Eberhard Ott ist traurig. Traurig, wenn er an die vielen aufgelassenen Gräber im Alten Friedhof in Kitzingen denkt. Traurig, wenn er die leeren Stellen an der Wand sieht, das Unkraut statt der Blumen. Schon immer geht der Erlacher gerne auf Friedhöfe, schon lange hat er immer eine kleine Kamera dabei und schon immer fotografiert er, was ihm gefällt. "Oder was mir weniger gefällt", sagt er und lächelt. "Und es gefällt mir gar nicht, dass nichts zurückbleibt." Sein Ordner mit Fotos verwaister Gräber wächst ständig an.
Antiquar Ott beschäftigt sich schon berufshalber viel mit Geschichte und alten Sachen. Auch über den Tod macht er sich so seine Gedanken. Vor allem damit, wie es nach dem Tod weitergeht. Weniger damit, ob es ein Leben nach dem Tod gibt oder nicht, mehr wie danach sein Grab, wie die Friedhöfe, wie es allgemein mit der Bestattungskultur aussieht.
Wunsch: Viele Blumen und ein schöner Grabstein
Ganz gegen den Trend möchte er sein Grab ganz traditionell: viele Blumen und ein schöner Grabstein. "Meine Frau sieht das rationaler", sagt er. Sie stelle sich mehr ein Grab im Friedwald vor. "Aber das ist noch nicht ausdiskutiert", sagt er lächelnd. Ohnehin möchte der 67-Jährige noch nicht so schnell von der Welt scheiden.
Was er aber möchte, ist den Blick auf unsere Friedhofskultur lenken. 1439 Gräber gibt es im Alten Friedhof in Kitzingen, 285 sind aufgelassen. "Das ist schade, weil ein wichtiges Zeugnis fehlt", sagt Ott und zeigt ein Foto. Da, wo einst der Grabstein hing, prangt ein nacktes Loch an der Mauer: "Das ist dann dein Ende – eine nackte Wand? Was für trauriger Gedanke."
Steigende Gebühren und Friedhofsflucht
Die steigenden Kosten sind laut Ott neben der fehlenden Zeit ein Grund, warum es immer weniger große Grabplätze gibt. "Weniger Gräber heißt aber auch weniger Einnahmen für die Friedhöfe", erklärt er. Die Folge: steigende Gebühren und Friedhofsflucht. Ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gelte.
Ott fragt sich, warum man Friedhöfe nicht als "Naherholungsgebiete" sehe und wie einen Park nutze. "Dort gibt es Ruhe, Natur und Schönheit", sagt Ott, der sich auch im Urlaub gerne Friedhöfe anschaut. Den Zentralfriedhof in Wien kennt er ebenso wie kleine Kirchhöfe in Griechenland.
Jüdische Friedhöfe als Vorbild
Die Kultur jüdischer Friedhöfe findet Ott gut. "Die Gräber bleiben immer da", sagt er. Ein Prinzip, dass ihn fasziniert. Und keinen vor die Entscheidung stellt, die nach 20 bis 30 Jahren unweigerlich kommt: Das Grab auflösen oder nicht?
Auch Ott stand in vergangener Zeit zweimal vor dieser Frage. In Maulbronn löste er das Grab seines Urgroßvaters auf. Den alten Grabstein mit einem ungewöhnlichen Relief bot er der Gemeinde an. Kein Interesse.
Besser lief es mit dem Familiengrab in Würzburg. Wenigsten der Stein wird als Denkmal erhalten. Das freut den Buchhändler, der gerade seine Familiengeschichte – er stammt aus der Würzburger Weinhandlung Ott – aufarbeitet. Er wollte nicht im Familiengrab bestattet werden. Seine letzte Ruhestätte wünscht er sich in Sommerhausen: "Da ist es schön, auch wenn ich nichts mehr davon habe."