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Würzburg/Kitzingen
Liebhaber finanziell ruiniert: Frühere  Prostituierte erhält vor dem Landgericht Würzburg eine Bewährungsstrafe
War ein Kitzinger wirklich ahnungslos, als er wegen Geld für seine Geliebte Kredite aufnahm? Angesichts vieler Zweifel endete der Fall in der Berufung jetzt mit einem Deal.
Mit einer Verständigung endete der Berufungsprozess gegen eine frühere Prostituierte am Landgericht Würzburg: In zweiter Instanz erhielt die Angeklagte eine Bewährungsstrafe.
Foto: Thomas Obermeier | Mit einer Verständigung endete der Berufungsprozess gegen eine frühere Prostituierte am Landgericht Würzburg: In zweiter Instanz erhielt die Angeklagte eine Bewährungsstrafe.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:27 Uhr

Vor Gericht ist von Liebe keine Spur mehr. Vor zwei Jahren noch auf Wolke sieben und mit gemeinsamen Zukunftsplänen, begegnen sich die damalige Prostituierte und der Ex-Liebhaber aus dem Raum Kitzingen an diesem Dienstag wie Fremde. Am Landgericht Würzburg haben sie keinen Blick und kein Wort mehr füreinander.

Vor zwei Jahren hat der 37-Jährige offenbar sein letztes Hemd für die Frau gegeben - ohne sich betrogen zu fühlen. Er hatte sie über ein Erotikportal kennengelernt. Aus einer bezahlten heißen Nacht entwickelte sich eine Beziehung. Um ihr Leben zu finanzieren, nahm der 37-Jährige einen Kredit nach dem anderen auf. Jetzt hat er rund 70.000 Euro Schulden - und die frühere Prostituierte sitzt auf der Anklagebank: Weil sie von ihm Geld verlangt und kassiert haben soll, das sie gar nicht zurückzahlen konnte.

In erster Instanz zu dreieinhalb Jahre Haft verurteilt, aber Zweifel blieben

In erster Instanz war die 33-Jährige im Juli 2022 vom Amtsgericht Kitzingen zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Doch sie ging in Berufung. Am Dienstag äußerte das Würzburger Landgericht um den Vorsitzenden Richter Michael Schaller Zweifel an dem Urteil, die Verteidiger Klaus Duits weiter nährte. Hatte die Frau ihren Liebhaber wirklich getäuscht? Oder wollte er sich Liebe kaufen und zog die Notbremse, als ihm die Schulden über den Kopf wuchsen?

Denn es gab keinen Darlehensvertrag. Der Mann habe "nie gesagt, dass ich das Geld zurückzahlen muss", hatte die Beschuldigte bereits in erster Instanz betont. Dem Vorsitzenden fehlten nun Belege dafür, dass je über Modalitäten einer Rückzahlung gesprochen worden war. Schon am Amtsgericht hatte der enttäuschte Liebhaber selbst zugegeben, dass ihm die finanzielle Lage seiner Geliebten bewusst gewesen sei: "Wovon hätte sie es zurückzahlen sollen, sie hatte doch nichts." 

Pragmatische Lösung statt langem Verfahren mit ungewissem Ausgang

Angesichts der Zweifel drohte ein langes Verfahren mit ungewissem Ausgang und womöglich weiteren Zeugen aus dem Ausland. Der Vorsitzende Richter schlug deshalb eine zeitsparende Verständigung vor: Das Gericht werde den zweifelhaftesten der sechs angeklagten Fälle - 20.000 Euro für einen Porsche - einstellen. Denn wie sich jetzt herausstellte: Die 33-Jährige hat keinen Führerschein und hätte den Porsche gar nicht fahren können.

Im Gegenzug sollte die Angeklagte, die inzwischen nicht mehr im Milieu arbeitet, die restlichen Vorwürfe ohne langes Zögern zugeben. Dies ermögliche dem Gericht, das Urteil auf eine Bewährungsstrafe zu senken.

Damit waren sowohl die Staatsanwältin als auch der Verteidiger einverstanden. Nur der Ex-Liebhaber schaute ein wenig betreten. Weil 33-Jährige nur das Lebensnotwendigste bei ihrer neuen Tätigkeit verdient, wird er vermutlich auf seinen Kosten sitzenbleiben. Um einen erneuten Auftritt im Zeugenstand mit "womöglich unangenehm bohrenden Fragen", wie Schaller tröstend anmerkte, kam der 37-Jährige indes herum.

Ein "Deal" vor Gericht wie beim Audi-Boss

Das Urteil lautet nun: Statt 42 Monate jetzt 22 Monate Haft – mit Bewährung. Der Vorsitzende verteidigte den pragmatischen "Deal" mit einem aktuellen Vergleich: "Was einem Audi-Boss vor Gericht in München Recht ist, kann uns hier bei so einem Wald-und-Wiesen-Betrug billig sein."

 
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  • J. F.
    Na ja, 70.000 Euro Schulden als Ergebnis des Liebes-Betrugs sind für den 37-jährigen Berufskraftfahrer sicherlich eine extrem harter Schlag. --- Wald-und-Wiesen-Betrug klingt in meinen Ohren da schon sehr verharmlosend. Vorstandsvorsitzende mit dem „Milieu“ auf eine Ebene zu setzten finde ich auch bemerkenswert. Nicht nur vor dem Gesetz herrscht offenbar eine große Gleichheit.
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  • K. K.
    " ich werde nicht schlau ....?? "

    Herr " Schweidler .....übernehmen Sie noch mal.....

    Wenn jemand einen *Porsche verschenkt, braucht die Beschenkte doch keinen Führerschein
    Sie lässt sich vielleicht fahren. Ich kenne solche Chauffeure .... .in WÜ.
    Könnte es einen Zuammenhang geben, zB zuviel " blaue Pillen " ?? Bei soviel *wa.h.re Liebe ?
    Recherchieren Sie doch bittte nochmal...... es gibt nämlich viele - beiderlei Geschlechts - die
    Betroffene sein könnten. Das wäre lehrreich und eine Hilfe..... Dabei war der Mann doch ein guter Mann. UND die Verurteilte auch eine gute Frau. >>> in jeder Lage <<<<
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  • M. S.
    Nein, genau das sagt er nicht: er sagt, was für große Verbrecher gilt, muss auch für kleine gelten.
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  • R. A.
    Was ist ein Wald- und Wiesenbetrug???
    Fehlen dem Richter die Worte für die eigene Entscheidung?
    Ich finde das höchst befremdlich, denn er drückt damit aus: die kleinen hängt man , die großen lässt man laufen…
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  • P. K.
    Sie müssen den Artikel schon richtig lesen.
    Ich finde den Vergleich durchaus zutreffend und auch ein wenig hintersinnig.
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  • S. K.
    im Gegenteil: wenn man die Großen nicht hängt, muss man (erst recht) auch die Kleinen laufen lassen
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