Parkplätze sind in unserer mobilen Welt eine harte Währung: Jede Stadt braucht sie, um attraktiv für Unternehmer, Bewohner und Kunden zu sein. Nicht selten stecken Politiker aber in einem Dilemma, wie Kitzingens Oberbürgermeister Stefan Güntner sagt. Denn neben den Interessen der Autofahrer gelte es auch Belange der anderen Seite zu berücksichtigen.
Stefan Güntner: Nur bedingt. Wir haben insofern ein Problem, als mit der Schließung der Tiefgarage in der Herrnstraße jetzt auf einen Schlag 140 Parkplätze weggefallen sind. Ansonsten ist das ein vielschichtiges Thema. Auf der einen Seite sind da die Einzelhändler, die sich in der Innenstadt so viel Parkplätze wünschen wie möglich, weil die Mehrzahl der Kunden nicht bereit ist, ihr Auto 500 Meter entfernt abzustellen und in die Stadt zu laufen. Auf der anderen Seite gibt es die Innenstadtbewohner, die händeringend nach Parkplätzen suchen. Und dann gibt es noch die dritte Gruppe: Das sind die Menschen, die in der Stadt arbeiten und am liebsten in der Nähe ihres Arbeitsplatzes parken möchten.
Güntner: Richtig. Daran sehen Sie, in welchem Interessenskonflikt sich eine Kommune bewegt. Man will den Aufenthalt in der Stadt möglichst attraktiv machen. Für eine florierende Stadt und einen funktionierenden Einzelhandel braucht man aber auch ein vernünftiges Maß an Parkplätzen. In diesem Spannungsfeld stehen wir. Ich selbst rede mich leicht: Wenn ich zum Einkaufen komme, parke ich am Bleichwasen, und wenn ich zur Arbeit fahre, habe ich eben meinen reservierten Parkplatz. Grundsätzlich haben wir genug Parkplätze. Ich weiß aber, dass das nicht jeder so sieht.
Güntner: Es wundert mich schon, dass so eine Aussage ausgerechnet von den Grünen kommt, denn von dieser Seite erwartet man ja eher die Forderung nach einer möglichst autofreien Innenstadt. Tatsächlich ist es doch so: Vom Parkplatz am Bleichwasen sind es über die Alte Mainbrücke 500 Meter bis zum Marktplatz. Die Distanzen sind also überschaubar.
Güntner: Am liebsten wäre es den Leuten, sie könnten noch in den Laden reinfahren. Aber ich bin da beim Stadtmarketingverein. Ein Ansatz wäre, die erste halbe Stunde Parken kostenlos anzubieten. Ab Minute 31 müsste man mit dem Preis dann allerdings deutlich anziehen. Wenn man unsere Tarife mit anderen Städten vergleicht, sind wir hier noch sehr günstig. Ein anderer Ansatz wären Kurzparkzonen, in denen höchstens 15 Minuten geparkt werden darf. Aber damit lösen wir das Grundsatzproblem nicht. Auf lange Sicht brauchen wir ein Konzept, mit dem es uns gelingt, innenstadtnah noch Parkplätze zu schaffen. Der Platz dafür ist nun einmal begrenzt, die Häuser stehen da, wo sie stehen. Und dass wir auf dem Markplatz oder am Königsplatz ein Parkhaus hinsetzen, wird keiner ernsthaft wollen.
Güntner: In die Tiefe zu bauen ist erfahrungsgemäß immer teurer als in die Höhe. Und dann ist die Innenstadt ja sehr dicht bebaut. Mir als Laie fehlt da die Fantasie, wie ich unter ein bestehendes Gebäude zu bezahlbaren Konditionen eine Tiefgarage bringe.
Güntner: Zum einen auf dem Areal der Polizei. Dort gibt es im Hinterhof bereits zwei Parkebenen – hochinteressant, aber eher mittelfristig zu sehen, denn die Polizei wird dort noch eine Weile bleiben, und wenn sie mal weg ist, müsste man sich mit dem Freistaat einigen, dem das Gelände gehört, und sicherlich auch mit dem Denkmalschutz wegen des Gebäudes. Das zweite Grundstück ist das ehemalige Brauerei-Areal am Stadtausgang Richtung Mainstockheim, das allerdings in privater Hand ist. Allein aufgrund der Hanglage gibt es dort die Möglichkeit mehrerer Parkebenen. Zu Fuß wären es auch nur 500 Meter in die Innenstadt. Beide Standorte liegen direkt an den Hauptverkehrsadern: an der B 8 und der Nordtangente. Besser geht es eigentlich nicht. Die Frage wird sein: Nehmen die Leute es an?
Güntner: Darüber kann man reden. Für mich ist das Anruf-Sammeltaxi nach wie vor die bessere Alternative, weil man da an keinen Fahrplan gebunden ist und weil es in der Regel schneller kommt als der Bus. Ich bin nicht sicher, ob die Mehrzahl der Kitzinger über das Angebot Bescheid weiß, aber es wird mittlerweile gut angenommen. Wir arbeiten derzeit an einer Anbindung der Gewerbegebiete, etwa vom Bahnhof aus. Das kann auch für Unternehmen einen Mehrwert haben, wenn ihre Mitarbeiter mit dem Zug anreisen und dann per Shuttlebus zu ihrem Arbeitsplatz gelangen.
Güntner: Es wird auch in Zukunft Fortbewegungsmittel geben und die Leute werden mobil sein. Da Kitzingen keine weiten Wege hat, wäre es eher zu überlegen, ob man nicht einen Einbahnstraßenring durch die Innenstadt anlegt. Damit würde man eine Fahrspur sparen und Raum gewinnen. Die spannende Frage wäre dann, wie man mit diesem Raum umgeht. Man könnte zum Beispiel mehr Grün in die Stadt bringen oder an manchen Stellen auch Parkraum schaffen. Ich bin überzeugt: Mit einer klugen Verkehrsführung ließen sich viele Bedürfnisse unter einen Hut bringen.
Güntner: Im Mai 2019 wurde dem Stadtrat ja eine Studie präsentiert, wie die Verkehrsflüsse der Zukunft aussehen könnten. Diese Studie wurde aber nie beschlossen oder umgesetzt, weil sie eine gravierende Schwäche hatte: Sie basierte rein auf Zahlen und Daten und hatte keinen der Betroffenen einbezogen. Eine Beteiligung halte ich aber bei einem Projekt von solcher Tragweite für dringend geboten. Deshalb haben wir vergangenen Herbst im Stadtrat beschlossen, ein Konzept aufzusetzen, an dem möglichst alle Betroffenen mitreden sollen: Einzelhändler, Familien, Anwohner. Wir treffen da eine Entscheidung für die nächsten 15, 20 Jahre und arbeiten in der Verwaltung gerade die Aufgabenstellung für den Prozess aus, den dann ein Planungsbüro moderieren soll. Hier geht es um die Innenstadt der Zukunft.