Nach fünf Monaten kann einem schon mal der Kragen platzen. So lange ist die Straße zwischen Kitzingen und Mainstockheim bereits gesperrt. Weil die Bahn einen Hangrutsch ausbessern muss und die Straße als Lagerplatz nutzt. Eine Übergangslösung, die sich hinzieht.
Zuletzt sollte die Straße Ende November freigeräumt sein. Jetzt wird es wohl Frühjahr. Wobei noch kein Jahr feststeht. Was den Kitzinger OB zu einer Reaktion veranlasste, die sonst nicht zu seinem Repertoire gehört: Er schlug mit dem Tisch auf die Faust. Oder war es umgekehrt? Jedenfalls legte er sich – im Bund mit der Landrätin und zwei weiteren Bürgermeistern – mit der Bahn an, hielt seinen gerissenen Geduldsfaden in die Luft und stellte der Bahn sodann ein Ultimatum für die Öffnung der Staatsstraße.
Ein Ultimatum. Für die Bahn. Das dürfte den Konzern ähnlich erschüttern wie das jährliche Protest-Campen von Barbara Becker vor dem Kitzinger Bahnhof. Da kann die Bahn ja gar nicht anders, als in die Knie zu gehen. Man darf gespannt sein, was als nächstes passiert. Womöglich wird Kitzingen künftig gar nicht mehr von Zügen angefahren. Die Bahn kann da sehr eigen sein.
Der OB und die Sache mit den Zügen
So langsam dürfte dem OB auch schwanen, was er da angerichtet hat. Weil die Bahn ja irgendwie alles ist. Kein Bereich, in dem sie nicht ihre Finger hat. Züge, wohin man schaut: Das fängt beim Strafvollzug an, geht über den Kontoauszug und den Zahlungsverzug weiter bis zum Führerscheinentzug und dem Klimmzug. Ganz zu schweigen vom Bettbezug.
Straßensperrung hin, Bahnstreit her – insgesamt ist die Stimmung gar nicht so schlecht, wie es oft scheint. Laut "Glücksatlas 2024" sind die Hamburger mit ihrem Leben besonders zufrieden, dicht gefolgt von den Bayern. Und in Kitzingen leben sowieso nur gut gelaunte Menschen. Das Wort miesmuffelig kennt hier keiner. Nur hier wohnt das Wanderglück, weil es die Traumrunden gibt. Vor allem aber: Das Glücksspiel pro Quadratmeter ist nirgendwo höher als in Kitzingen.
Leidiges Thema: Bankautomaten
Und während anderswo der Schlüssel zum Glück oft von innen steckt, ist es in Kitzingen doch ein großes Glück, wenn die Bankautomaten einfach mal funktionieren. Oder wenn man statt an jeder Ecke nur an jeder zweiten Ecke über ein Schrottauto stolpert.
Manchmal ist Glück ja auch, einen Parkplatz zu finden. So wie am Mittwoch ein Anwalt am Amtsgericht, der plötzlich jedoch feststellte, dass er gar nicht vor dem Amtsgericht parkte, sondern nebenan vor dem Notariat. "Vielleicht drücken die Politessen ein Auge zu, wenn sie sehen, dass ich ortsfremd bin", hoffte der Mann inständig in einer Verhandlungspause.
Politessen mit einem zugedrückten Auge. Wenn der Mann wüsste! Man sieht: Auch Anwälte können gewaltig irren. So viel Glück gibt es selbst in Kitzingen nicht. Zumal so ein zugedrücktes Politessen-Auge noch viel seltener ist als ein Sieg gegen die Bahn.