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Wiesentheid
Hans Müllers Probleme mit der aktuellen FDP-Politik: "Wir müssen raus aus der Ampel - sie ist unser Untergang!"
Am Dienstag ist Schluss: Hans Müller zieht sich als Chef der Kreis-FDP zurück. Nach 17 Jahren geht er nicht ohne Groll. Er hadert mit der Linie seiner Partei.
Nach der Landtagswahl in Bayern steht die FDP vor der Frage, was falsch gelaufen ist. Kreis-Chef Hans Müller glaubt die Abtworten zu kennen – und zieht sich zurück.
Foto: Christoph Soeder, dpa | Nach der Landtagswahl in Bayern steht die FDP vor der Frage, was falsch gelaufen ist. Kreis-Chef Hans Müller glaubt die Abtworten zu kennen – und zieht sich zurück.
Andreas Stöckinger
Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:48 Uhr

Hans Müller hat genug. Nach 17 Jahren stellt sich der Vorsitzende der FDP im Landkreis Kitzingen am Dienstag nicht mehr zur Wahl für das Amt an der Spitze des Kreisverbands. Die Gründe, die den 65-jährigen Inhaber einer Anwalts- und Steuerkanzlei in Wiesentheid dazu bewogen, hängen auch mit der momentanen Politik seiner Partei auf Bundes-, und Landesebene zusammen. Manches kritisiert Müller, der auch Kreis- und Gemeinderat ist, dabei scharf. Im Gespräch schilderte er seine Sicht der Dinge und redete Klartext.

Hans Müller in seinem Wiesentheider Büro. Nach 17 Jahren stellt sich der Vorsitzende der FDP im Landkreis Kitzingen kommenden Dienstag nicht mehr zur Wahl für das Amt an der Spitze des Kreisverbands. 
Foto: Andreas Brachs | Hans Müller in seinem Wiesentheider Büro. Nach 17 Jahren stellt sich der Vorsitzende der FDP im Landkreis Kitzingen kommenden Dienstag nicht mehr zur Wahl für das Amt an der Spitze des Kreisverbands. 
Frage: Hat das Ergebnis der Landtagswahl sie zu dem Schritt bewogen, nicht mehr als Kreisvorsitzender der FDP zu kandidieren?

Hans Müller: Nein, das Ergebnis war vorhersehbar, das gab nicht den Ausschlag, wir mussten wegen dem anstehenden Landes-und Bezirksparteitag die Versammlung ansetzen, weil sonst unserer Delegiertenrechte ausgelaufen wären. Also dachte ich, dann wählen wir auch gleich den Vorstand neu.

Was sind Ihre Gründe?

Müller: Bei mir kam mehreres zusammen. Seit drei Jahren bin ich wieder im Gemeinderat in Wiesentheid, ich bin im Kreistag, dann ist da der Beruf. Ich habe eine Kanzlei, bin Vorsitzender vom Verein Insolvenzanwalt 24, zu dem 55 Kanzleien in ganz Deutschland gehören. Hinzu kommt noch die FDP, das wird mir einfach zu viel. Zudem muss ich sagen, dass ich derzeit ein Problem mit der FDP-Politik habe.

Wie geht es im Kreisverband weiter? Wird Mathias Krönert der Nachfolger?

Müller: Er wäre mein Wunschkandidat, aber er ist beruflich sehr eingespannt, zudem Kreis- und Stadtrat in Volkach. Michael Möhrer wird es machen, er engagierte sich bereits im Wahlkampf zuletzt sehr. Es wird weiter gehen. Frustration ist natürlich da.

Wie bewerten Sie das Wahlergebnis im Stimmkreis Kitzingen aus FDP-Sicht?

Müller: Das ist ein Spiegelbild der gesamten Situation. Ein Wahlkampf vor Ort macht eigentlich gar nicht so viel aus, das hat sich gezeigt.

Schreiben Sie sich einen Anteil zu, weil man im Wahlkreis vielleicht die falschen Kandidaten hatte?

Müller: Nein, das hätte gar nicht so viel geändert. Man muss aber auch dankbar sein bei einer so kleinen Partei, wenn jemand überhaupt kandidiert, obwohl er weiß, er hat keine Chance. Da gehört schon Idealismus dazu.

Welchen Anteil am FDP-Ergebnis in Bayern hat Ihrer Meinung nach die Arbeit der Ampel in Berlin?

Müller: Man sieht es ja in Hessen genauso: Bei der Watschn, die wir bekommen haben, spielt natürlich zum großen Teil die Arbeit und Politik der Ampel mit rein. Ich sage deutlich, wir müssen raus aus der Ampel, sie ist unser Untergang. Wir bekommen kein Profil damit, wenn wir nur ein bisschen ausbremsen können. Die beiden anderen Parteien sind einfach von uns, der FDP, so weit entfernt, dass es nicht klappt.

