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Kleinlangheim/Kitzingen
Warum Kitzingen archäologische Fundstücke nicht rausrückt
Im Städtischen Museum Kitzingen sind archäologische Funde aus Kleinlangheim und die möchten Kirche und Förderkreis Kirchenburg zurück. Doch die Sachlage ist komplex.
Wo genau sind die Funde, die 1972/73 bei den Grabungen in Kleinlangheim gemacht wurden, und wo kommen sie künftig hin? Eine Frage, die es zu klären gilt, auch für den Schleifenohrring auf diesem Foto, das bei den Grabungen entstand.
Foto: Nachlass Karl Schneider | Wo genau sind die Funde, die 1972/73 bei den Grabungen in Kleinlangheim gemacht wurden, und wo kommen sie künftig hin?
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 29.08.2023 04:59 Uhr

Kulturausschuss Kitzingen, im Mai. Sachstandsbericht zur Inventarisierung der Ausstellungsstücke des Städtischen Museums Kitzingen. Der Tenor: Bei längst nicht allen Stücken in den Depots und Vitrinen, in Schränken, Kisten und anderen Behältnissen ist vermerkt, was es ist, woher es kommt und wem es gehört. Dies herauszufinden, ist oft schwierig. Klar ist aber auch: Vieles hat nichts mit Kitzingen zu tun. Ziel sei, nur das zu behalten, was Bezug zur Stadt hat und den Rest an die Eigentümer zurückzugeben.

Bei diesen Worten horchten Monika Conrad und die anderen Mitglieder der "Initiative Kultur- und Geschichtstreff" des Förderkreises Kirchenburg Kleinlangheim auf. Sie hatten laut Conrad "nach mühsamen Recherchen" und "durch reinen Zufall" erfahren, dass archäologische Funde aus Kleinlangheim sich im Stadtmuseum in Kitzingen befinden. Über Pfarrer Harald Vogt wurde im Juni Kontakt mit der Stadt aufgenommen, um die Stücke zurückzubekommen. 

Im Zuge der Renovierung der Pfarrkirche fanden 1972/73 in Kleinlangheim archäologische Grabungen statt – mit überraschenden Ergebnissen.
Foto: Grosch/Pfarramt Kleinlangheim | Im Zuge der Renovierung der Pfarrkirche fanden 1972/73 in Kleinlangheim archäologische Grabungen statt – mit überraschenden Ergebnissen.

Ein nachvollziehbares Anliegen, denn archäologische Funde, um die es dem Förderkreis geht, sind von besonderer Bedeutung für den Ort. Bei Grabungen wurde 1972/73 das Fundament einer Kirche aus der Zeit um 650 gefunden. "Das ist einzigartig", sagt Archäologin Margarete Klein-Pfeuffer.

Die Kleinlangheimer würden die Fachfrau gerne ins Museum schicken, um zu schauen, was genau aus Kleinlangheim da in Kartons liegt, es bestenfalls zurückzuholen und eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Funde in die Wege leiten. "Das ist uns wegen der Fundsituation und der Einmaligkeit ein wirklich wichtiges Anliegen", macht Monika Conrad klar.

Die Haltung der Stadt: Das Landesamt für Denkmalpflege muss als Fachbehörde und Miteigentümer entscheiden

Reinhard Hüßner widmet sich als Mitglied des Arbeitskreises, der sich um die Inventarisierung der Museumsstücke kümmert, dem archäologischen Teil und hört die Bitte, dass jemand die Funde anschauen möchte, nicht nur aus Kleinlangheim. Doch er schlägt die Bitten ab. Leihgaben oder Stücke, bei denen klar war, wem sie gehören, seien zurückgegeben worden, sagt Hüßner. Es gebe aber auch Objekte, bei denen sei unklar, wer über ihren Verbleib mitbestimmen dürfe. Das hängt damit zusammen, dass bei Ausgrabungen bislang immer das Landesamt für Denkmalpflege (LfD) Miteigentümer der Fundstücke war. Nach Ansicht von Hüßner und Hauptamtsleiter Peter Grieb muss deshalb zunächst die für die Bodendenkmäler und -funde zuständige Fachbehörde die Sachen sichten und mitentscheiden, was damit geschieht.

"Wir möchten keine Teillösung, sondern diese Frage für alle Objekte aus dem archäologischen Bereich im Museum regeln", sagen beide übereinstimmend. Stehe fest, wie mit den Funden umgegangen werde, würden die Gemeinden informiert. "Wir wollen, dass die Sachen in der Region bleiben. Aber wir können uns nicht über die Fachbehörde, die Miteigentümer ist, hinwegsetzen", sagt Hüßner. Große Anstalten, nach Kitzingen zu kommen, macht das LfD in der Sache allerdings bislang nicht.

Bleibt die Frage, warum sich überhaupt regionale Funde – aus Kleinlangheim, Castell, Wiesentheid und zahlreichen anderen Orten, sogar über die Landkreisgrenzen hinweg – im Städtischen Museum befinden, wo sie nach Ansicht der Kleinlangheimer und auch der Stadt Kitzingen nicht hingehören. Wer das erklären will, muss fast zwei Jahrzehnte zurückgehen.

Archäologisches Netzwerk Kitzinger Land war einst ein Leader+-Projekt unter Leitung der Kitzinger Museumsleiterin

Weil es in der Region viele archäologische Fundorte und Sammlungen gibt, entstand 2006 die Idee, sich genauer damit auseinanderzusetzen. Das Archäologische Netzwerk Kitzinger Land wurde gegründet und als Projekt von Leader+ von der EU gefördert. Die Federführung übernahm für die ersten beiden Jahre die damalige Kitzinger Museumsleiterin. Es gab verschiedene Projekte wie die Einrichtung eines archäologischen Übersichtsraums im Museum und die Entwicklung eines siedlungsarchäologischen Geländemodells zum Kitzinger Land. Auch als die Förderung auslief, beschäftigten sich die Mitglieder des Netzwerks weiter mit dem Thema, aus der Aktionsgruppe wurde ein Archäologie-Stammtisch, der weiterhin im Kitzinger Museum zusammenkam.

Man kann also folgern, dass die Archäologie im Kitzinger Land für das Museum ein wichtiger Bereich war. Vor diesem Hintergrund scheint es wenig verwunderlich, dass Funde aus dem Landkreis im dortigen Depot landeten. Beispielsweise als die Außenstelle Würzburg des Denkmalamtes aufgelöst und das dortige Depot geräumt wurde. Dem Museum wurden Exponate angeboten, das ist schriftlich gesichert. Auch gibt es Zeugen, die bei der Übergabe dabei waren. Aber was genau und wieviel übergeben wurde, ist nirgends vermerkt, ein Übergabeprotokoll scheint nicht vorhanden. So stimmt die Zahl der Kartons, von denen auf der einen Seite die Kleinlangheimer, auf der anderen Seite die Kitzinger sprechen, nicht überein. Bleibt als Zwischenfazit im Disput festzuhalten: Die Bitte ist gehört, die Antwort erfordert Geduld. In der Archäologie ja eigentlich nichts Neues.

 
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