Wasserverbrauch, Plastikfolien, beheizte Felder: Ist Spargel nachhaltig? Und wie sieht es mit dem beliebten Gemüse aus der Region Franken aus? Ob man fränkischen Spargel mit Genuss und ohne schlechtes Umweltgewissen essen kann, sagen Christine Müller vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kitzingen-Würzburg, Martin Schulz von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), Miriam Adel vom Spargel-Erzeugerverband Franken und Lisa-Maria Puschak vom Bayerischen Bauernverband.
Regionalität: Wie viel des hierzulande gegessenen Spargels kommt aus Deutschland?
Lebensmittel anzubauen sei immer ein Eingriff in die Natur, sagt Martin Schulz. Doch die Nachfrage nach Spargel sei groß. "Der Verbraucher möchte an Ostern Spargel auf dem Tisch haben", sagt der Ingenieur beim Gemüsebauversuchsbetrieb der LWG in Bamberg. Regionaler Spargel sei dabei eindeutig nachhaltiger als südeuropäischer oder gar peruanischer Spargel.
Zum Vergleich: Die Bilanz der Kohlenstoffdioxid-Emissionen von einem Kilogramm Spargel beträgt acht Kilogramm CO2, wenn der Spargel in Peru angebaut wurde und per Luftfracht zu uns kommt, 2800 Gramm CO2, wenn der Spargel aus Südeuropa mit dem Schiff hierher transportiert wird und 800 Gramm CO2, wenn er in Deutschland angebaut wird.
Die gute Nachricht: Der heimische Spargel hat den peruanischen Wüstenspargel nahezu vom Markt verdrängt. Ebenso wie den südeuropäischen Spargel. 86 Prozent des in Franken gegessenen weißen Gemüses stammt aus heimischer Produktion. "Diesen hohen Selbstversorgungsgrad gibt es bei keinem anderen Gemüse", sagt Christine Müller vom AELF.
In Franken gibt es 283 Spargelbetriebe. Das sind mit 61 Prozent die meisten Betriebe innerhalb Bayerns. "Wir sind sehr nah am Verbraucher", sagt die Gartenbau-Expertin. Dabei würden nur etwa 24 Prozent der gesamten, etwa 4000 Hektar großen Spargelanbaufläche Bayerns in Franken liegen.
Tipp: Spargel direkt vom Spargelhof hat nicht nur die geringste CO2-Bilanz, sondern schmeckt auch frischer und hat höhere Vitamingehalte als Supermarkt-Spargel, der transportiert und gelagert wurde.
Plastikverbrauch: Wie viel Fläche wird durch den Spargelanbau versiegelt?
Die schlechte Nachricht: Ohne die Abdeckung der Dämme mit Folien gäbe es Anfang April noch keinen Spargel aus Franken. "Die schwarz-weiße Abdeckung auf dem Spargeldamm ist das einzige Steuerungselement, das wir im Spargelanbau haben", sagt Miriam Adel vom Spargel-Erzeugerverband Franken.
Da der Spargel mindestens zwölf Grad und idealerweise 18 bis 20 Grad an der Wurzel benötige, liege zu Beginn der Spargel-Saison die schwarze Seite der Folie oben, um die Kraft der Sonne auszunutzen. Bei heißen Temperaturen werde die Plane umgedreht. Die weiße Seite liegt oben. "So können wir das Wachstum begünstigen oder etwas bremsen", sagt Adel.
Immer beliebter wird ein Mini-Tunnel über der Schwarz-Weiß-Abdeckung, der noch etwas mehr Wärme erzeugt. Oder sogar ein weiterer Tunnel als Dreifachabdeckung obendrüber. Dadurch gelangt noch früher heimischer Spargel auf den Markt, der zu Beginn der Spargelsaison stets höhere Preise erzielt als später, wenn eine größere Menge verfügbar ist. Zwischen 40 und 65 Prozent pro Hektar Anbaufläche würden so mit Folie versiegelt, sagt Martin Schulz.
Wie viel Folie auf dem Acker tatsächlich eingesetzt wird, hängt also davon ab, wie sehr das Spargelwachstum verfrüht wird. Im Gegensatz zur einfachen Schwarz-Weiß-Abdeckung ist es laut Christine Müller bei zusätzlichen Mini-Tunneln rund doppelt so viel.
