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Kitzingen
Skurriler Staubsauger-Streit: Wenn das Gericht Staub aufwirbelt
Die Kitzinger Zivilrichterin beschäftigt die Frage, was ein Staubsauger leisten muss. Ein etwas anderer Ortstermin, bei dem drei kleine Fusseln eine große Rolle spielen.
Immer schön auf dem Teppich bleiben – das fiel einer Dettelbacherin mit ihrem neuen Staubsauger alles andere als leicht. Jetzt wird  der Fall am Kitzinger Amtsgericht verhandelt.
Foto: Philipp Brandstädter, dpa | Immer schön auf dem Teppich bleiben – das fiel einer Dettelbacherin mit ihrem neuen Staubsauger alles andere als leicht. Jetzt wird  der Fall am Kitzinger Amtsgericht verhandelt.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:42 Uhr

Sechs Menschen. Einmal quer durchs Kitzinger Amtsgericht laufend. Mit einem Staubsauger Huckepack. Vorbei am Putzraum. Auf dem Weg zu einem der nicht gerade zahlreichen Teppiche in einer der Richterstuben. Was auf den ersten Blick nach Ramada und einem gemeinsamen Frühjahrsputz aussieht, dient alleinig der Wahrheitsfindung. Es geht um die Frage, ob der Stausauger das tut, was er sollte. Saugt er oder saugt er nicht?

Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Eine Frau aus Dettelbach kauft einen Elektro-Staubsauger und lässt sich das Markengerät um die 950 Euro kosten. Doch die Enttäuschung ist groß: Die Neuanschaffung entspricht so gar nicht den Vorstellungen. Aus Sicht der Käuferin stellt sich die Sache so dar: Das Gerät saugt nicht richtig. Die Bürsten sind unbeweglich. Da kann was nicht stimmen. Sechs Wochen nach Erhalt hat die Frau die Faxen dicke und sie schickt den Staubsauger zurück.

Hersteller klagt Kaufpreis ein

Wenig später landet der Staubsauger wieder bei der Frau – samt Info des Hersteller: Alles sei in bester Ordnung, das Gerät funktioniere. Die Bürsten seien allerdings abgenutzt. Die Dettelbacherin ist weiterhin unzufrieden und bleibt dabei: Der Staubsauger ist kaputt, sie würde ihn gerne wieder loswerden. Der Verkäufer schüttelt jedoch beharrlich den Kopf: Mit dem Staubsauger ist alles in Ordnung. Deshalb die dringende Aufforderung: Die Kundin soll endlich zahlen. Als das nicht passiert, geht die Firma vor Gericht, um den Kaufpreis einzuklagen.

Um zu wissen, worüber man spricht, hatte die Kitzinger Zivilrichterin Patricia Finkenberger verfügt, dass der Staubsauger bei der Verhandlung am Kitzinger Amtsgericht ebenfalls zu erscheinen habe. Und so geht es denn frohgemut in ein Richterzimmer zum Selbstversuch – Staub aufwirbeln im Gericht sozusagen. Mit durchwachsenem Ergebnis.

Drei mitgebrachte extra dicke Fusseln wurden einerseits eingesaugt. Andererseits: So richtig saugen will der Sauger auch nicht, eher ein laues Lüftchen. Der Erkenntnisgewinn beim Ortstermin: so lala. Zumal auch nicht klar ist, wie sehr sich so ein neumodischer Elektro-Sauger bei der Saugleistung von seinen herkömmlichen Kollegen unterscheidet. Und ob überhaupt.

Kratzer im Parkett?

Was also tun? Die beklagte Staubsauger-Besitzerin und ihr Anwalt bleiben dabei: Technisch stimmt da was nicht, eine saubere Sache sieht anders aus. Zumal es auch schon Kratzer im Parkett gegeben haben soll. Ein teures Gutachten will keine der beiden Seiten. Deshalb lautet der Kompromiss: Der Hersteller schickt demnächst einen Techniker vorbei, der noch einmal den Streitfall genau unter die Lupe nehmen und sein Urteil in Sachen Funktionsfähigkeit abgeben soll.

