, zeigt Regina Roth vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg anhand einer Statistik. Immer wieder taten sich Hürden für die Landwirtschaft auf: der überdurchschnittlich warme September, der dem Raps zu schaffen machte. Der Schnee Ende November, der die Rübenernte verzögerte, sodass das Wintergetreide teilweise nicht ausgesät werden konnte. Der erst regnerische und dann warme April, der die Gefahr von Krankheiten bei den Pflanzen stark erhöhte. Viel Regen im Mai, das Unwetter am ersten Juniwochenende, das im Landkreis zu Schäden und Erosion auf den Feldern führte. Der relativ kühle Juni mit einem heißen Tag am Monatsende.

Regen, Regen, Regen – nicht nur gefühlt, sondern belegt hat es viel geregnet. 603 Millimeter wurden von September bis Juli an der Messstation Seligenstadt erhoben – nur etwas mehr als zwei Kilometer von Joachim Macks Acker entfernt. "Das langjährige Mittel liegt bei 484 Millimeter", erklärt Roth zum Vergleich.
Damit die Ernte eingefahren werden kann, wünschen sich die Landwirte jetzt Sonne, und zwar für eine längere Zeit. Wintergerste, Raps, Sommergerste, Weizen, Roggen, Dinkel – nach und nach wird in dieser und den kommenden Wochen das Getreide geerntet, bevor später der Mais und schließlich die Zuckerrüben folgen. Zumindest Letzteren, die über mehr Biomasse verfügen als Getreide, tut mehr Regen meist keinen Abbruch.