
Wollte man die Lage des Kitzinger BRK-Kreisverbands mit der eines Patienten vergleichen, man müsste wohl eine chronische Atemnot diagnostizieren. Seit Jahren fehlt am Stammsitz in der Kitzinger Schmiedelstraße die Luft zum Atmen. Statt normgerechter 820 Quadratmeter muss man mit 250 Quadratmetern auskommen. Bislang hat die Crew um Kreisgeschäftsführer Felix Wallström aus der Not eine Tugend gemacht, aber immer wieder stößt sie an Grenzen. Jetzt zeichnet sich am Horizont in Etwashausen eine Lösung ab: ein bedarfsgerechter und angemessen großer Neubau auf einem rund 10.000 Quadratmeter großen Gelände. Wallström sagt: "Es ist nicht das optimale Grundstück." Er sagt aber auch: "Es ist schwierig, in der Stadt eine so große Fläche zu finden, die allen Anforderungen gerecht wird."
Ende März wäre der Neubau an der Kitzinger Nordtangente fast geplatzt, weil einzelne Stadträte plötzlich "Bauchschmerzen" bekamen und Bedenken am auserwählten Standort anmeldeten. Eine Mehrheit stimmte letztlich zwar für die nötige Änderung des Bebauungsplans, dennoch hatte Wallström die Sitzung irritiert verlassen. Rund ein Hektar wertvollen Ackerlandes werde in der Gärtnervorstadt für den Bau plattgemacht – so hatten es die Kritiker bemängelt.
Im Stil eines Notarztes war Wallström daraufhin losgeeilt, um Zweifel und Bedenken auszuräumen. Er sprach mit Betroffenen, stimmte sich mit Ämtern und Behörden ab, absolvierte unzählige Termine. Am Donnerstagabend war er erneut zu Gast im Rathaus, um vor dem Bauausschuss darzulegen, warum es den Neubau braucht – und weshalb genau an dieser Stelle.
Für das BRK steht viel auf dem Spiel, und es kann sich glücklich schätzen, im jungen Wallström einen so rastlosen und kommunikativen Lobbyarbeiter zu haben. Vorsichtig tastete er sich an das Projekt heran, sprach von "kritischen Stimmen", die er wahrgenommen habe, und lenkte den Blick dann auf das Wachstum des BRK in den vergangenen Jahren: 89 Prozent mehr Beschäftigte seit 2017, 60 Prozent mehr Menüservice-Kunden seit 2019, neue und größere Fahrzeuge.
Längst erfüllt das alte Gebäude in der Schmiedelstraße nicht mehr die Anforderungen an eine moderne Rettungswache. Es ist nur teilweise barrierefrei, hat zu wenig Räume, zu wenig Parkplätze und zu wenig Lagerfläche. "Nach der Norm und nach dem, was die Krankenkassen bezahlen, bräuchten wir 820 Quadratmeter", sagt Wallström. "Wir haben 250."
Neben der Größe des Baues ist auch der Standort entscheidend
Schon länger gibt es deshalb Überlegungen für einen Neubau am Stadtrand. Neben der Größe ist dabei allerdings eine Sache entscheidend: die Rettungsfrist. Nach dem Rettungsdienstgesetz soll jeder Punkt des Versorgungsgebietes zumindest planerisch binnen zwölf Minuten erreichbar sein – sowohl Theilheim im Westen als auch Nenzenheim im Osten. Ein in Auftrag gegebenes Gutachten kommt laut Wallström zu dem Schluss, dass der Standort am Lochweg dieses Kriterium erfüllt.
Auch im Technologiepark ConneKT wurde dem BRK ein Objekt angeboten. Dort aber wäre es zum einen mit der Einhaltung der Rettungsfrist schwierig geworden, zum anderen hätte das Bestandsgebäude nicht die notwendige Größe besessen. 10.000 Quadratmeter braucht Wallström, um neben der Rettungswache auch den bislang in der Gabelsberger Straße untergebrachten Katastrophenschutz des Landkreises unterzubringen.

Damit war Wallström bei den Knackpunkten des Projekts angekommen. Da der Neubau im Hochwassergebiet liegt, muss er auf eine Art Podest gehoben werden: einen 1,80 Meter hohen Erdwall. Das bringt Probleme für das Nachbargrundstück mit sich. Durch Schattenwurf könnte einem später dort entstehenden Gewächshaus das nötige Sonnenlicht fehlen, vor allem aber droht bei Starkregen das abfließende Wasser das benachbarte Areal zu überfluten. Ein Entwässerungsgraben an zwei Seiten und ein spezielles Drainagesystem sollen dies verhindern. Für Gärtnerobermeister Christian Gräbner, der am Donnerstag die Sitzung begleitete, lässt sich das Wasserproblem eher lösen als die Belichtung.
Die künftige Ausfahrt auf die Nordtangente gilt als kritisch
Stadtrat Andreas Moser (CSU) sorgt sich wegen der Sichtverhältnisse um die Verkehrssicherheit an der künftigen Ausfahrt der Rettungswache auf die Nordtangente und regte an, die bestehende Lärmschutzwand durchsichtig zu machen. Die von Brigitte Endres-Paul (SPD) aufgeworfenen Bedenken wegen nächtlichen Lärms konnte Wallström insoweit entkräften, als das Sondersignal bei Einsätzen in der Nacht eher zurückhaltend benutzt werde; außerdem werde etwa die Hälfte der Notrufe von andernorts stationierten Fahrzeugen abgewickelt.
Jens Pauluhn (ÖDP) sagte über den nun gefundenen Standort, der Stadtrat solle sich nicht anmaßen, die Expertise anzuzweifeln. "Da steckt viel Überlegung drin." Die Stadt solle vielmehr "stolz sein, dass der BRK-Standort in Kitzingen wächst". Wenn der Stadtrat den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan bestätigt, könnte es Ende 2022 mit dem auf acht Millionen Euro geschätzten Neubau losgehen – und Mitte 2024 der Umzug von der Schmiedelstraße und Gabelsberger Straße stattfinden.