zurück
Würzburg
"Hatte es eilig": Raser sieht nach Flucht vor Polizei mit über 200 km/h nicht ein, warum er 9000 Euro Strafe zahlen soll
Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit war ein Maschinenbauingenieur bei Würzburg vor der Polizei geflüchtet. Angemessene Schuldeinsicht zeigte er jetzt vor Gericht nicht.
Blaulicht und Martinshorn einer Polizeistreife will ein Motorradraser bei Würzburg nicht bemerkt haben. Zu einer hohen Geldstrafe wurde er am Amtsgericht nun dennoch verdonnert. (Symbolfoto)
Foto: Arne Dedert, dpa | Blaulicht und Martinshorn einer Polizeistreife will ein Motorradraser bei Würzburg nicht bemerkt haben. Zu einer hohen Geldstrafe wurde er am Amtsgericht nun dennoch verdonnert. (Symbolfoto)
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 10.02.2024 02:45 Uhr

Knapp 170 Stundenkilometer im Durchschnitt auf sieben Kilometern Bundesstraße – das alleine hätte vermutlich für ein hohes Bußgeld und einen Entzug der Fahrerlaubnis ausgereicht.

Weil sich ein 28 Jahre alter Maschinenbauingenieur aus Kitzingen auf der B8 zwischen Rottendorf und Würzburg aber zusätzlich eine gefährliche Verfolgungsjagd mit der Polizei lieferte, musste er vor dem Amtsgericht auf die Anklagebank und kassierte eine hohe Geldstrafe: 9000 Euro muss er bezahlen, sobald das Urteil rechtskräftig wird, außerdem muss er zehn Monate auf seinen Führerschein verzichten.

234 Stundenkilometer war während der Verfolgungsjagd der Spitzenwert auf dem Tacho eines zivilen Videofahrzeugs der Verkehrspolizeiinspektion (VPI) Biebelried. Die Streife war am Vormittag des 7. Juni 2023 auf der B8 Richtung Würzburg unterwegs, als sie auf Höhe des Mainfrankenparks von einem BMW-Motorrad überholt wurde und die Verfolgung aufnahm. "Ich war mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs, habe aber nicht auf den Tacho geschaut", sagte der Motorradfahrer vor Gericht: "Ich hatte es an diesem Tag etwas eilig."

Raser gab sofort Vollgas, als Polizei bei Würzburg Blaulicht einschaltete

Nicht wirklich nachvollziehen konnte der 28-Jährige, warum er ein Strafverfahren an den Hals bekam: "Ich finde es sehr drastisch, dass man sich deswegen vor Gericht verteidigen muss." Spätestens nach den Aussagen der beiden VPI-Beamten war aber klar, dass es sich bei seinem Verhalten um mehr als nur um eine Geschwindigkeitsübertretung gehandelt hat. Als der Angeklagte zwischen den Anschlussstellen Rottendorf und Gerbrunn aufgrund der Verkehrslage herunterbremsen musste, schalteten sie hinter ihm Blaulicht und Martinshorn ein.

Statt sich der Verkehrskontrolle zu stellen, gab der 28-Jährige sofort Vollgas und fuhr auf der zweispurigen Bundesstraße in der Mitte zwischen zwei Fahrzeugen hindurch. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd kam das mit einem 280 PS-Motor ausgestattete Polizeifahrzeug an seine Grenzen: "Wir müssen im Dienst gezwungenermaßen immer wieder schnell fahren, aber das war wirklich am Limit und sehr gefährlich", gab der Fahrer vor Gericht zu Protokoll.

Auf dem Beweisvideo ist unter anderem zu sehen, wie der Motorradfahrer bei seiner rasenden Fahrt einen Pickup-Truck rechts auf dem Standstreifen überholt. Nach Abzug aller gesetzlich vorgeschriebenen Toleranzen war er auf knapp sieben Kilometern Strecke durchschnittlich mit 168 Stundenkilometern unterwegs, wo maximal 100 erlaubt sind. Staatsanwalt und Gericht gingen davon aus, dass er teilweise Geschwindigkeiten von deutlich mehr als 200 km/h erreicht hat.

