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Iphofen
Sehnsuchtsort Iphofen: Wie ein Paar nach dem perfekten Zuhause sucht
Es klingt wie im Märchen: Ungewöhnliches Pärchen verliebt sich in romantisches Städtchen und landet in Iphofen. Wie die Geschichte endet, ist allerdings höchst ungewiss.
Das schmächtige Torhäuschen vor dem mächtigen Einersheimer Tor in Iphofen lockt immer wieder Interessenten an, steht aber seit Jahren leer.
Foto: Eike Lenz | Das schmächtige Torhäuschen vor dem mächtigen Einersheimer Tor in Iphofen lockt immer wieder Interessenten an, steht aber seit Jahren leer.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 20.02.2024 13:01 Uhr

Es ist eine doppelte Liebesgeschichte. Erst fanden Silke Rock und Uli Popp beim Weinfest in Iphofen zueinander, dann verliebten sich die beiden in das Städtchen. Dort möchten sie nun ihr „Nest“ bauen – „wie das bei einem Paar nun mal so ist“, sagt Uli Popp. Das Pärchen steht am Montagabend etwas schüchtern in der Karl-Knauf-Halle und verliert sich in dem großen Saal. Der Stadtrat tagt an diesem Abend das erste Mal wieder nach der Sommerpause, und diese Gelegenheit möchten die beiden nutzen, gemeinsam mit ihrem Architekten Walter Böhm ihre Idee vorzustellen. Im Grunde geht es darum, das schmächtige Häuschen, das sich unter dem mächtigen Einersheimer Tor duckt, zum Wohnhaus umzubauen und sachte zu erweitern. „Unser Traum“, wie Silke Rock sagt. Der Ausgang der Geschichte: ungewiss.

Diese Geschichte beginnt mit zwei Namen: Rock und Popp. Sie klingen so ungewöhnlich, dass Uli Popp sagt: „Das sind nicht unsere Künstlernamen.“ Man kann sich gut vorstellen, wie das ablief vor drei Jahren, als sie sich auf dem Iphöfer Weinfest kennenlernten. Wie verdutzt sie waren, als sie einander mit Namen vorstellten. Popp stammt aus Erlangen, Rock aus Ochsenfurt. Gemeinsam kehren sie seit dem ersten Kennenlernen immer wieder zurück in das romantische Städtchen mit seinen Toren und Türmen und seiner grünen Stadtmauer am Herrengraben. Nach kurzer Zeit sind sie sich einig: Das soll ihr Lebensmittelpunkt werden. „Wir sind fasziniert von diesem schönen Ort“, sagt Silke Rock. Noch so eine Liebeserklärung.

Das Torhäuschen hat viel erlebt: von Soldaten bis Seuchenkranken

Ganz pragmatisch erklärt Architekt Walter Böhm dem Stadtrat an diesem Abend, wie sich die beiden ihr gemeinsames Nest vorstellen. Schon das Torhäuschen ist ja eine Romanze an sich. Man mag sich kaum ausmalen, was das alte Haus im Laufe der Jahrhunderte alles mitgemacht hat. Den Dreißigjährigen Krieg, die Pest. Die Soldaten, die in die Stadt drängten, die Seuchenkranken, die aus der Stadt hinausgebracht und in dem Haus isoliert wurden. Die ältesten Gebäudeteile stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert, die südlichen Anbauten aus den Jahren ab 1963.

Unscheinbar steht es da im Schatten des mächtigen Einersheimer Tores, das 1427/28 erbaut und dem Bauernaufstand von 1525 trotzte. Ein „Weincafé mit Biergarten“ konnte sich der Architekt und Kunsthistoriker Matthias Wieser dort im Jahr 2016 vorstellen. Wieser wollte nur den spätgotischen und damit historisch wertvollen Kern des Hauses sowie das um 1724 entstandene Fachwerk erhalten und die im Laufe der Geschichte vorgenommenen Anbauten von minderer Qualität wegnehmen. Was der damalige Stadtrat Rupert Maier so kommentierte: „Sie möchten den Pfusch, der im Lauf der Jahrhunderte angehängt wurde, wegnehmen und den Pfusch erneuern.“ Aus der fixen Idee wurde nie etwas, vielleicht auch deshalb, weil das Häuschen – nimmt man alles zusammen – nur 70 Quadratmeter Fläche bietet. Zu wenig für ein tragfähiges gastronomisches Konzept. Gerade genug für ein Paar wie Rock und Popp.

Auch das Rödelseer Tor beflügelt immer wieder die Fantasie. Wohnen in einem Denkmal ist für viele ein attraktiver Gedanke.
Foto: Eichinger-Fuchs | Auch das Rödelseer Tor beflügelt immer wieder die Fantasie. Wohnen in einem Denkmal ist für viele ein attraktiver Gedanke.

Von einer „charmanten Größe“ sprach Walter Böhm, aber – so viel machte der Architekt klar – ohne einen Anbau mit etwa 50 Quadratmetern Wohnfläche würde es kaum funktionieren, dazu noch ein Holzschuppen für Fahrräder und Rasenmäher. Dieser Anbau soll und darf das putzige zweigeschossige Häuschen nicht dominieren oder gar erdrücken. Verkleidet mit Holz, soll er deutlich niedriger werden als das bestehende Gebäude, in dem laut Böhm „wenige Eingriffe“ vorgesehen seien. Insgesamt wären es unter dem Strich dann knapp 120 Quadratmeter Wohnfläche. Den Blick aufs Einersheimer Tor und den Herrengraben gäbe es gratis dazu, wenn die beiden eines Tages in ihrem kleinen Garten sitzen würden.

Die Stadt gibt das Grundstück nur auf Erbpacht-Basis her

„Eine sehr gute Lösung“, findet Zweiter Bürgermeister Hans Brummer, „die Frontansicht bliebe erhalten.“ Dennoch ist ungewiss, ob das Konzept so umgesetzt wird. Denn laut Bürgermeister Dieter Lenzer gibt es weitere Kandidaten. „Drei, vier Interessenten“ habe er in letzter Zeit durch das leerstehende Haus geführt. Die Stadt, so machte Lenzer rasch klar, habe dafür „keinerlei Nutzungsüberlegungen“. Allerdings will sie das Grundstück auch nicht verkaufen. Deshalb komme nur die Weitergabe auf Basis von Erbpacht in Frage. Wer auf Erbpachtland baut, kauft das Grundstück nicht, sondern pachtet es für eine vertraglich vereinbarte Zeit (bis 99 Jahre) und zahlt dafür einen monatlichen oder jährlichen Erbzins.

Über Geld wurde am Montag allerdings nicht gesprochen. Erstens ist unklar, ob die Stadt das Grundstück tatsächlich den beiden überlässt. Und zweitens hätte es den romantischen Rahmen der Geschichte völlig gesprengt.

 
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