
Übers Internet haben sie sich kennen gelernt. Das erste Treffen eines 36-Jährigen mit einer Prostituierten in Kitzingen endete in einer einjährigen Beziehung. Der offenbar zu dem Zeitpunkt "verblendete und verliebte" Mann nahm für die Frau immer wieder Kredite auf. Am Ende stand er vor dem finanziellen Ruin – und die Frau vor dem Schöffengericht in Kitzingen. Von dort wurde die 32-Jährige jetzt für drei Jahre und sechs Monate hinter Gitter geschickt. Die Frau muss über 62.000 Euro als Wertersatz zurückzahlen und die Kosten des Verfahrens tragen.
Für Richterin Patricia Finkenberger und ihre beiden Schöffinnen stand am Ende fest: "Die Frau hat den Mann ausgenommen wie eine Weihnachtsgans." In mindestens sechs Fällen hatte er seiner Geliebten viel Geld zugesteckt, Beträge zwischen fast 3000 und 25.000 Euro. Dafür nahm der Berufskraftfahrer Kredite auf. Insgesamt kamen so laut Anklage über 70.000 Euro zusammen. Das Gericht bezifferte den finanziellen Schaden am Ende auf 62.000 Euro.
Das Gericht sieht in der Masche der Frau "Lug und Trug"
"Ich habe ihr helfen wollen, wir waren in einer Beziehung", sagte der Mann zu seinem Motiv. Die Frau hat sich nach Überzeugung des Gerichts das Geld mit "Lug und Trug" und auf eine "ganz infame Art" beschafft und dabei die Naivität ihres Opfers ausgenutzt. Neben Zahlungen zum Lebensunterhalt ging es unter anderem um 25.000 Euro für einen Porsche, den die 32-Jährige von ihrer Freundin kaufen wollte, dies aber nie tat.
Dann gab der Mann ihr Geld für eine etwa 8000 Euro teure Goldkette. Mit der wollte sie ihren gewalttätigen Ex-Freund, ein angebliches Rocker-Mitglied, beruhigen. Dann war da eine 13.000 Euro teure Rolex-Uhr, mit dem sie sich von ihren ehemaligen Zuhälter freikaufen wollte. Weit über 10.000 Euro für Möbel für die neue Wohnung der Frau und weitere Beträge kamen dazu. Das Geld wurde übergeben, ohne Quittungen oder Vereinbarungen über die Rückzahlung. Die Erklärung: "Ich glaube an das Gute im Menschen und war sicher, dass sie das Geld zurückzahlt."
Als die Kumpels dem Mann den Kopf waschen, ist es zu spät
Das Vertrauen schwand erst im September 2020, als dem Mann seine prekäre finanzielle Lage deutlich wurde. Zu einem klärenden Gespräch reichte es dennoch nicht. "Sie hat mir gesagt, sie hilft mir beim Abbau meiner Schulden", sagte er. Als die Frau den Mann dann noch einmal um 20.000 Euro bat, um ihre Tochter nach Deutschlang holen zu können, dämmerte es dem Mann offenbar. Er habe Kumpels seine Situation geschildert. "Die haben mir den Kopf gewaschen", sagte er. Danach sei er zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstattet.
Damit lief das Verfahren an, das die Frau jetzt auf die Anklagebank brachte. Dort räumte sie zwar ein, dass der Mann sie unterstützt habe, auch weil sie die Prostitution für ihn aufgegeben habe. "Er wollte mich glücklich machen", sagte die 32-Jährige. Sie habe Geld bekommen, aber nicht in der von der Anklage genannten Höhe. Es sei nie darum gegangen, dass sie das Geld zurückzahlen sollte. "Das waren Geschenke, von Darlehen war nie die Rede."
Staatsanwalt bezeichnet Taten als gewerbsmäßigen Betrug
Diese Aussagen wertete der Staatsanwalt als "reine Schutzbehauptungen". Die Ausführungen des Zeugen und Opfers dagegen seien "glaubhaft, detailreich und ohne jeden Belastungseifer" gewesen. Die Angeklagte habe sich des gewerbsmäßigen Betrugs in sechs Fällen schuldig gemacht. Angesichts des hohen Schadens, der kriminellen Energie und zweier Vorstrafen forderte er drei Jahre Freiheitsstrafe.
Der Verteidiger sah das völlig anders. Man habe zusammen gelebt. Der Mann, der offenbar "verblendet und verliebt" gewesen sei, habe "einen auf dicken Max" gemacht. Er habe gewusst, dass die Frau nach der Aufgabe der Prostitution von ihm lebte. Seine Mandantin habe nicht auf großem Fuß gelebt. "Wo also soll das viele Geld sein?" fragte er. Unterm Strich sei zu viel unklar geblieben. Wenn am Ende Zweifel blieben, habe das Gericht nur eine Möglichkeit: Freispruch.
Davon war das Schöffengericht meilenweit entfernt. Kein Geständnis, keine Reue und Einsicht, keine Entschuldigung und kein Versuch, auch nur einen Euro zurückzuzahlen, zählte die Richterin auf. "Wir überbieten die Staatsanwaltschaft, aber das musste sein", sagte Finkenberger, als sie die dreieinhalb Jahre verkündet hatte. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, ein Gang in die nächste Instanz eher wahrscheinlich.
Dieses Unteil wird die nächste Instanz einkassieren, mit Stumpf und Stil.
Das Verhalten der guten Dame mag moralisch verwerflich sein, aber letztlich ist der Gehörnte selbst schuld, wenn er so liebesblind ist. Schließlich wurde "...das Geld übergeben, ohne Quittungen oder Vereinbarungen über die Rückzahlung..."
Einzig unklar bleiben die beiden Vorstrafen der Dame - MP-Redaktion, welche sind das denn?