Von den großen privaten Wohnungsbauprojekten abgesehen, hat sich in den vergangenen Jahren in der Kitzinger Innenstadt wenig bewegt. Das Rathaus als eines der prominenten kommunalen Objekte putzt sich zwar gerade heraus, aber die Kaiserstraße und der Königsplatz sind immer noch eine Asphaltwüste und die Verkehrsprobleme in der Kernstadt weiter nicht gelöst. Der verkündete Aufbruch in die Zukunft lässt auf sich warten. Um den Stillstand zu durchbrechen, hat sich der Kitzinger Stadtrat jetzt mühsam dazu durchgerungen, „neue Wege“ zu beschreiten und sich auf eine innovative Form der Bürgerbeteiligung einzulassen. So soll zumindest am Königsplatz der Wandel eingeleitet werden.
Grundlage dafür ist ein Antrag der KIK, die Bürgerinnen und Bürger in Form von digitaler und interaktiver Mitwirkung an Prozessen zu beteiligen. „Am Beispiel des Umbauvorhabens der Kaiserstraße soll aufgezeigt werden, welche Potenziale in diesem Verfahren liegen“, heißt es. Nachdem der Antrag vor einem Jahr gescheitert war, stimmten diesmal 16 Stadtratsmitglieder dafür, 14 dagegen. Ein holpriger Start, aber besser als eine weitere Verschleppung, die man sich an dieser Stelle nicht länger leisten könne, wie Jens Pauluhn (ÖDP) als Unterstützer erklärte.
Klaus Christof (KIK) hatte den Vorstoß damit begründet, dass jede „fortschrittliche Kommune“ darauf bedacht sein müsse, ihre Bürgerschaft in elementare Entscheidungen einzubinden, und zwar nach neuesten Erkenntnissen. Eine eigens eingerichtete „Stadtratskommission“ soll die Standards des Verfahrens festlegen und sich dabei an anderen Kommunen orientieren.
Auf einer Plattform sollen die Beteiligten online diskutieren
Das Konzept klingt einfach und funktioniert so: Auf einer Online-Plattform können die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Vorstellungen zur Entwicklung ihres Quartiers einbringen. Dort werden die Vorschläge öffentlich diskutiert, kommentiert und abgewogen. Unterstützen mindestens 50 (oder 100) Leute eine Idee, wird sie von der Verwaltung auf ihre Realisierbarkeit geprüft. Dann geht sie in einen öffentlichen Workshop, wird dort erneut beraten und landet zur Abstimmung im Stadtrat.
Der Antrag von Manfred Paul (SPD) hatte auf eine tiefere Beteiligung gezielt. Sein „Fahrplan attraktive Innenstadt“ sah vor, einen Bürgerrat zu installieren, besetzt mit Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen: Hausbesitzer, Mieter, Einzelhändler, Taxifahrer, Mitglieder von Polizei, Verwaltung oder ÖPNV. Sie alle sollten unter Leitung eines externen Stadtentwicklers Maßnahmen zum Umbau der Innenstadt erarbeiten, die dann dem Stadtrat vorgelegt werden. Immerhin gelte es „Entscheidungen zu treffen, die – wenn sie gut sind – Generationen überdauern“. Der Vorteil aus Pauls Sicht: Es werde über Lösungsansätze entschieden, die nicht von einem fremden Büro getroffen wurden. Doch der Antrag des SPD-Fraktionsvorsitzenden fiel mit 10:19 Stimmen durch.
Der Eindruck im Stadtrat: keine Bewegung bei großen Themen
Dann begann die Grundsatzdebatte. Stadtentwicklungsreferent Thomas Rank (CSU) sagte: „Wir haben in Kitzingen kein Diskussions- oder Beteiligungsproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem.“ Gutachten folge auf Gutachten, aber Ergebnisse blieben aus. „Wenn etwas umzusetzen ist, machen wir die Rolle rückwärts und gehen zurück auf Start.“ Eine Beobachtung, die von Andreas Moser (CSU) gestützt wurde. „Bei wichtigen Themen kommen wir nicht voran.“ Zehn Jahre seien vergangen seit dem Einstieg in die Innenstadtentwicklung. „Das Ergebnis ist: Wir stehen bei null.“ Die „beste Stadtentwicklung“ sei die Kleine Gartenschau im Jahr 2011 gewesen, aber nur, weil der Stadtrat nicht in die Expertise eingebunden gewesen sei. „Ein Fachmann hat das Konzept vorgelegt, und es ist etwas Tolles entstanden.“
Für Jens Pauluhn lag „einer der größten Fehler“ darin, dass der Stadtrat das Verkehrskonzept für die Innenstadt nach einigem Gegenwind nicht weiterverfolgt, sondern in der Schublade abgelegt habe. „Wir alle sind gewählt, um Grundsatzplanung zu machen, und müssen unsere Pläne auch mal gegen die Bevölkerung verteidigen.“ Zum Antrag Pauls – von diesem selbst als mühselig und zeitaufwändig eingestuft – sagte Pauluhn: „Das würde uns um Jahre zurückwerfen.“
Ein Teil des Stadtrates sollte umgehend ausgetauscht werden.