Tipp: Spargel erst bei frühlingshaftem Wetter ohne Bodenfrost kaufen. So wird der Folieneinsatz reduziert. Außerdem ist der Spargel günstiger.
Folienabdeckung: Ist ihr Ruf schlechter als er sein müsste?
Die Abdeckung der Spargelhänge mit Plastik-Folie wird oft kritisiert. Doch Martin Schulz von der LWG sagt: "Ohne Folie ist kein gewinnbringender Spargelanbau möglich." Ähnlich sieht es Christine Müller vom AELF. Die Folie sichere Qualität und Frische des Spargels. Sie verhindere, dass das Gemüse bei sommerlichen Temperaturen ungebremst wächst. Ohne Folie müsste man mehrmals am Tag stechen, die Spargelstangen würden sich verfärben. "Es gäbe einen Haufen Spargel, der nicht vermarktet werden kann", sagt Schulz. Dies sei Lebensmittelverschwendung. Und obendrein hätten die Bauern viel zu wenig Ertrag, ergänzt Müller.
Der Vorteil der Folie: Der Boden trocknet nicht so schnell aus. Die Verdunstung wird herabgesetzt. Während der Spargel-Saison ist keine Bewässerung nötig. Die Abdeckung verhindert zudem den Wuchs von Unkraut und hält Schädlinge wie die Bohnenfliege davon ab, ihre Eier abzulegen.
Der Nachteil der Folie: Der Boden kann während der Abdeckung kein neues Niederschlagswasser aufnehmen. Insekten und bodenbrütenden Vögeln wird, solange der Hang abgedeckt ist, Lebensraum genommen. Bei Starkregen kommt es auf hügeligem Gelände zu Bodenerosion: In Oberbayern sei das ein Problem, in Franken dagegen nicht, denn hier gebe es kaum Gefälle auf den Spargelanbauflächen, so Christine Müller.
Außerdem sei die Versiegelung zeitlich begrenzt. Spätestens nach acht Wochen werde der Hang aufgedeckt. Der Spargel werde dann ökologisch wertvoll, sagt Martin Schulz. Er blühe fast ununterbrochen und sei eine permanente Bienenweide sowie wichtige Nahrungsquelle für Wild.
Werden Spargel-Folien sachgerecht eingesetzt, können sie sieben bis acht Jahre lang verwendet und anschließend als Mono-Rohstoff Polyethylen über das System ERDE zurückgegeben und zu neuen Folien recycelt werden. Dieser Kreislauf sei nachhaltiger als die Nutzung biologisch abbaubarer Folien, die noch nicht die gleichen thermischen Eigenschaften besäßen, jedes Jahr neu hergestellt werden müssten und sich zudem nicht vollständig im Boden zersetzten, sagen die Spargel-Experten.
Tipp: Direkt am Spargelhof nachfragen, wie sehr der Spargel verfrüht wird (Einfach-, Zweifach- oder Dreifachabdeckung) und ob die Folie über das Rücknahme-System ERDE recycelt wird.
Wasser: Wie viel braucht der Spargel im Vergleich zu anderem Gemüse?
"Ohne Wasser läuft im Gemüseanbau nichts", sagt Christine Müller vom AELF. Sie schätzt, dass etwa 30 Prozent der Spargelflächen in Bayern, vorrangig im trockenen Unterfranken, nach der Ernte mit Tropfbewässerung bewässert werden. Spargel habe in etwa den gleichen Wasserbedarf wie eine Möhre. Das heiße, so Lisa-Maria Puschak vom Bayerischen Bauernverband: "Spargel kommt mit Trockenheit besser zurecht als andere Gemüsearten."
Bewässert werden muss Spargel in Bayern in der Regel nur einmalig, wenn er frisch gepflanzt wird sowie nach Bedarf bei starker Trockenheit. Die Pflanze kann bis zu zwei Meter tief im Boden wurzeln und sich dort alle Nährstoffe holen. "Ökologisch gesehen gehört der Spargel deshalb nicht in die peruanische Wüste, sondern in unser humides Klima nach Deutschland", sagt Schulz.
