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Kitzingen
Letzter Ausweg im Verkehrs-Chaos rund um die A 3 geschlossen: Der Kampf um die Panzerstraße ist verloren
Gekappte Brücken, gesperrte Straßen – schon ist das Verkehrs-Chaos perfekt. Eine Passage durch den Kitzinger Klosterforst wäre ein Ausweg gewesen. Auch der ist jetzt blockiert.
Eine Schranke gab es früher auf halbem Weg der Panzerstraße, an der Gemarkungsgrenze zwischen Kitzingen und Großlangheim mitten im Wald. Diese ist aber schon lange abgebrochen.
Foto: Barbara Herrmann | Eine Schranke gab es früher auf halbem Weg der Panzerstraße, an der Gemarkungsgrenze zwischen Kitzingen und Großlangheim mitten im Wald. Diese ist aber schon lange abgebrochen.
Eike Lenz
 und  Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 16.08.2023 03:25 Uhr

Als klar war, dass durch den A-3-Ausbau zwei Kreisstraßen-Brücken bei Großlangheim und Kleinlangheim abgerissen werden, dass die Kreuzung am Gusswerk in Kitzingen zeitgleich einen Kreisel bekommt und zudem die Staatsstraße zwischen Kitzingen und Großlangheim – ebenfalls zeitgleich – saniert wird und zudem ein paar kleinere Gemeinheiten lauern, als das alles also endlich klar und das Entsetzen über die vielen gleichzeitigen Baustellen im kommenden Herbst groß war, da fiel der Blick auf die Panzerstraße.

Sie wirkte wie ein Himmelsgeschenk. Eine Umleitung, um die Gusswerk-Kreuzung zu umgehen. Über das Himmelsgeschenk könnten Busse und Blaulichtfahrzeuge schnell vorankommen. Wenigstens das, dachte man. Wenn schon ab Mitte September das komplette Stau-Chaos droht, brächte das etwas Linderung. Und man dachte, dass es doch mit dem Teufel zugehen müsste, wenn das nicht klappt. Und siehe da: Es ging mit dem Teufel zu.

Letzter Ausweg im Verkehrs-Chaos rund um die A 3 geschlossen: Der Kampf um die Panzerstraße ist verloren

Dass die "Inbetriebnahme" der Panzerstraße schwer werden würde, stand von Anfang an außer Frage. Die Straße, auf der einst amerikanische Panzer rollten, hat mit der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (Bima) und den Staatsforsten zwei Besitzer. Sie liegt in einem Wald, was das Thema Naturschutz in den Mittelpunkt rücken lässt. Aber bitte: Wenn es um eine Notsituation geht und alle an einem Strang ziehen – warum sollte es nicht klappen?

In Großlangheim gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Die Hoffnung währte nicht allzu lange. Vielleicht ein halbes Jahr, längstens. Wobei sie genau genommen noch da ist, die Hoffnung. Zuletzt scheint sie gerade in Großlangheim zu sterben. In der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause gab man sich noch kämpferisch: Die Panzerstraße entlang des Giltholzes und durch den Klosterforst zur Straße von Kitzingen nach Hörblach wollte man nicht kampflos aufgeben.

"Ich werde dieses Thema weiter verfolgen!", kündigte Bürgermeister Peter Sterk an. Er sprach von "Hoffnung nicht aufgeben" und davon, dass man "doch noch eine Lösung finden" wolle, werde und müsse. Es sei "traurig", ließ er seiner Enttäuschung freien Lauf, "dass die übergeordneten Stellen bisher nicht zusammenkamen".

Die übergeordneten Stellen – das ist zum einen das Staatliche Bauamt in Würzburg, das die Sperrung der Straße zwischen den beiden Zufahrten zum Gewerbepark ConneKT veranlasst. Dazu kommen die Autobahnausbaugesellschaft und das Landratsamt. Außerdem im Spiel: Die Staatsforsten, denen einige Hundert Meter Panzerstraße gehören, sowie die Stadt Kitzingen, die inzwischen den Großteil der Straße von der Bima gekauft hat.

So weit die Gemengelage und eine verbliebene Portion Hoffnung. Vielleicht, so wurde damals am Großlangheimer Ratstisch erwogen, müsse man für die Panzerstraße auf die Barrikaden gehen. Von einer Demo war die Rede, damit die Hoffnung am Leben bleibe.