Wenn sich die Parteien danach immer noch nicht einig sind, bleibt keine andere Wahl: Dann muss doch ein Sachverständiger ran. Wobei dessen Untersuchung zwischen 1500 und 2000 Euro kosten dürfte, wie das Gericht zu Bedenken gibt. Der Staubsauger-Fall könnte also noch richtig teuer werden. Einigermaßen lustig ist er schon: „Es saugt und bläst der Heinzelmann ..." – Loriots Staubsauger-Vertreterbesuch lebt.

 
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  • W. T.
    Sofort ein Gutachten dann sind alle Schlauer und um einiges ärmer.
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  • H. S.
    Etwas seltsam finde ich den Fall schon: Denn eigentlich gilt ja in dem Fall immer noch die Gewährleistungspflicht des Verkäufers. Warum wurde da eigentlich der Hersteller damit beschäftigt?
    Auf der anderen Seite sollte es doch im Interesse des Herstellers liegen, dass sein superteures Gerät nicht wegen mangelnder Leistung in einem öffentlichen Gerichtsverfahren auftaucht...
    Ich besitze selbst einen Akku-Sauger, der meinen alten 2000W Bodenstaubsauger ganz locker in den Schatten stellt.
    Vielleicht sollte man mal Testberichte durchlesen. Bei dem Preis ist das Modell sicherlich schon mal irgendwo ausführlich nach Vergleichsnormen getestet worden.
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  • S. T.
    Es ist vermutlich einfach eine Frage der Erwartungen: Bis vor ein paar Jahren war die Leistung der Staubsauger nicht durch EU Vorgaben beschränkt. Da hat ein Sauger ordentlich was weggeschafft. Heutzutage muss man nun halt dreimal so lange saugen, und verballert die elektrische Energie über die längere Betriebszeit…
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Viel Lautstärke und große Wattzahlen sorgen nicht automatisch für eine gute Staubsauger Leistung.

    Allerhöchstens Stammtischniveau.
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  • L. W.
    @ phlox

    So einfach ist das, glaube ich, definitv nicht.

    Ich hatte einen Staubsauger eines namhaften deutschen Herstellers mit einem Verbrauch von über 2.000 W/h. Ergebnis immer mittelprächtig. Zum Glück für mich ging das Teil nach sieben Jahren defekt.

    Meine Neuanschaffung verbraucht ca 1/3 an Strom und liefert ein deutlich besseres Ergebnis, sowohl auf Hartböden als auch auf Teppich.

    Der Stromverbrauch steht also in keiner Relation zum Putzergebnis. insofern hatten die Regulierungsbehörden schon das Recht uns Verbraucher vor der falschen Erwartung "Viel hilft viel" zu schützen.
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  • C. B.
    Mit welchem Schwachsinn sich Gerichte beschaffen müssen.
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  • J. S.
    Ist halt mal so. Aber es ist ein Zivilgericht. Und das Gericht arbeitet hier nicht umsonst wie bei einem Strafprozess, der mit einem Freispruch endet. Die Kosten und somit das Prozessrisiko tragen die Beteiligten vor allem die Partei, die vor Gericht gezogen ist. Bei einem Vergleich tragen die anzeigende und angezeigte Partei die Gesamtkosten, anteilig. Und das könnte auch so enden: Ausser Spesen, nichts gewesen. Eigentlich sollte dieses Wissen um das Risiko dazu beitragen, sich das dreimal zu überlegen vors Zivilgericht zu gehen oder "gezogen" werden. Die Staatskasse ist immer der Sieger. Und das ist gut so. Sonst müssten sich die (Zivil-)Gerichte mit noch mehr "Zivilstreitigkeiten" beschäftigen.
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