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Kitzingen
Nach Razzia bei Pflegedienst in Kitzingen: Heimaufsicht nicht zuständig für "betreutes Wohnen" in Privatwohnungen
Ein Pflegedienst soll sich in Kitzingen auf Kosten alter Menschen die Taschen gefüllt haben. Die Heimaufsicht bekam davon nichts mit. Wie kann das sein?
Dieses Haus in Kitzingen ist wegen Missständen in der Pflege in die Schlagzeilen geratenen.
Foto: Hans Will | Dieses Haus in Kitzingen ist wegen Missständen in der Pflege in die Schlagzeilen geratenen.
Frank Weichhan
 und  Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:38 Uhr

Das ganze Ausmaß des Falles zeichnet sich nach der Razzia der Sonderermittler im Gesundheitswesen erst in Grundzügen ab: Ein regionaler Pflegedienst steht unter Verdacht, mit Abrechnungsbetrug über Jahre hinweg in Kitzingen 2,4 Millionen Euro zu Unrecht von Kassen und ihren Beitragszahlern abkassiert zu haben. Fünf Senioren in erbarmungswürdigem Zustand wurden in Sicherheit gebracht, drei möglicherweise Verantwortliche des Pflegedienstes kamen in Untersuchungshaft. 

Oberstaatsanwalt Matthias Held, Sprecher der federführend ermittelnden Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg, bestätigt: In der dreigeschossigen Wohnanlage mit zwei Eingängen in Kitzingen waren knapp 30 Seniorinnen und Senioren untergebracht - die meisten in besserem Zustand als die fünf Senioren, für die schnell eine bessere Pflege-Einrichtung gefunden werden musste. Und "dies ist nicht das einzige Anwesen, in dem Personen von diesem Dienst gepflegt werden", sagte Held, ohne weitere Standorte konkret zu nennen.

Erst ein anonymer Tipp brachte die Ermittlung ins Rollen

Die Ermittlungen sind geteilt: Die Zentralen Ermittler gegen Korruption im Gesundheitswesen in Nürnberg prüfen, ob der Pflegedienst 2,4 Millionen Euro für Leistungen bezogen hat, die er nicht erbrachte. Die Staatsanwaltschaft Würzburg prüft, ob Straftaten wegen Körperverletzungen der schlecht gepflegten Senioren vorliegen und wer dafür verantwortlich ist.

Warum hat die Heimaufsicht des Landratsamtes, die die Pflegeheime überwacht, nicht früher gemerkt, dass hier etwas im argen liegt? Erst der anonyme Tipp eines Insiders über ein Hinweistelefon brachte Ermittlungen in Fahrt. Das Landratsamt will sich dazu auf Nachfrage nicht äußern. Die Ermittler hätten darauf bestanden, dass allein sie entscheiden, welche Informationen bei diesem Stand der Ermittlungen preisgegeben werden, blockt man dort.

"Privat angemietete Wohnungen mit einem ambulanten Pflegedienst"

Doch Oberstaatsanwalt Matthias Held antwortet nach Rücksprache mit dem Landratsamt mit dem folgenden Statement der Kreisbehörde: "Nach bisherigem Kenntnisstand der Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen (also der sogenannten Heimaufsicht) handelte sich bei dem Objekt um barrierefreie Wohnungen, um betreutes Wohnen. Das heißt: privat angemietete Wohnungen mit einem ambulanten Pflegedienst."

Das Landratsamt habe deutlich gemacht: "Bisher war das Objekt daher nicht als stationäre Einrichtung und auch nicht als ambulant betreute Wohngemeinschaft bekannt." Nur in diesen beiden Fällen sei die Heimaufsicht grundsätzlich zuständig und habe die entsprechenden Berechtigungen und Befugnisse.

Landratsamt prüft weitere Schritte und Maßnahmen

Im Zuge der Polizeimaßnahme war das Landratsamt "im Rahmen der Amtshilfe mit eingebunden und prüft mit den aktuellen neu gewonnenen Erkenntnissen weitere Schritte und Maßnahmen", sagt der Oberstaatsanwalt. Zu den Erkenntnissen aus den Durchsuchungsmaßnahmen könne er momentan keine Angaben machen, um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden.

Inzwischen liegen auch erste Reaktionen von Sozialverbänden vor. Beim 13. Kitzinger Sozialforum des VdK forderte Kreisvorsitzender Hartmut Stiller, dass besser kontrolliert und die Politik hier tätig werden müsse. Auch BRK-Kreisgeschäftsführer Felix Wallström, der bei der Suche nach Ausweichplätzen für die fünf teilweise verwahrlosten Bewohner mitgeholfen hatte, wies auf einen für ihn entscheidenden Umstand hin: Durch ein immer größer werdendes Pflegeproblem würde derartiger Betrug letztlich erst ermöglicht.

 
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