Viele haben es sicherlich schon bemerkt: Wer zurzeit im Landkreis Kitzingen seinen Wocheneinkauf in einer Edeka-Filiale machen möchte, wird auf das eine oder andere Produkt verzichten müssen. An vielen Stellen im Regal klaffen seit mehreren Wochen Löcher, die darauf warten, gefüllt zu werden. Doch der Nachschub bleibt aus.
Hinter der begrenzten Auswahl steckt ein Handelsstreik, wie es ihn schon lange nicht mehr gegeben hat. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat zum Protest aufgerufen. "Der Handel verhandelt", lautet das Motto ihrer Tarifrunde 2023.
Die Gewerkschaft kämpft derzeit für Beschäftigte im Groß- und Außenhandel sowie im Einzel- und Versandhandel. Erstere sollen 13 Prozent mehr Lohn und Gehalt bekommen, mindestens 400 Euro mehr im Monat. Der Einzel- und Versandhandel fordert eine Steigerung von Lohn und Gehalt um 2,50 Euro pro Stunde. In beiden Bereichen sollen Auszubildende 250 Euro mehr Vergütung bekommen. Die Forderungen sollen in Form von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen mit der Laufzeit von einem Jahr realisiert werden und auch für Nicht-Mitglieder gelten.
Vor diesem Hintergrund hat die Gewerkschaft mehrere Logistik-Zentren zum Streik aufgerufen, darunter das Edeka-Zentrallager in Gochsheim, welches auch die Filialen im Landkreis Kitzingen mit neuen Waren versorgt. Seit dem 23. Mai wird nun gestreikt, wenn auch mit Unterbrechungen.
Besonders das Trocken- und Tiefkühlsortiment ist betroffen
Wie wirkt sich das nun auf die Filialen im Landkreis aus? Grundsätzlich ist die Grundversorgung mit Lebensmitteln gesichert. Geht ein Produkt aus, kann dieses in der Regel durch eine Alternative ersetzt werden.
Obwohl die Kunden und Kundinnen den Großteil des Warenbestands kaufen können, haben alle Edeka-Märkte mit den Folgen des Streiks zu kämpfen, wie eine Umfrage unter ihnen zeigt. Frische Waren, wie Obst und Gemüse, seien im Allgemeinen kaum ein Problem. Vor allem die Belieferung mit Artikeln aus dem Trocken- und Tiefkühlsortiment erfolgt nur sporadisch, was sich auch auf die Planung des Angebots auswirkt.
Das berichtet auch die Filiale Schliermann in Dettelbach. Neben nicht vorhandenen Produkten wie Milch, Chips und Süßgebäck stellt auch das Angebot von Werbeartikeln ein Problem dar. Die Kunden und Kundinnen seien bisher recht verständnisvoll gewesen, doch gerade, wenn Werbeartikel fehlten und eine Nachlieferung in einem absehbaren Zeitraum nicht gewährleistet werden könne, komme Unmut auf.
Kundschaft lässt Einkaufswägen zwischen den Regalen stehen
Auch der Edeka-Markt in Wiesentheid berichtet von schwindendem Verständnis für das begrenzte Sortiment. Mittlerweile lassen manche Kunden und Kundinnen teils ihre Einkaufswägen zwischen den Regalen stehen, wenn mehrere Produkte von der Einkaufsliste vergriffen sind. Dort sind vor allem Drogerieartikel wie Klopapier und Deodorant knapp. Ende Juli erhielt die Filiale zwei Wochen lang keine Lieferungen; normalerweise treffen zwei bis drei Laster pro Woche ein, um das Sortiment aufzustocken.
Filialinhaber Eugen Tetzlaff sagt, er habe grundsätzlich nichts an Streiks auszusetzen, kritisiert in diesem Fall aber die Umsetzung. Bei der Forderung nach einem flächendeckenden Allgemeintarifvertrag für den Handel sollten – wenn schon – alle Handelsunternehmen gleichermaßen von Streikmaßnahmen betroffen sein, nicht nur die Edeka-Märkte.
Bei Edeka Stampfer in Iphofen wird Ähnliches beobachtet. Wieder fehlt es vor allem an bestimmten Produktgruppen, wieder nimmt die Geduld der Kunden ab. "Anfangs wussten viele nichts von dem Streik. Mittlerweile bleiben die Kunden teilweise aus", sagt Wolfgang Stampfer. Diejenigen, die noch kommen, zeigen seiner Erfahrung nach weitgehend Verständnis.
Der Streik in Gochsheim war zunächst bis 13. August befristet. Die Verhandlung geht am 28. August in die nächste Runde.