120 Liter Regen sind seit Donnerstagabend in Wiesentheid gefallen, in der Marktgemeinde und mehreren Ortsteilen Land war Land unter. Doch viele Orte im Landkreis Kitzingen waren von Überflutungen betroffen. Aus Castell, Prichsenstadt, Geiselwind, Rüdenhausen und mehreren Ortsteilen Iphofens wurden starke Überschwemmungen gemeldet. Und die Flut bewegt sich am Freitagabend wohl weiter Richtung Schwarzacher Becken.
„So etwas hatten wir noch nie“, sagte ein Wiesentheider, der ungläubig auf die Wassermassen starrte, die über die Eisenbergringstraße schossen und bei der Steigerwaldhalle in die Jahnstraße flossen. An der Steigerwaldhalle füllte die Freiwillige Feuerwehr Wiesentheid, unterstützt von freiwilligen Helfern, Sandsack um Sandsack ab. Diese wurden überall dringend benötigt. Denn zum Beispiel in der Jahnstraße hatten sich die Wassermassen bei der Bahnüberquerung gestaut. Dort versuchte man ein Eindringen des Wassers in die Keller der Häuser und in die Gebäude zu verhindern.
Die Jahnstraße in Wiesentheid habe sich als Einsatzschwerpunkt herauskristallisiert, bestätigte das Landratsamt in einer Pressemitteilung. Dort war die Feuerwehr mit hoher Mannstärke und dem THW im Einsatz. In Dornheim, Nenzenheim und Geiselwind, Einsatzschwerpunkte am Freitagvormittag, habe sich die Lage gegen Freitagmittag wieder etwas entspannt.
Kreisbrandrat Dirk Albrecht rechnete am Freitag gegen 16 Uhr damit, dass sich zum Abend hin die Lage im Schwarzacher Becken zuspitzt. Rund 80 Prozent der Feuerwehren im Landkreis Kitzingen seien bereits im Einsatz, weitere kämen noch hinzu. Zudem fordere man neben der aus Würzburg noch Hilfe aus dem Landkreis Schweinfurt an. Es gehe nun darum, sagte Albrecht, auch eine Ablösung zu organisieren. "Die Einsätze sind bis 22 Uhr geplant, aber vielleicht wird's auch länger."
Diese Straßen sind gesperrt
Viele Straßen waren am Freitag komplett oder halbseitig gesperrt, auch Kreisstraßen wie die KT40 Neuses a. Sand/Brünnau, die KT12 von Großlangheim nach Rödelsee, die KT24 von Wiesentheid nach Untersambach und die KT 19 von Iphofen nach Birklingen. Auch die Ortsdurchfahrt durch Obernbreit war gesperrt. Weitere Straßen waren stark beeinträchtigt, informierte das Landratsamt.
Viele Häuser standen im Wasser, Keller voll Wasser. Und den Vormittag über ließ der Regen nicht nach. Der Deutsche Wetterdienst hatte zwar vor ergiebigem Dauerregen bis 14 Uhr und Niederschlagsmengen zwischen 40 und 70 Liter pro Quadratmeter im Landkreis Kitzingen gewarnt, doch diesen Wert hatte Wiesentheid bereits am Vormittag bei Weitem überschritten.
Weiher in Dornheim lief über
Zur selben Zeit überflutete der Hirtenbach vor Nenzenheim bereits die Wiesen. Zwischen Nenzenheim und Dornheim staute sich das Wasser an der Straße und bildete Seen. Nach Durchlässen schoss das Wasser dann talabwärts Richtung Breitbach. Etliche Felder waren überflutet. In Dornheim lief der Weiher beim Feuerwehrhaus über. Die Freiwillige Feuerwehr Dornheim, unterstützt von ihren Kollegen aus Nenzenheim, pumpte das Wasser mit vereinten Kräften ab, damit das Dorf nicht überflutet wurde.
Castell: Gründleinsbach floss auf B 286
Die Durchfahrt durch Castell war zeitweise wegen Überflutung gesperrt. Die Feuerwehr leitete den Verkehr um. Innerhalb kürzester Zeit trat der Gründleinsbach über die Ufer und nutzte die Bundesstraße 286 als neues Bachbett. Zudem verwandelte die Bibart den Talbereich zwischen Birklingen, Ziegenbach und Enzlar in eine Seenlandschaft.
Spezialfahrzeug im Einsatz
Auch die Feuerwehr Volkach war zur Unterstützung der lokalen Feuerwehren die komplette Nacht über mit dem Spezialfahrzeug für Hochwasser und Starkregen erst in Dornheim und dann in Wiesentheid im Einsatz, teilte deren Pressesprecher Moritz Hornung mit. Bei dem Katastrophenschutzfahrzeug handelt es sich um einen Versorgungs-Lastkraftwagen, beladen mit Spezialausrüstung. Er verfügt über 18 Pumpen mit einer Gesamtpumpleistung von rund 35 000 Liter pro Minute und wurde vom Freistaat Bayern in Volkach stationiert.
Die Gemeinde Wiesentheid rief dazu auf, Gegenstände in den Gärten zu sichern, damit diese nicht in die Durchlässe geschwemmt werden könne. Die Starkregenfälle der vergangenen Nacht hätten dazu geführt, dass die Vorfluter die großen Wassermassen teilweise nicht mehr aufnehmen können.
Dank der Landrätin für die Einsatzkräfte
Am Freitag bedankte sich Landrätin Tamara Bischof bei der gesamten Blaulichtfamilie und den Bauhöfen für deren unermüdliche Arbeit: „Unsere Feuerwehren, das THW und unsere Bauhöfe leisten Großartiges im Kampf gegen die Wassermassen.“ Sie könne sich kaum erinnern, dass es in einem Sommer schon einmal so viele Einsätze wegen Starkregen gab, heißt es in der Pressemitteilung des Landratsamtes.
Auch der Kreisbauhof sei selbstverständlich vor Ort, kümmere sich um die Kreisstraßen, stehe aber auch den Gemeinden zur Seite mit Mitarbeitern und Maschinen. Ebenfalls in Bereitschaft gesetzt wurden die Hausmeister der Landkreisschulen und am Kreisbauhof werden zudem Sandsäcke befüllt.
Hinweis zur Überschwemmungswarnung
Auf der offiziellen Seite des Hochwassernachrichtendienstes war für für den Landkreis Kitzingen am Freitagabend keine Hochwasserwarnung ausgesprochen. Dennoch warnte das Landratsamt insbesondere an den Gewässern mit dem Einzugsgebiet Steigerwald vor starken Überschwemmungen, die noch höher liegen können als beim Hochwasser 2013.
Gemeinden am Main, die am Hochwassernachrichtendienst teilnehmen, müssten sich auf das Erreichen der Meldestufe 1 am Sonntag oder Montag einstellen. Die Aufforderung des Landratsamtes lautet: "Bitte informieren Sie sich über die Pegel auf der Internetseite hnd.bayern.de."
Katastrophenfall im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim
Im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim wurde um 16 Uhr der Katstrophenfall ausgerufen. Der Unterricht an den Schulen war bereits am Vormittag eingestellt worden und eine Notbetreuung eingerichtet.
Im Nachbarlandkreis kam es vereinzelt zu Erdabrutschen und entwurzelten Bäumen. Das Hochwasser bedrohte auch Firmengelände, auf denen teilweise Gefahrenstoffe gelagert werden, teilte das dortige Landratsamt mit. Personen wurden in ihren Fahrzeugen in Unterführungen vom Wasser eingeschlossen und mussten geborgen werden.