zurück
Kitzingen
Hochwasser: Was THW-Chef Alexander Fischer Betroffenen empfiehlt
Schon wieder hängen Regenwolken über dem Landkreis Kitzingen. Alexander Fischer vom THW wäre bereit für den nächsten Einsatz – und ruft dazu auf, Vorkehrungen zu treffen.
Das Wasser stoppen: Das Foto entstand am Sonntag, wo sich auch in Münsterschwarzach noch an vielen Stellen die Folgen des Hochwassers zeigten. Auch Alexander Fischer, der am Freitag und Samstag als Örtlicher Einsatzleiter die Hilfsorganisationen koordinierte, rät dazu, selbst Vorkehrungen zu treffen.
Foto: Patty Varasano | Das Wasser stoppen: Das Foto entstand am Sonntag, wo sich auch in Münsterschwarzach noch an vielen Stellen die Folgen des Hochwassers zeigten.
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 10.02.2024 14:30 Uhr

Blaulicht, überall Blaulicht: Das war der Eindruck aus mehreren Orten am Freitag. Die Wassermassen überschwemmten den Landkreis Kitzingen – und Dutzende Feuerwehren, BRK, THW und Polizei waren zur Stelle. Den Einsatz der Hilfskräfte koordiniert hat Alexander Fischer, Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks (THW) Kitzingen. Am frühen Freitagabend ernannte ihn der Landkreis zum Örtlichen Einsatzleiter. Im Interview spricht er von einem langen Wochenende mit wenig Schlaf und großer Hilfsbereitschaft. Er ist bereit für den nächsten Regen – und nimmt die Anwohner in die Verantwortung.

Alexander Fischer ist Ortsbeauftragter des THW Kitzingen und war beim Hochwasser-Einsatz zum Örtlichen Einsatzleiter ernannt worden.
Foto: Gerhard Krämer | Alexander Fischer ist Ortsbeauftragter des THW Kitzingen und war beim Hochwasser-Einsatz zum Örtlichen Einsatzleiter ernannt worden.
Frage: War Ihnen die Dimension des Einsatzes am Freitagmorgen gleich klar?

Alexander Fischer: Nein, überhaupt nicht. Ich habe die Arbeit am Freitag um 9 Uhr verlassen und hätte nicht gedacht, dass ich das halbe Wochenende in Wiesentheid verbringe. In der Nacht auf Samstag hatte ich nur fünf Stunden Schlaf. Erster Einsatzort am Freitag war aber Geiselwind, dort ging das Hochwasser extrem schnell los, dorthin wurde ich zur Unterstützung gebeten. Dann ging's weiter nach Wiesentheid.

Sind Sie es gewohnt, Einsätze von solcher Dimension zu leiten?

Fischer: Nein, das war neu für mich. Ich bin zwar ausgebildet, um solche Einsätze beim THW und auf Landkreis-Ebene zu führen, aber den Job als Örtlicher Einsatzleiter hatte ich jahrelang nur in der Theorie geübt. Dass ich dann wirklich solche Dimensionen an Einheiten durch die Gegend schicken und Vieles entscheiden muss, ist das erste Mal gewesen.

Und wie ist das erste Mal nun aus Ihrer Sicht gelaufen?

Fischer: Da schaltet man dann wirklich auf ein System um und arbeitet das Programm ab. Das Wichtigste ist: Man muss das passende Team dazu haben. Und das hatte ich, auch mit dem neuen Führungsteam der Landkreisfeuerwehr hat das super funktioniert. Ohne die Jungs und Mädels im Hintergrund, ebenso wie meinen Einsatzstab vom THW, hätte ich keine Chance gehabt. Unterstützt wurde ich ebenfalls vom Führungsstab des Landratsamtes. Das Vorgehen ist über die Jahre geübt und geplant für den Tag X, jetzt war er halt am Wochenende da.

Der örtliche Einsatzleiter Alexander Fischer (rechts) bei einer Lagebesprechung am Samstagnachmittag.
Foto: Corinna Petzold-Mühl | Der örtliche Einsatzleiter Alexander Fischer (rechts) bei einer Lagebesprechung am Samstagnachmittag.
Macht so ein Einsatz trotzdem Spaß?

Fischer: Natürlich ergötzt man  sich nicht an dem Leid anderer und hat dadurch Spaß. Aber diese Teamarbeit und zu sehen, dass man zusammen was erreicht, das hat Spaß gemacht. Und vor allem, dass man motivierte junge und alte Menschen hat, die zusammenhelfen für andere Menschen in einer Notlage, das war toll.

Gibt es etwas zu verbessern für den nächsten Einsatz?