Staatsanwaltschaft Würzburg: "Krass verkehrswidrig und saugefährlich"

Um den Tatbestand des "verbotenen Kraftfahrzeugrennens" zu erfüllen, muss die in der konkreten Situation "höchstmögliche Geschwindigkeit" gefahren werden. Daran hatte der Anklagevertreter im Fall des 28-Jährigen nicht den geringsten Zweifel: "Es war ein absolut krass verkehrswidriges Verhalten und, auf deutsch gesagt, saugefährlich."

Erwischt wurde der 28-Jährige am Greinbergknoten, wo er die rasende Fahrt wegen des Rückstaus an der Ampel nicht fortsetzen konnte. Vorher will er das Polizeifahrzeug trotz Blaulicht und Sirene gar nicht bemerkt haben und stritt ab, geflüchtet und die höchstmögliche Geschwindigkeit gefahren zu sein. "Motorradfahrer schauen im Normalfall nur nach vorne", sagte sein Verteidiger und beantragte einen Freispruch.

Zwar hatte sich der Angeklagte für sein Verhalten entschuldigt und von einer "dummen Aktion" gesprochen, das war aber nicht genug Reue oder Schuldeinsicht: Strafrichterin Lisa Müller folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte ihn zu 180 Tagessätzen á 50 Euro Geldstrafe. Außerdem wird der Führerschein eingezogen. Lediglich die Sperrfrist fiel kürzer aus als die vom Anklagevertreter geforderten eineinhalb Jahre: "Zehn Monate sind genug, um über ihr Verhalten nachzudenken", sagte Müller.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Kitzingen
Patrick Wötzel
Amtsgericht Würzburg
Bußgelder
Polizei
Staatsanwaltschaft Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Martin Deeg
    Bei dieser Justiz sind ganz offenkundig sämtliche WERT-Maßstäbe verrutscht!

    180 Tagessätze für diese lebensgefährliche "A...fahrt", die es mehr oder weniger vom Zufall abhängig machte, ob hier unbeteiligte Dritte geschädigt werden?

    Zum Vergleich: wegen "Beleidigung" von Würzburger Juristen wurde ich im Dezember zu 120 Tagessätzen verurteilt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Manfred Englert
    Herr Deeg, ist in dieser Verurteilung Ihre Motivation zur oftmaligen Verunglimpfung der StA und der Justiz im allgemeinen, zu finden?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Heribert Mennig
    "Motorradfahrer schauen im Normalfall nur nach vorne" Das ist einfach eine faule Ausrede!!! Ich fahre seit 46 Jahren Motorrad. Die Aussage, dass Motorradfahrer nur nach vorne schauen, ist unsinnig. Jeder vernünftige Motorradfahrer sollte nicht nur wissen was vor ihm vorgeht, sondern auch immer wissen was hinter einem los ist. Deshalb ist der regelmäßige Blick in die Rückspiegel für die Sicherheit absolut notwendig! Übrigens gilt das für Autofahrer genauso. 10 Monate Fahrverbot halte ich in diesem krassen Fall auch für zu wenig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Wolfgang Heß
    "Motorradfahrer schauen im Normalfall nur nach vorne", sagte sein Verteidiger und beantragte einen Freispruch.
    => Krass. Kann man dem Verteidiger die gleiche Strafe geben!?!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Diener
    Dann ist die Strafe eigentlich viel zu wenig !
    Hätte dies einmal in der Schweiz oder in Intalien machen sollen , dann hätte er das Motorrad
    schon lange nicht mehr .
    Warum wird diese Uneinsichtigkeit nicht noch härter und konsequenter bestraft ?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Stefan Krug
    10 Monate sind genug?
    finde ich nicht...

    dem gehört für Minimum 5 Jahre der Lappen weg
    und eine noch saftigere Geldstrafe...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten