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Würzburg/Schweinfurt
Nach dem Aus bei der Landtagswahl: Geht es für die FDP in Unterfranken schon um die Existenz?
Die Niederlage bei der Landtagswahl trifft auch Unterfrankens FDP hart. Wo die Liberalen in der Region die Fehler sehen. Und wie sie aus dem "Tal der Tränen" herauskommen wollen.
'Servus Zukunft' - der Wahlkampf-Slogan der FDP bekommt nach dem Aus bei der Landtagswahl eine neue Bedeutung. Auch in Unterfranken könnten schon die nächsten Wahlen zur Existenzfrage werden.
Foto: Stefan Puchner, dpa | "Servus Zukunft" - der Wahlkampf-Slogan der FDP bekommt nach dem Aus bei der Landtagswahl eine neue Bedeutung. Auch in Unterfranken könnten schon die nächsten Wahlen zur Existenzfrage werden.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 18.10.2023 03:08 Uhr

Wie geht es einer Partei, die zum zweiten Mal binnen zehn Jahren aus dem Landtag geflogen ist? Fragt man bei den Unterfranken in der FDP nach, trifft man auf eine erstaunlich gefasste Stimmungslage: "Jemand, der es nicht gewohnt ist, herbe Niederlagen einzustecken und trotzdem wieder aufzustehen, der ist in der FDP definitiv falsch", erklärt der FDP-Bundestagsabgeordnete Karsten Klein. Er ist auch Bezirksvorsitzender der FDP.

Kennt sich aus mit herben politischen Niederlagen: Der unterfränkische FDP-Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Karsten Klein aus Aschaffenburg.
Foto: Dominik Konrad | Kennt sich aus mit herben politischen Niederlagen: Der unterfränkische FDP-Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Karsten Klein aus Aschaffenburg.

In der Tat sind die Liberalen bittere Niederlagen gewöhnt: Klein etwa war als über die Parteigrenzen geschätzter Haushaltsexperte 2013 selbst aus dem Landtag geflogen – damals sogar als Teil einer Regierungspartei. Und diesmal? In Unterfranken haben für die Liberalen schließlich nur noch 2,6 Prozent der Wählerinnen und Wähler gestimmt – nach 4,8 Prozent im Jahr 2018.

Bayerns FDP ohne Puffer für "Ampel-Denkzettel" der Wählerinnen und Wähler

Natürlich hat die miese Stimmung für die Berliner Ampel auch die FDP in Unterfranken getroffen. Und dieser "Denkzettel" schlage bei der FDP eben "besonders ins Kontor, weil wir nur wenig Puffer haben", analysiert Klein. Doch den Grund für die Niederlage alleine in Berlin zu suchen, greife zu kurz, findet der Aschaffenburger: "Es ist uns nicht gelungen, im Wahlkampf etwa über die Probleme an Bayerns Schulen oder in den Kitas zu reden. Oder über die schwache wirtschaftspolitische Bilanz von Herrn Aiwanger."

'Im Wahlkampf-Populismus anderer Parteien schlicht untergegangen.' Der bisherige FDP-Landtagsabgeordnete Helmut Kaltenhauser hat im Wahlkampf echte inhaltliche Debatten vermisst.
Foto: Fabian Gebert | "Im Wahlkampf-Populismus anderer Parteien schlicht untergegangen." Der bisherige FDP-Landtagsabgeordnete Helmut Kaltenhauser hat im Wahlkampf echte inhaltliche Debatten vermisst.

"Inhaltliche Debatten sind im Wahlkampf-Populismus anderer Parteien schlicht untergegangen", klagt auch Helmut Kaltenhauser, bislang einziger FDP-Unterfranke im Landtag. Gegen Markus Söders plumpes Ampel-Bashing oder Hubert Aiwangers schräges "Demokratie zurückholen" sei in aufgeheizter politischer Stimmung mit abwägenden Argumenten eben kaum zu den Wählerinnen und Wählern durchzudringen. "Wir müssen uns aber auch die Kritik gefallen lassen, dass wir oft zu akademisch rüberkommen", räumt Kaltenhauser ein.