Fischer: Wir sind zufrieden, werden das aber noch genau analysieren. Was absolut gut war, war die Zusammenarbeit der ganzen – auch überörtlichen – Organisationen, ob das jetzt Weiß, Rot oder Blau war, oder noch mal Blau, also die Polizei. Aber auch Privatunternehmen brachten sich ein – und ganz besonders die Bürger. Deren Hilfsbereitschaft hat auch den Wiesentheider Bürgermeister beeindruckt. 

Worauf stellen Sie sich für die kommenden Tage noch ein?

Fischer: Wir haben am Sonntag noch Vorkehrungen getroffen, um das Ausmaß für Geesdorf zu minimieren. Dorthin und nach Wiesentheid haben wir zusätzliche Sandsäcke gebracht und zum Teil auch aufgebaut. Aber man kann nicht alles im Detail vorausplanen, auch wenn von Niederschlägen bis zu 55 Litern die Rede ist, die uns erneut treffen könnten. Die Berechnungsmodelle werden zwar immer besser, aber Natur ist Natur. Das haben wir am Donnerstag über dem Gebiet Iphofen gesehen, wo das Wolkenband kreiste und wie ein Wirbel das Wasser immerzu an derselben Stelle verteilte. Aber Dornheim zum Beispiel hatte sich unwahrscheinlich gut darauf vorbereitet.

Gilt das für alle Gemeinden?

Fischer: Nun ja, Sie haben Gemeinden, die sind gut vorbereitet und andere sind sehr gut vorbereitet auf solche Lagen. Dasselbe gilt für Privatleute.

Was kann der Einzelne denn tun gegen solche Wassermassen?

Fischer: Das ist jetzt meine ganz persönliche Meinung, aber ich finde, es gehört auch eine gewisse Eigenverantwortung dazu, da Vorkehrungen zu treffen. Man kann nicht immer nach dem Staat oder dem Landkreis schreien. Es gibt Leute, die verlassen sich immer zu 100 Prozent auf die anderen. Da muss man auch mal Eigeninitiative zeigen.

"Wer sein Haus an einen schönen Platz am Bach baut, muss halt auch steigendes Wasser einplanen."
Alexander Fischer, Leiter THW Kitzingen
Die Unwetter scheinen ja eher zuzunehmen, oder?

Fischer: Ja, es gibt den Klimawandel. Ja, die Wetter werden anders. Aber Schlechtwetterphasen gab's schon immer. Vor allem muss man aber überlegen, dass wir Menschen immer mehr zubetoniert und dem Wasser so seine natürlichen Räume genommen haben. Wer sein Haus an einen schönen Platz am Bach baut, muss halt auch steigendes Wasser einplanen. Der Mensch ist zum großen Teil schon selbst schuld.

Beschwert sich Ihr Arbeitgeber, falls Sie diese Woche wieder ausrücken müssen?

Fischer: Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Ohne die Unterstützung der Arbeitgeber wäre das nicht möglich. Wir haben Helfer, die kommen aus einem kleinen Handwerksbetrieb, der muss das erstmal stemmen, dass zwei Leute weg sind. Ich arbeite in einem großen Industrieunternehmen, da geht es vielleicht leichter, aber auch ich muss meine Arbeit erfüllen. Aber wenn ich alarmiert werde, bin ich da. So wie alle anderen ehrenamtlichen Helfer auch.

Haben Sie währenddessen auch die Sicherheit zu Hause im Hinterkopf?

Fischer (lacht): Nein, ich wohne in Buchbrunn am Berg, da dürfte nichts passieren. Wenn bei mir Hochwasser ist, hat Kitzingen ein größeres Problem. 

Was ist der Örtliche Einsatzleiter?

Im Bayerischen Katastrophenschutzgesetz, Artikel 15, heißt es: "Zur Bewältigung größerer Schadensereignisse, die keine Katastrophen sind, kann die Kreisverwaltungsbehörde fachlich geeignete Personen als Örtliche Einsatzleiter bestellen, wenn dadurch das geordnete Zusammenwirken am Einsatzort wesentlich erleichtert wird. Die Aufgaben und Befugnisse der Polizei bleiben unberührt." Diese offizielle Feststellung des Landratsamtes wurde am Samstag gegen 15 Uhr beendet.
Alexander Fischer wurde am frühen Freitagabend zum Örtlichen Einsatzleiter ernannt und koordinierte dann den Einsatz aller Blaulichtorganisationen im Landkreis. Der Kitzinger THW-Chef ist 51 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder und ist Qualitätsingenieur bei ZF in Schweinfurt. Seitdem er zwölf Jahre alt ist, engagiert er sich beim THW.
Quelle: Landratsamt, bh
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Barbara Herrmann
Alexander Fischer
Arbeitgeber
Eigenschutz
Einsatzleiter
Feuerwehren
Hochwasser und Überschwemmung
Niederschlag
Polizei
Regen
Technisches Hilfswerk
Wasser
Wetter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top