Die Einsturzgefahr für das Kitzinger Tierheim hat Wellen geschlagen. Diverse Radio- und Fernsehsender berichteten über das allmähliche Nachgeben der unter dem Gebäude liegenden Bergbaustollen und auch die Stadt Kitzingen als Eigentümer hat reagiert: Das Liegenschaftsamt sei dabei, Standorte für einen möglichen Neubau der Einrichtung zu finden, erklärte Oberbürgermeister Siegfried Müller auf Anfrage.
Die zunehmenden Risse in fast allen Bereichen des Tierheims haben eine alte Ursache: Von 1891 bis 1908 betrieb der Ziegeleibesitzer Paulus König im Hang einen Kalksteinabbau. Die Gruben – gerade mal fünf Meter unter den Gebäuden – geben offensichtlich nach.Erstmals 1990, als das Tierheim einige Anbauten errichtete, sei es es zu „massiven Senkungen und Schiefstellungen“ im Bereich des Carports gekommen, schreibt das Bergamt Nordbayern.
Monitore beobachten Bewegungen im Untergrund
Der Untergrund schwächelte auch in späteren Jahren. Stärkere Risse zeigten sich laut Bergamt Anfang 2017. Ursache seien wohl „Bewegungen“ im Bereich der einstigen Gruben. Wie heftig die sich auswirken, das sollen sogenannte „Rissmonitore“ anzeigen, die im Tierheim angebracht werden. Dadurch solle ein möglicher Einbruch „frühzeitig erkannt werden“.
Das Bergamt schließt einen plötzlichen Ernstfall nicht aus, hält aber in der „momentanen Situation“ eine Weiternutzung der Gebäude für möglich. Was die Behörde aber fordert, sind ein Notfallplan und eine „zeitnahe“ Sanierung – sprich Verfüllung – der Stollen.
Stadt denkt über Neubau nach
Weil da im Minimum 850 000 Euro (ohne Planung und Bauleitung) im Untergrund verschwänden, denkt die Stadt als Eigentümer laut OB Müller auch über einen Neubau nach. Neben der Suche nach geeigneten Grundstücken müsse die Frage geklärt werden, wer bei der Finanzierung des neuen Tierheims mitzahlen werde und welche Zuschüsse zu kriegen seien. Klar für Müller: „Wir wissen um unsere Verantwortung und werden da auch reagieren müssen.“
So sieht es auch das Bergamt. Die Stadt sei in der Pflicht zur Gefahrenbeseitigung und müsse gemeinsam mit dem Tierschutzverein einen Notfallplan „für eine mögliche Räumung“ erarbeiten. Das Problem dabei: Ein Ausweichquartier für die derzeit gut 50 Tiere existiert nicht. Bei einem Zwangsauszug stünden das Tierheim-Team und seine Schützlinge erst mal auf der Straße.
Wie ernst die Bergbauexperten das Problem der nachgebenden Stollendecken nehmen, zeigt sich in einem Schreiben der Behörde vom 14. März: „Eine erweiterte Nutzung mit einer erhöhten Anzahl von Personen, wie das jährliche Herbstfest, die über den täglichen Betrieb hinausgeht, ist zu unterbinden, um kein zusätzliches Risikopotenzial zu schaffen.“
Probleme hat nicht nur der Tierschutzverein
Der Bergbau in und bei Kitzingen ist ein Problem mit dem sich nicht nur der Tierschutzverein herumschlagen muss. 2014 beispielsweise beschäftigte ein rund 80 Meter langer Stollen die Bahn. Die musste den Hohlraum an der Bahnstrecke nahe der Nordtangente für teures Geld verfüllen. Die Baustelle behinderte gut eineinhalb Jahre den Verkehr.
Weil in Mainstockheim ebenfalls der Bergbau einzelne Bereiche durchsacken lässt und Einbrüche der Gruben möglich sind, ist das Bergamt auch hier aktiv gewesen. Die Empfehlung: Die Stollen müssen verfüllt werden, vordringlich in den Bereichen, wo Straßen verlaufen.
Gut eine halbe Million Euro könnte fällig werden. Und auch hier heißt es: Die Decke über den Gruben könnte einbrechen – allmählich oder ganz plötzlich.