Aus Hans Müller (65) spricht nur Frust: In Berlin regiere das Chaos unter Beteiligung der FDP. Seine Partei habe ihre Wahlversprechen an die Gastronomie nicht eingehalten. Die Klimapolitik sei ein Desaster und die schnelle Abschaltung der Atomkraftwerke falsch gewesen. Und nun werde auch noch die Landwirtschaft existenzgefährdend belastet.
Aus Müllers Sicht ist das alles zu viel: Er hat nun seinen Austritt aus der FPD erklärt, wie er der Redaktion mitteilt. Nach 17 Jahren Mitgliedschaft und fast ebenso vielen Jahren als Kreisvorsitzender sei ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen, erklärt Müller, der in Wiesentheid eine Anwaltskanzlei betreibt. "Ich habe viel Herzblut in mein Engagement für die Partei eingebracht." Zudem seien auch persönliche Freundschaften in der Partei entstanden.
Doch für Müller überwiegt: "Die Politik der FDP auf Bundes- und Landesebene ist seit geraumer Zeit mit meiner liberalen Grundauffassung nicht mehr vereinbar." Früher sei die FDP die Partei des Mittelstands und der Selbstständigen gewesen. Inzwischen glaubt er, dass viele junge Karrierepolitiker die Partei beherrschten, Senkrechtstarter, denen die lokale Vernetzung und die kommunalpolitische Bindung fehle.
Hans Müller beklagt Missstände in der Bundes- und Landes-FDP
Missstände sieht Müller nicht nur in der Bundes-, sondern auch in der Landespolitik. Er gehörte zu den Kreisvorsitzenden, die den Aufstand gegen den Bayern-FDP-Vorsitzenden Martin Hagen wagten – und verloren.
In Berlin sieht Müller in der FDP-Politik nichts Halbes und nichts Ganzes. Einerseits gebe es jetzt eine Mitgliederbefragung zur Fortführung der Ampel-Koalition, andererseits sei sie für den Parteivorstand nicht bindend. Dabei wünscht sich Müller in Anlehnung an ein Christian-Lindner-Zitat: "Besser nicht regieren als schlecht regieren."
Für sich selbst hat Müller entschieden, zusammen mit seinem Kollegen Mathias Krönert als Parteiloser im Kreistag zu bleiben. Dort bilden beide mit der Kitzinger UsW und der Bayernpartei eine Fraktionsgemeinschaft; das soll so bleiben. In Wiesentheid sitzt Müller im Gemeinderat, allerdings für den überparteilichen Bürgerblock und nicht für die FDP. Auch dieses Mandat will er behalten.
Möglicher Anschluss Müller an die Freien Wähler
Dass er sich mittelfristig politisch neu orientiert, schließt Müller nicht aus. Einer Partei will er nicht mehr beitreten, aber für ihn wäre denkbar, sich auf Kreisebene den Freien Wählern anzuschließen, so sie ihn denn wollen würden.
Mathias Krönert (53), 2020 FDP-Kandidat für das Volkacher Bürgermeisteramt, war wie Müller Beisitzer im Kreisvorstand der Partei. Er hat seinen FDP-Austritt erklärt, will aber seine kommunalpolitische Arbeit als Parteiloser im Kreistag und im Volkacher Stadtrat fortsetzen, in Volkach weiterhin in einer Fraktionsgemeinschaft mit der FWG.
Für den Mitarbeiter in der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim hat die Ampel-Entscheidung zuungunsten der Landwirte letztlich den Ausschlag für den Parteiaustritt gegeben.
"In meinem Beruf berate ich die kleinbäuerlichen Strukturen und Nebenerwerbslandwirte." Sie hätten es in ihrer traditionellen Branche sowieso schwer mit der Wirtschaftlichkeit und den Folgen der Corona-Krise, sagt Krönert. Jetzt würden sie von der Ampel-Regierung und damit von der FDP zusätzlich belastet. Krönert befürchtet, dass weitere Betriebsaufgaben und Flächenstilllegungen die Folge sein werden.
Doch nun gibt es in der Partei gar keine mehr...
Früher ist die Partei für die Freiheitsrechte aller Menschen eingetreten. Inzwischen ist das wenig sichtbar.
Die Freiheit des Einen hört bekanntlich da auf wo die Freiheit des anderen beginnt. Das heißt es braucht auch Regeln. Regeln und Gesetze halten diejenigen in den Schranken, die sich auf Kosten Anderer (Gemeinwohl) Vorteile verschaffen wollen.