Gegen den Abwärts-Sog: Mehr FDP-Profil in Berlin und mehr Franken-Fokus in Unterfranken?

Und der Abwärts-Sog der Berliner-Ampel? Sind die Ergebnisse dort für die FDP eigentlich im Kern in Ordnung, versinken aber im Dauerstreit der bunten Partner? Oder sind die notwendigen Kompromisse in einer Dreier-Koalition einfach nicht gut genug für mögliche FDP-Wähler? Beides sei irgendwie richtig, findet Andrew Ullmann, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Würzburg: Damit die Erfolge sichtbar werden, müssten endlich alle Ampel-Partner "professionell und lösungsorientiert arbeiten", fordert er.

Gleichzeitig müsse die FDP aber auch ihr Profil in der Ampel schärfen, etwa bei Themen wie Infrastruktur oder Hightech-Ansiedlungen. Beim Aufreger-Thema Migration setze sich die FDP ja ohnehin schon durch, findet Ullmann: "Legale Migration in den Arbeitsmarkt erleichtern, illegale Migranten schneller abschieben."

Sieht kein personelles Problem in der Bayern-FDP als Ursache für das schwache Abschneiden bei der Landtagswahl: Der Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann aus Würzburg.
Foto: Johannes Kiefer | Sieht kein personelles Problem in der Bayern-FDP als Ursache für das schwache Abschneiden bei der Landtagswahl: Der Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann aus Würzburg.

Für die Landtagswahl in Bayern helfen diese Analysen nichts mehr. Wie geht es also weiter mit der FDP in Bayern und in Unterfranken? Bayern-FDP-Chef Martin Hagen soll im Amt bleiben, finden alle drei FDP-Unterfranken: Hagen habe im Landtag und im Wahlkampf gute Arbeit gemacht. "Unsere Probleme kann man wirklich nicht an einer Person festmachen", erklärt Ullmann.

Der Ex-Landtagsabgeordnete Kaltenhauser fordert für Unterfranken einen stärkeren FDP-Fokus auf regionale Themen wie Infrastruktur, Wassermangel oder auch den Weinbau. "Wir dürfen uns nicht nur auf die großen Städte konzentrieren", warnt er. Doch die Herausforderungen für die kleine FDP-Truppe in der Region sind groß: 2024 Europawahl, 2025 Bundestagswahl, 2026 Kommunalwahlen. "Das ist für uns natürlich eine Ressourcenfrage", räumt auch Karsten Klein ein – personell wie finanziell. Die nächsten Wahlen könnten für die FDP schon zu einer Existenzfrage werden. Aber auch das ist für die Liberalen ja nicht wirklich etwas Neues.

 
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Kommentare
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  • Ralf Eberhardt
    FAlls es einige noch nicht gemerkt haben: die FDP ist in der Ampel sehr oft die korrigierende Komponente, wenn es um Finanzierbarkeit von Maßnahmen geht. Und dies nicht nur, weil Lindner Finanzminister ist. Das sehe ich so, obwohl ich sie in Bayern nicht gewählt habe. Aber wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, dass sie abgewählt wurde. Denn mittlerweile ist der Anspruch an staatsfinanzierte Alimentation gewachsen.
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  • Johannes Metzger
    Eine Partei wie die FDP, die ausser Blockieren und rückwärtsgewandter Politik nichts kennt, braucht niemand. Die Porschefahrer- und Klientelpartei hat sich selbst ins Abseits geschossen.
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  • Sebastian Madeiski
    Da kenne ich auch in Schweinfurt einen Porschefahrer, der ein Bundestagsmandat inne hat und dessen Partei es auch nicht in den Landtag geschafft hat. zwinkern
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  • Hans Müller
    Herr Metzger und Herr Madeiski,

    lassen Sie mich raten!
    Sie meinen die GRÜNEN, komisch, die haben es doch in den Landtag geschafft?
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  • Sebastian Madeiski
    Seit Ende der Ära Genscher und Möllemann ist die FDP eine Partei ohne Profil, Ihrer Führung Westerwelle, Rössler und nun Lindner sind Musterbeispiele an Opportunismus... Ich hoffe es ist nun endlich GAME OVER.
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