Sehen Sie weitere Schwächen?

Müller: Ja. In Bayern ist die FDP absolut farblos und harmlos, die Themen, die dort verfolgt wurden, interessieren die Bürger nicht, sie waren völlig vorbei. Martin Hagen ist für mich nicht der richtige Mann, wenn der Landesverband jetzt sagt: Weiter so mit Martin Hagen, dann muss ich sagen, sie haben es nicht kapiert. Personell müsste sich etwas ändern, die FDP muss einfach mehr Profil zeigen.

Welche FDP-Politiker schätzen Sie am meisten?

Müller: Das sind die, die auch Ecken und Kanten haben, wie ein Wolfgang Kubicki, die können auch irgendwo mal in ein Fettnäpfchen tappen. Die Leute suchen doch nicht nur die langweiligen Politiker. Ein solcher war hier in Bayern auch Albert Duin, unser ehemaliger Landesvorsitzender. Den finde ich immer noch klasse. Was ich auch nicht gut fand: Es gab viele ganz junge Kandidaten, gerade in Unterfranken. Nichts gegen die Jugend, aber wir brauchen auch gestandene Leute.

Wie gut ist die FDP auf Kreisebene aufgestellt?

Müller: Wir sind eine kleine Partei. Die Unzufriedenheit mit der Ampel hängt uns schon nach. Wir müssen sehen, dass wir eine vernünftige Vorstandschaft zusammen bekommen. Als Beisitzer würde ich dabei bleiben, ich kann mich nicht völlig ausklinken. Aber ich möchte aus der Verantwortung raus. Hinzu kommt auch ein Motivationsproblem bei der aktuellen FDP-Politik. Nur das Schlimmste zu verhindern, ist nicht das richtige.

Es gab auch gute Zeiten in den letzten Jahren für die FDP. Welche waren für Sie die besten?

Müller: Das war vor der letzten Bundestagswahl, da hatten wir einige Beitritte. Heutzutage oft online, früher musste man sie ansprechen. Es hat schon auch Spaß gemacht, sonst hätte ich es nicht so lange gemacht. Aber mittlerweile ist es personell in Bayern, auch in Unterfranken, so verkrustet. Nach dem Motto: Bloß keine heißen Themen anfassen. Man muss als liberale Partei nicht für jeden wählbar sein. Unser Klientel ist der Mittelstand, natürlich nicht so sehr der Bürgergeld-Empfänger.

Werden Sie 2026 wieder für Gemeinde- und Kreisrat kandidieren? Wie sehen Ihre Überlegungen aus?

Müller: Kommendes Jahr werden es 40 Jahre, dass ich ein kommunales Mandat bekleide. Wenn ich wieder aufgestellt werde, möchte ich da weiter machen.

 
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  • Peter Koch
    Ich bin mir mit Herrn Müller darüber einig, dass die FDP nichts in der Regierung verloren hat.
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  • Silke Müller
    Ich erinnere mich noch gut, wie Christian Lindner 2017 Jamaika an die Wand gefahren hat und wenige Tage später die SPD ermahnt hat, sie müsse jetzt endlich staatspolitische Verantwortung übernehmen und mit der Union eine Regierung bilden. Auch Müller geht es scheinbar nicht um Verantwortung für das Land, sondern um Profilierung auf Kosten der Regierung. Vielleicht ist das die Ursache für die Niederlage der FDP?
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  • Fabian König
    Genau so ist es. Die FDP hat während ihrer bisherigen Zeit in der Regierung jede nur denkbare Gelegenheit genutzt, durch offene oder versteckte Indiskretionen und ständiges Opponieren und Kritisieren ihren Koalitionspartnern zu schaden, um dann (so wohl das Kalkül) bei der nächsten Wahl sagen zu können: „Ja, das was die Regierung gemacht hat, war Mist, aber ohne uns wäre es noch viel schlimmer gekommen.“ Entschuldigung, aber wie dumm muss man eigentlich sein, um ernsthaft zu glauben, dass sowas funktioniert? Es wäre auch für sie selbst besser gewesen, sie hätten ihre (gemeinsame!) Regierungsarbeit besser verkauft, anstatt so eine Unruhe rein zu bringen und den Menschen nur Angst zu machen. Das Problem an vielen FDP-Politikern ist: Sie halten sich für besonders schlau und denken, sie wären kompetent, nur weil sie gerne Anzüge tragen. So dumm sind die Wähler nicht, als dass sie Dampfplauderer nicht erkennen würden. Die Klatsche für die FDP hat sie sich (wiedermal) selbst zuzuschreiben.
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