
Wenn Felix Wallström beschreiben soll, mit welchen Zwängen seine Leute auf der BRK-Rettungswache in Kitzingen kämpfen, erzählt er Geschichten wie diese: "Wir sind nachts in der Spitze acht oder neun Mitarbeiter – und haben vier Betten." Oder diese: "In unsere Garage passen eigentlich zwei Autos. Es stehen aber vier drin. Um dort einzuparken, müssen Sie die Spiegel einklappen und richtig gut fahren können." Seit Jahren platzt das Gebäude am Rosengarten aus allen Nähten; und um die Baracke des Katastrophenschutzes in der Gabelsberger Straße steht es kaum besser. Der Impfbus lässt sich wie der Anhänger der Sanitätsstation nicht auf das abfallende Gelände fahren. Die Kante ist zu steil.
Schon lange kämpfen das BRK und sein Kreisgeschäftsführer deshalb um einen Neubau, in dem sich beide Bereiche vereinen lassen. Die Planungen auf einem Eckgrundstück an der Einmündung der Nordtangente in den Lochweg sind weit gediehen – und wären jetzt im Kitzinger Stadtrat fast geplatzt. Alarmstimmung bei den Rettern.
Einzelne Stadträte stellen plötzlich den Standort in Frage
Man musste am vergangenen Donnerstag ein bisschen Sorge haben, dass Wallström, der unter den Zuschauern saß, selbst zum Notfall wird. Die Diskussion war jederzeit dazu geeignet, seinen Blutdruck nach oben zu treiben. Die Bedenken der CSU-Stadträtin und ehemaligen Kreisbäuerin Gertrud Schwab, die vor einer Ausbeutung wertvollen Ackerlandes warnte, mag er noch geschluckt haben. Doch als einzelne Stadträte plötzlich anfingen, das nach mühsamer Suche gefundene Grundstück in Frage zu stellen, begann es, in Wallström innerlich zu brodeln.
Klaus Sanzenbacher (Grüne) sagte, angesichts der Lage im Überschwemmungsgebiet und des drohenden Verlusts landwirtschaftlicher Flächen komme "nur der Standort" im Technologiepark ConneKT in Frage. Tobias Volk (FW-FBW) sprach von einem Entzug der "Lebensgrundlage" für Etwashausens Gärtner; und Andreas Moser (CSU) erklärte, mit Blick auf die "ganz problematische" Verkehrslage wegen der unübersichtlichen Ausfahrt auf die Tangente und den Einwand eines benachbarten Gärtners könne er "nur mit Bauchweh" zustimmen.
Eine seltsame Diskussion, wenn man bedenkt, dass diese Probleme nicht neu sind, sondern lange vorher hätten artikuliert werden können. Auch Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) wunderte sich deshalb über ein "komisches Geschäftsgebaren". "Wir geben die Richtung vor, und wenn es hart auf hart kommt, machen wir wieder einen Rückzieher." Die Konsequenzen daraus machte Stephan Küntzer (CSU) klar: "Wenn wir den Standort jetzt aufgeben, setzen wir alles wieder auf null." Für Küntzer ist der Fall exemplarisch. Der Stadtrat neige dazu, sich "zu sehr von einzelnen Stimmen beeinflussen" zu lassen.
Kurz vor der Sitzung war im Rathaus die Warnung von Gärtnerobermeister Christian Gräbner eingegangen, der sich bei Verwirklichung der Pläne um sein Land sorgt. Wird das BRK-Grundstück zum Schutz vor Hochwasser wie vorgesehen um etwa einen Meter aufgeschüttet und versiegelt, könnte bei Starkregen das Wasser auf seinen Acker schießen und dort alles überfluten. Dem will das BRK mit einer Art Drainagesystem vorbeugen. Wallström ist zuversichtlich, mit Gräbner eine Lösung zu finden – so stellte er es auch in der Sitzung dar.

Unterstützt wurde Wallström nicht nur vom OB, sondern auch von Bauamtsleiter Oliver Graumann. Eine Rettungswache könne man nicht an jede x-beliebige Stelle setzen. "Sie braucht", so Graumann, "die unmittelbare Nähe zur Straße." Der Standortsuche ging laut Wallström ein langer Abstimmungsprozess voraus. Um die im Rettungsdienstgesetz empfohlene Hilfsfrist einzuhalten, um also jeden Punkt des Einsatzgebietes spätestens nach zwölf Minuten erreichen zu können, sowohl Theilheim im Westen als auch Nenzenheim im Osten, lassen sich mögliche Standorte im Stadtgebiet nicht willkürlich hin- und herschieben. Das Grundstück im Lochweg erfüllt laut Wallström alle Kriterien, der als Alternative vorgeschlagene Standort im ConneKT sei in dieser Hinsicht schon "ganz kritisch". Außerdem handle es sich dort um ein Bestandsgebäude, zu klein, um den großen Bereich Katastrophenschutz unterzubringen.
Wallström wehrt sich gegen die Darstellung eines Investors
Es müsse dem Stadtrat erlaubt sein, sagte Jens Pauluhn (ÖDP), in ein laufendes Bebauungsplanverfahren einzugreifen, wenn es neue Erkenntnisse gebe. Dieses Risiko trage man nun mal als Investor. "Extrem ärgerlich" fand Wallström diese Debatte, sagt er auf Nachfrage. Denn die Bedenken hätte man – so es sie denn gab – auch schon im vergangenen Sommer ansprechen können, als es darum ging, das Grundstück abzuklopfen. Das BRK sei auch kein Investor, der haufenweise Geld auf dem Konto hortet, sondern man müsse Geld aufnehmen, um sich das auf mindestens acht Millionen Euro geschätzte Projekt leisten zu können. Mit 17 gegen elf Stimmen winkte der Stadtrat das Projekt schließlich durch.

"Tun wir doch nicht so, als wäre außenherum alles Naturschutzgebiet", sagte Stadtentwicklungsreferent Thomas Rank (CSU). In der Umgebung wimmelt es vor Gewerbe- und Mischgebieten. Wallström spricht von einem "Glücksgriff". Denn auf dem Areal lässt sich das Konzept zweier räumlich sauber getrennter Konzepte von Rettungswache und Katastrophenschutz bestens verwirklichen. Wenn der Stadtrat die notwendige Änderung des Bebauungsplans auf den Weg gebracht hat, kann sich Wallström auf die Suche nach einem Bauträger machen, der für das BRK das Projekt umsetzt.
Optimistisch betrachtet, könnte es im Herbst oder Winter 2022 mit dem ersten Spatenstich losgehen und nach anderthalb Jahren Bauzeit Mitte 2024 alles stehen. Die alte Rettungswache in der Schmiedelstraße wird dann Geschichte sein und soll ebenso verkauft werden wie die Katastrophenschutz-Unterkunft in der Gabelsberger Straße.