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Landkreis Bad Kissingen
Dieses ungewöhnliche Wetterjahr fordert unsere Landwirte heraus
Deutschland erlebt die niederschlagsreichsten Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Pflanzenbauberater Julian Megner erklärt, wie das die Bearbeitung der Felder und die Ernte beeinflusst.
Der häufige Niederschlag macht es Landwirten in diesem Jahr schwer, die Böden zu bearbeiten.       -  Der häufige Niederschlag macht es Landwirten in diesem Jahr schwer, die Böden zu bearbeiten.
Foto: Janis Smits, adobe stock | Der häufige Niederschlag macht es Landwirten in diesem Jahr schwer, die Böden zu bearbeiten.
Marion Eckert
 |  aktualisiert: 30.08.2024 02:39 Uhr

Später Frost mit Schneefall bis in die tiefen Lagen und Dauerregen – das Wetter stellt die Landwirte in diesem Jahr vor große Herausforderungen. Während in den vergangenen Jahren die Trockenheit dominierte, hat sich das Blatt dieses Jahr gewendet. Laut dem Deutschen Wetterdienst ( DWD ) war der Zeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 der niederschlagsreichste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881.

Julian Megner, Pflanzenbauberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bad Neustadt, erläutert im Gespräch mit dieser Redaktion die Auswirkungen des vielen Regens auf die Landwirtschaft: „Dieses Frühjahr war spannend und schwierig zugleich, mit nur kurzen Zeitfenstern zur Bearbeitung der Flächen. Viele Flächen waren wegen der hohen Feuchtigkeit erst sehr spät überhaupt befahrbar.“

Die Böden haben oft nicht genug Zeit, abzutrocknen, um mit schweren Maschinen bearbeitet zu werden. „Es gibt noch immer Flächen im Saalegrund, die nicht befahrbar sind - es ist einfach zu feucht“, fasst der Fachberater zusammen.  Einige Stellen, die in den letzten heißen Sommern trocken waren, haben sich dieses Jahr in Wasserstellen verwandelt.

Flurschäden vermeiden

Wer in solche nassen Flächen fahre, der richte unter Umständen schwerwiegende Flurschäden an, zudem werde der Boden unnötig verdichtet, was sich negativ auf die spätere Bearbeitung und die Kulturen auswirke. Außerdem verkruste Starkregen den Boden, was zur Folge habe, dass der Boden nicht locker genug sei, um ein gesundes Wachstum zu ermöglichen.

Im Frühjahr sei es daher auch schwierig gewesen, die Düngung rechtzeitig auszubringen. Wenn eine Güllegrube nicht geleert werden könne, stelle das den Landwirt vor neue Herausforderungen und zusätzliche Kosten, etwa durch angemietete Lagerkapazitäten.

Enges Zeitfenster für die Heumahd

Auch die Heumahd bereite Probleme: „Der Landwirt braucht vier bis fünf trockene Tage am Stück“, erklärt Megner. Das war in diesem Jahr bisher selten der Fall, da immer wieder nächtliche Gewitter auftreten. „Manchmal wechselte das Wetter dreimal am Tag.“

Während das für Grassilage weniger problematisch sei, leide die Qualität des Heus, wenn es ins frisch gemähte oder halbtrockene Gras regnet. In den letzten Jahren konnten die Landwirte oft drei Wochen am Stück Heu machen, dieses Jahr seien die Zeitfenster ungewöhnlich eng. Der viele Regen habe aber auch positive Seiten: Das Gras wächst üppig.

Krautfäule bei Kartoffeln

Der Mais litt in seiner jungen Phase sehr unter der Kälte Ende April und Anfang Mai. Auch Kartoffeln haben mit der feuchten Witterung zu kämpfen: „Die Krautfäule ist sehr hoch.“ Ob die Kartoffelknollen Probleme bekommen und im nassen Boden faulen, hänge von der Witterung der nächsten Wochen ab. „Das ist heute noch nicht absehbar.“ Bei Zuckerrüben hingegen gebe es weniger Probleme mit dem Regen.

Der Raps wiederum litt unter dem späten Wintereinbruch, Stängel wurden durch Schneebruch abgeknickt, was oft das Ende der Pflanze bedeutete.  Auch das Getreide haben den späten Frost nicht unbeschadet überstanden.  „Während Gerste von der feuchten Witterung eher profitiere, benötige Weizen Sonne, um zu reifen“, erklärt Megner. „Es fehlen derzeit die Sonnenstunden.“

Sonne braucht das Getreide, um zu reifen.       -  Sonne braucht das Getreide, um zu reifen.
Foto: Marion Eckert | Sonne braucht das Getreide, um zu reifen.

Feuchte Böden: Probleme bei der Ernte

Sollte es in den nächsten Wochen weiter regnen, können die Ernte problematisch werden, wenn die großen Erntemaschinen aufs Feld fahren sollen.  Megner beschreibt es so: „Moderne Maschinen haben schon möglichst bereite Reifen, um das Gewicht zu verteilen, doch wenn ein 20 Tonner, beladen mit Erntegut über feuchte Stellen fährt, dann können Manöverschäden entstehen.“

Schädlinge und Krankheiten

Tomaten im heimischen Garten lassen sich relativ leicht vor zu viel Regen schützen, doch die Landwirte können ihre Felder und Kulturen nicht vor Dauerregen und Starkregen schützen. Zudem bereitet Schneckenfraß in Sonnenblumenfeldern, Mais und Hirse Probleme, da die hohe Feuchtigkeit Krankheiten und Schädlinge begünstige.

Megner betont jedoch, dass der Regen nicht nur eine Belastung ist: „Wir brauchen den Regen. Es ist in diesem Jahr gut gewachsen, was dann im Mähdrescher landet, wissen wir noch nicht.“ Das Grünland sei üppig und die Erträge teilweise überdurchschnittlich, auch wenn die Qualität nicht immer optimal ist. Die Preisentwicklung bleibe abzuwarten, da viele Faktoren, von der Börse bis zur globalen Situation, eine Rolle spielen.

Mehr Freiheiten für Landwirte

Von der Bundesregierung und der EU wünscht sich Megner mehr Freiheiten für die Landwirte. „Landwirtschaft ist keine Industriehalle. Landwirte sind oft an starre Regeln und Fristen gebunden.“ In diesem Jahr zeigte sich, dass gesetzliche Vorgaben nicht immer mit den natürlichen Bedingungen übereinstimmen. Auch die überbordende Bürokratie lasse viele Landwirte resignieren.

Von der Bevölkerung wünscht sich Megner mehr Verständnis und Unterstützung für die heimischen Landwirte. Einkäufe im Hofladen und Rücksichtnahme auf Flurwegen während der Erntezeit seien Zeichen der Wertschätzung. „Bevor man auf Landwirte schimpft, sollte man das Gespräch suchen, nachfragen, zuhören und sich erklären lassen. Das kann viel Ärger ersparen.“

 

 

 
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