Die Passage durch den Wald zwischen Kitzingen und Großlangheim gilt als beliebte Abkürzung. Erlaubt ist die Durchfahrt nicht.
Foto: Barbara Herrmann | Die Passage durch den Wald zwischen Kitzingen und Großlangheim gilt als beliebte Abkürzung. Erlaubt ist die Durchfahrt nicht.

Im Kitzinger Landratsamt sieht man das Thema dagegen längst als erledigt an. Es war der 20. Juli, als Landrätin Tamara Bischof es im ÖPNV- und Verkehrsausschuss aus Landkreissicht ein für alle Mal abräumte. Sie informierte das Gremium, dass man nicht länger mit der Panzerstraße plane. Es klang damals nach: Man muss wissen, wann man verloren hat. Am Ende sei alles viel zu aufwendig, viel zu bürokratisch, voller unrealistischer Vorgaben – und letztlich auch viel zu teuer. Die Landrätin nahm das Wort "Reißleine" in den Mund. 

Der Landkreis kann und will viele Auflagen nicht erfüllen

Am Ende hätten demnach die Verhandlungen mit den Staatsforsten das Aus besiegelt: Der Vertrag habe zu viele Forderungen enthalten, die der Landkreis realistischerweise niemals habe erfüllen können. Etwa die Vorgabe, dass die Straße nur von jenen benutzt werde, die eine Erlaubnis haben. Eine Rund-um-die-Uhr-Kontrolle könne, eine teure Absperrvorrichtung wolle man sich nicht leisten. Kilometerlange Kabelstränge legen, um eine mobile, chipgesteuerte Schranke zu installieren – völlig unrealistisch aus Sicht der Verwaltung. Deshalb: Schwamm drüber.

Es ging hier eben mit dem Teufel zu – und der steckte in unendlich vielen Details. Iphofens ehemaliger Bürgermeister Josef Mend bot sich zwar noch als Sondervermittler an und schlug weitere Verhandlungen vor, das Nein jedoch stand wie eine Eins im Raum. 

Bei den Bayerischen Staatsforsten sieht man das ein wenig anders. Eine Anfrage der Redaktion landet im Forstbetrieb Arnstein – und schließlich beim zuständigen Betriebsleiter Christoph Riegert. Sein Haus, so schreibt er Anfang August in einer Mail, habe der Öffnung des betreffenden Forstwegs durch den Klosterforst bereits Ende 2022 "grundsätzlich zugestimmt". Was das denn konkret bedeute, will die Redaktion wissen. Da passiert etwas, was im streitbaren Austausch zwischen Medien und Behörden heute eher selten ist. Der Mann greift zum Telefon und ruft in der Redaktion an. Eine gute Gelegenheit, gezielt nachzuhaken.

Die Forststraße liegt mitten im FFH-Schutzgebiet Klosterforst

Eines stellt Riegert gleich zu Beginn klar: Die Staatsforsten würden helfen, wo sie könnten. Mit Blick auf die rund 40 Seiten Papier, die sein Haus dem Landratsamt im Zusammenhang mit der möglichen Öffnung der Forststraße geschickt habe, spricht Riegert von "Standards" und den üblichen Vereinbarungen. Von den Staatsforsten sei nur ein Teil der vom Landkreis erwähnten Einwendungen gekommen. Es gebe in diesem verzwickten Fall noch ganz viele andere Punkte zu beachten. So liege die Forststraße mitten in einem FFH-Schutzgebiet. Der Naturschutz müsse berücksichtigt werden, die holprige Straße bei Schnee und Eis geräumt werden, was bei deren technischem Zustand kaum möglich sei.

Man habe dem Landkreis – wie in solchen Fällen üblich – den Auftrag gegeben, all diese Punkte zu prüfen. Riegert sagt: "Wir können die Nutzung der Straße aus haftungsrechtlichen Gründen nur gestatten, wenn der Landkreis alle Auflagen erfüllt und den verkehrssicheren Betrieb gewährleistet." Leitpfosten, Schutzplanken, automatische Schranke, ein Krötenzaun – all das hätte der Landkreis veranlassen müssen. Das war des Guten zu viel angesichts der überschaubaren zeitlichen Nutzung der Forststraße und dem Umstand, dass nur ein Teil des Schulbus- und öffentlichen Nahverkehrs darüber gelaufen wäre.

