
Über zwei Monate zieht sich der Ukrainekrieg nun schon hin – und immer mehr Flüchtlinge kommen auch im Landkreis Kitzingen an, auf der Suche nach Schutz und Sicherheit. Mit dem Ziel, die Geflüchteten bei und nach ihrer Ankunft zu unterstützen, haben sich zwei Ehepaare zusammengeschlossen und die ehrenamtliche Hilfsorganisation "Simply Help" gegründet. Katrin (52) und Matthias (51) Weber aus Kitzingen bilden gemeinsam mit den Mainsondheimern Sandra (47) und Hermann (62) Pfannes den Kopf ihrer Gruppe, deren Reichweite schon gestiegen ist. Kennengelernt haben sie sich durch ehrenamtliches Engagement für ukrainische Geflohene.
Was mit einer Gruppe im Messengerdienst Telegram bei Sandra Pfannes und Hilfslieferungen von Matthias Weber an die ukrainische Grenze begann, endete jetzt in einer freien Organisation. "Dass ich mich in der Intensität ehrenamtlich engagiere, ist für mich Premiere", sagt Weber. "Das will aber auch was heißen, dass ich mich spätestens jetzt dazu aufgerufen fühle." Die Organisation fokussiert sich auf drei Schwerpunkte: Wohnungsvermittlung, Informationstransfer und Lotsenservice.

"Die Idee der Lotsen ist aus der Not heraus geboren. Es reicht nicht, wenn man eine Familie einfach in eine Wohnung reinsetzt", sagt Sandra Pfannes. Dann kommen die Lotsen ins Spiel. Sie unterstützen die Geflüchteten in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft, helfen beim Ausfüllen von Anträgen, bei Behördengängen und generell beim Integrieren in die Gesellschaft. Auch sollen sie Wohnungsgeber unterstützen, die Wohnraum zur Verfügung hätten, aber keine Zeit oder Lust haben, sich um Weiteres zu kümmern.
"Wir wollen ihnen den Druck nehmen und sagen deshalb, dass wir uns aktiv an allem beteiligen, was zum Ankommen gehört", sagt Matthias Weber. Vor allem die sprachliche Barriere für die ukrainischen Ankömmlinge soll mithilfe der Lotsen gesenkt werden, indem sie ihnen beispielsweise beim Bearbeiten deutschsprachiger Anträge helfen. Neulich fand bereits ein Workshop mit den Lotsen und Lotsenanwärtern statt.

Als Lotse oder Lotsin bekommt man viele Schicksale mit, bisweilen fließen auch mal Tränen. "Das berührt dann schon. Da ist es nicht schlecht, wenn man irgendjemanden hat, mit dem man sich darüber austauschen kann", berichtet Sandra Pfannes über ihre Erfahrungen mit Flüchtlingen. Matthias Weber sagt aber auch, dass alle Flüchtlinge unglaublich dankbar für die Unterstützung seien und die Helferinnen und Helfer schon einige Einladungen in die Ukraine erhalten hätten.
Sogar aus der Ukraine kommen schon Anfragen nach Wohnraum
Die private Wohnraumvermittlung ist ein weiterer wichtiger Aspekt, auf den sich "Simply Help" fokussiert. "Wir haben ein Formular gebaut, mit dem Deutsche unmittelbar ihr Wohnraumangebot für den Landkreis Kitzingen loswerden können", erklärt Matthias Weber. Auch Wohnungssuchende aus der Ukraine können einen digitalen Antrag stellen. Das sei schon so weit verbreitet, dass sogar Ukrainerinnen und Ukrainer Anträge aus der Ukraine stellen. Auch hier arbeitet die Organisation mit dem Kitzinger Landratsamt zusammen und tauscht Angebote und Nachfragen aus. Eine gemeinsame Datenbank hierfür ist in Planung.
Informationsvermittlung zwischen den Behörden und Ehrenamtlichen
Fast 300 Mitglieder umfasst die Facebook-Gruppe "Simply Help LK Kitzingen" bereits. Sie versorgt sowohl die Geflüchteten als auch die Menschen in der Ukraine auf ukrainisch mit grundlegenden und aktuellen Informationen. "Wir kommunizieren auch im Direkten immer wieder mit den Behörden. Der Landkreis weiß, was wir tun", sagt Pfannes. Die Kommunikation verläuft in beide Richtungen:
Zum Einen werden Informationen von den Behörden auch an andere Hilfsorganisationen, Helfer oder Interessierte vermittelt. Dafür wurde eine Informationsmappe sowohl für Gastfamilien als auch für Geflüchtete angefertigt, die alle offizielle Informationen des Landratsamts samt Angeboten enthält. Zum Anderen werden auch gesammelte Fragen von Flüchtlingen zum Beispiel durch einen Lotsen an die Behörden weitergegeben.

Man will dadurch auch die Gastfamilien im Landkreis entlasten, indem man ihnen signalisiert, dass sie nicht alleingelassen werden. Diese leisten laut Sandra Pfannes schon unheimlich viel. Den Kontakt mit den Behörden aufzubauen war jedoch nicht ganz einfach, denn zu Beginn waren sie eine den Ämtern unbekannte Organisation. Die Arbeitsweise der Behörden zu verstehen war ebenso ein wichtiger Schritt für eine verständnisvolle Zusammenarbeit.
Die Hilfsorganisationen für Flüchtlinge im Landkreis haben sich ihre eigene Nische gesucht. Untereinander sind sie jedoch sehr gut vernetzt. "Es entstehen wahnsinnig viele Synergieeffekte", erzählt Sandra Pfannes. "Es treffen viele aufeinander, die aus ganz unterschiedlichen Spektren kommen, auch beruflich, und jeder bringt sein Wissen aktiv in die Gruppe ein." Man tausche sich untereinander aus und wisse, wo man was bekommt. So melden sich andere Flüchtlingsorganisationen bei "Simply Help", wenn sie einen Lotsen für eine Flüchtlingsfamilie brauchen. Aber genauso könne man, zum Beispiel von "Kitzingen wirKT", einen Dolmetscher zur Unterstützung erwarten oder von "#Kitzingenhilft" Hilfe bei Kleidung erhalten.