Tipp: Bei Spargel aus deutschem Anbau wird weniger Wasser verbraucht als bei importiertem Spargel aus Südeuropa oder gar Südamerika.
Bio oder konventionell: Welcher ist der bessere Spargel?
Spargelstangen kommen im Vergleich zu anderen Gemüsearten aus konventionellem Anbau nicht mit Pestiziden in Berührung, so Christine Müller. Denn die Pflanzen werden erst nach der Ernte behandelt. Danach vergehen bis zu zehn Monate, bis die neuen Sprossen kommen. Das Risiko von Ernteeinbußen sei bei Bio-Spargel allerdings wesentlich höher, sodass es in ganz Franken nur eine Handvoll Biobetriebe gebe, sagt Christine Müller. Nur auf windoffenen Lagen könnten Pilze oder Schädlinge ökologisch effektiv ausgeschaltet werden.
Tipp: Bio-Spargel ist zwar besser für die Umwelt, aus gesundheitlicher Sicht ist konventioneller Spargel aber genauso gut.
Beheizte Felder: Gibt es sie auch in Franken?
Einzelne beheizte Spargel-Felder in Bayern gibt es. "Leider", sagt Martin Schulz von der LWG. Doch glücklicherweise sei dies eine Minderheit, die ihren Spargel so noch früher auf den Markt bringe. In ganz Franken gebe es aber keine beheizten Spargelfelder, so Müller.
Tipp: Spargel mit dem Siegel "geschützte geographische Herkunft" wird nicht auf beheizten Feldern angebaut.
Arbeitskräfte und Gewinn: Wie steht es um die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit beim Spargel?
"Spargel ist die Gemüseart mit der höchsten Wertschöpfung in Bayern", sagt Martin Schulz. Landwirtinnen und Landwirte verdienten mit Spargel am meisten. Der Grund für die Erfolgsgeschichte des Spargels sei sein Image: Er gilt als Edelgemüse. Verbraucherinnen und Verbraucher seien bereit, zwölf Euro und mehr pro Kilogramm zu bezahlen und das Gemüse in der Spargelsaison direkt vom Hof bei ihrem regionalen Produzenten zu kaufen. Bei geschäftstüchtigen Erzeugern gehöre zum "Produkt-Branding" gleich noch der Hofladen, das Restaurant oder sogar der Urlaub auf dem Bauernhof dazu.
Der Markt sorge dafür, dass sich auch die harten Arbeitsbedingungen für die Erntehelferinnen und -helfer aus Rumänien und Polen verbessern, so Schulz. Einerseits durch den Mindestlohn. Andererseits dadurch, dass Spargel unter der Abdeckung nur einmal am Tag aus dem feuchten Damm gestochen werde, sagt Lisa-Maria Puschak vom Bauernverband.
Die LWG plant noch in diesem Jahr, einen neuartigen Spargel-Stech-Roboter auf seine Praxistauglichkeit zu testen, der selektiv die erntereifen Stangen erntet. Würde sich die Maschine durchsetzen, könnte dies die Arbeit erleichtern und auch für den deutschen Arbeitsmarkt attraktiver machen. Derzeit werde auf den Spargel-Feldern etwa eine Saisonarbeitskraft pro Hektar eingesetzt, schätzt Miriam Adel.
Tipp: Beim Kauf direkt vom Spargelhof können sich Verbraucherinnen und Verbraucher über alle Produktionsprozesse vor Ort informieren und sich zugleich mit weiteren regionalen Produkten eindecken.
Fazit: Wie nachhaltig ist Spargel aus Franken?
Von einer "Erfolgsgeschichte des Spargels" spricht Martin Schulz. Denn bei dem Gemüse funktioniere, was bei der Kartoffel oder der Erdbeere (noch) nicht klappe: Heimischer Spargel habe ein sehr gutes Marken-Image, das Verbraucher dazu erzogen habe, saisonal und vor allem regional zu kaufen. Wie nachhaltig das einzelne Kilo Spargel am Ende ist, entscheide der Käufer selbst, abhängig davon, wo und vor allem wie früh er seinen Spargel kauft. Und natürlich dadurch, ob er eingelagerte Kartoffeln aus Franken oder Frühkartoffeln aus Israel zu seinem fränkischen Spargel esse.
Den Hype darum verstehe wer will…