 
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  • Peter Koch
    Für die Staatsforsten, die Lösungsverhinderer, ist doch die Landwirtschaftsministerin Kaniber von der CSU zuständig und ihr Chef ist der selbsternannte Bürokratiefeind Söder. Und natürlich könnte auch der Wirtschaftsminister, Viezeministerpräsident und selbsternannte Bürokratiefeind Aiwanger ein Wörtchen mitreden. Diese Bürokratiefeinde können aber offensichtlich nur södern oder oiwongern.
    Da hilft nix, ausser bei der Landtagswahl abwatschen, dass es nur so scheppert.
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  • Klaus Kiesel
    Armes Deutschland. Alles muss reglementiert werden, aber oft bringt man nichts mehr auf die Reihe. Keinerlei Eigenverantwortung mehr möglich. Ich würde die Straße einfach benutzen.
    Zwischen Oberaltertheim und Waldbrunn "funktioniert" seit Jahren ein asphaltierter Feldweg durch den Wald, über´s Haselsbrünnle:
    Bei Begegnungsverkehr weicht man sich aus, geräumt und gestreut wird nix, das ist bekannt.
    Begrenzungspfosten oder Linien gibt´s nicht, dafür genug Schlaglöcher. Wer die Strecke kennt benutzt sie bei Bedarf und geeignetem Wetter, mit angemessener Geschwindigkeit.
    Wenn sich die Verwaltung raus hält, funktioniert´s oft besser.
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  • Peter Sterk
    Ach ja. Die KT12 und die ST2271 führen durch den gleichen Wald und die gleichen Gebiete.
    Die Autobahn GmbH würde auch unterstützen.
    Wir müssen Lösungen Suchen und Finden und nicht Probleme.
    Ich finde es immer klasse wenn Menschen entscheiden die nicht direkt betroffen sind. ...
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  • Tanja Müller
    Na da freue ich mich ja schon auf meinen Arbeitsweg von Sept. - Dez. Das wird lustig...
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  • Friedrich Hoffmann
    Warum muss man in der Zeit des Klimawandels noch Milliarden in den Ausbau von Autobahnen stecken. Und nicht in den Ausbau der Bahn zum Beispiel den vier Gleisgen Ausbau der Hauptstrecken. Aber noch Keine Regierung hat sich dazu Durchringen können. Man setzt auf den LKW Just in Time. Die Straße ist zum Lager geworden. Vor fünfzig Jahren hat fast jeder klein Bahnhof eine Güterhalle und klein LKW brachten die Güter zu den Umliegenden Verbrauchern.
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  • Max Hegler
    Oh Mensch armes Deutschland. Wie sieht es aus mit Benutzung auf eigene Gefahr, dieser Weg wird weder geräumt noch gestreut und da keine Fahrbahnmarkierung da ist einfach Tempo 30 . Sieht fast danach aus das hier keiner Verantwortung übernehmen will. Manchmal ist es auch ganz gut wenn man den Menschen auch ein wenig die Verantwortung überlässt. Prakmatismus über Bürokratismus! Macht's einfach!
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  • Thomas Friedrich
    In unserer "Vollkaskomentalität" ...Eigenverantwortung ist in unserer heutigen Gesellschaft schon lange ein Fremdwort!....der Rechtsanwalt wird's richten....Tempo 30, dass ich nicht lache...fährt kein Mensch....von daher, kann ich die Verantwortlichen völlig verstehen...
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  • Arnold Friedrich
    @Hegler
    Den Menschen auch ein wenig Verantwortung überläßt.
    Der Satz ist genau der springende Punkt.
    Viele Menschen suche für Ihr Fehlverhalten immer einen Schuldigen.
    Sieht man an den vielen Streitereien und Gerichtsprozessen.
    Und wenn dann einer nachts um 24 Uhr im Winter von der Straße rutscht, dann ist der böse gleich das Straßenbauamt , weil nicht geräumt/ gestreut.
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