
Ganz am Schluss, als auch die letzte Hymne verklungen ist, die Bilanz eines reichen Werks gezogen ist und der von allen Gewürdigte selbst das Wort ergreift, lässt Robert Scheller dann doch ein Zipfelchen der blanken Seele durchblitzen. Zwei Stunden hat er ausgeharrt in Reihe 3 der Aula, umgeben von seiner Frau, seinen Kindern und einem zumeist glücklich glucksenden Enkel. In seiner Rede, die überschrieben ist mit dem großen Wort „Danke“, arbeitet sich Scheller zunächst Punkt für Punkt durch eine Reihe von Danksagungen – das ist ihm ein Bedürfnis. Als die Perspektive des Abschieds dann konkreter wird und er noch ein paar persönliche Worte verliert, wird die Stimme plötzlich brüchig. „Ich habe meine Energie gerne für die anvertraute Jugend eingebracht“, sagt er. Dann ist er weg.
Tosender Applaus nach 17 prägenden Jahren
Für einen Moment verschwindet Scheller hinter der Bühne, und als er wieder zu sehen ist, beginnt das Publikum zu klatschen, erst höflich, dann tosend, schließlich mit stehenden Ovationen. Es huldigt einem Menschen, der am Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach nach eigenen Worten „eine spannende Zeit“ verbracht hat, „17 prägende Jahre“ als Schulleiter. Nun geht er in Ruhestand. Die Fachschaft Kunst hat Schellers Wirken in einem Videoclip in Zahlen gegossen: 3237 Tage, 0,0 Fehltage, 15 409 Unterrichtsstunden, mehr als 6000 Elterngespräche. Und Abt Michael Reepen erinnert in seiner Laudatio an „mehr als 2000 junge Menschen“, denen Scheller hier, auf dieser Bühne, das Reifezeugnis überreicht habe. Es bleiben nüchterne Zahlen an einem Tag der Emotionen, so wie die Zahl, die da im wahren Wortsinn im Raum steht und über dieser Veranstaltung hängt, gebildet aus zwei silbernen Luftballons: 66.

Mit 66 Jahren fängt für Scheller nun ein neues Leben an, und an diesem Nachmittag sind noch einmal viele Menschen gekommen, um mit ihm Abschied zu feiern. Die Landrätin ist unmittelbar von einem Termin aus München hergeeilt, leicht verspätet. Von dort, aus dem Landtag, schickt die Abgeordnete Barbara Becker eine kurze Video-Botschaft. Der Bürgermeister ist da, die Ministerialbeauftragte der Regierung und der Direktor des Katholischen Schulwerks. Domdekan Günter Putz, Theaterliebhaber und langjähriger Weggefährte Schellers, hat sich für den scheidenden Schulleiter eine Rolle überlegt, die diesem auf den Leib geschneidert ist. Es ist die Figur des Figaro aus Rossinis Oper Barbier von Sevilla. „Figaro hier, Figaro da“ – das habe auch für Scheller gegolten. „Er managt den ganzen Laden, ohne dass andere es merken. Er ist immer bestens informiert und hat es faustdick hinter den Ohren.“
Goldener Schlüssel für Robert Scheller
Die Schülersprecherin Jule Bauer nennt ihn „ein Vorbild für uns alle“. Von ihm konnten die Schüler lernen, was es heißt, Lehrer zu sein. Schellers Fürsorge und Vertrauen waren sprichwörtlich. Das spiegelt sich dann auch in der Auszeichnung wider, die ihm Peter Nothaft vom Katholischen Schulwerk verleiht – sie würdigt „Sorgfalt und Hingabe“ dieses „verdienten Schulleiters“. Abt Michael überreicht Scheller den Goldenen Schlüssel, die höchste Anerkennung, die das Kloster zu vergeben hat. Als die Abtei vor 17 Jahren den Posten des scheidenden Direktors Pater Cornelius Hörnig erstmals mit einem „Laien“ besetzt habe, sei man ein „echtes Wagnis“ eingegangen. „Sie brachten den Außenblick mit, der für unsere Schule wichtig war, aber auch manches Eingeschliffene korrigierte“, sagt er.

Nun wird es wieder eine Zäsur geben. Als neuen Direktor stellt der Abt Schellers bisherigen Stellvertreter Markus Binzenhöfer vor. 1992 als Schüler mit dem Abiturzeugnis verabschiedet, ist Binzenhöfer neun Jahre später an die alte Schule zurückgekehrt. „Sie übernehmen ein gut bestelltes Haus, und ich bin sicher, dass Sie es in eine gute Zukunft führen“, sagt Abt Michael. Von „großen Fußstapfen“ ist die Rede, in die Binzenhöfer treten werde. Doch Peter Nothaft vom Katholischen Schulwerk, gibt ihm als guten Tipp mit auf den Weg: „Behalten Sie Ihre Schuhgröße an.“