
Im Internet ist die Welt der Dettelbacher Seniorenresidenz Phönix noch in Ordnung. Auf der Homepage werden "Wohlfühl-Faktoren" aufgelistet, von einer lockenden Dachterrasse ist ebenso die Rede wie von einem weitläufigen Garten mit Fischteich, was "zum Plauschen und Entspannen im Freien" einlade. Dazu der Verweis auf ein Freizeitprogramm, eine "professionelle Betreuung" sowie "qualifizierte und kompetente Pflege". Tatsächlich ist die Welt aber gar nicht mehr in Ordnung: Das Heim steht vor dem Aus, Ende 2025 soll Schluss sein.

Aktuell bietet das Haus 138 stationäre Pflegeplätze, zur Verfügung stehen 58 Doppel- und 22 Einzelzimmer. Gerüchte, dass es damit bald vorbei sein könnte, gab es schon seit geraumer Zeit. Anfang vergangener Woche musste dann die bittere Pille geschluckt werden: Aus München waren Vertreter der Firma Korian, die das Haus betreibt, nach Dettelbach gekommen, um intern über das Aus zu informieren.
Korian ist laut eigener Homepage ein französisches Unternehmen, das in Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden in vier Kernbereichen aktiv ist: Pflegeeinrichtungen, Rehabilitationszentren für Senioren, betreutes Wohnen und ambulante Pflegedienste. In Deutschland betreibt Korian rund 230 Einrichtungen und 27 ambulante Dienste. Das Unternehmen gehört zur europäischen Clariane-Familie.
Mietvertrag für Pflegeheim läuft Ende 2025 aus
Die Firma ist Mieterin und auch Betreiberin der Seniorenanlage. Wie die Pressestelle in München auf Anfrage bestätigt, ist das Aus zum 31. Dezember 2025 beschlossene Sache. Dann laufe der Mietvertrag der Immobilie aus. Um weiterhin "ein attraktives Wohnumfeld und unseren Mitarbeitenden moderne Arbeitsbedingungen zu bieten", wären "umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an der Immobilie notwendig gewesen".
Weiter heißt es: "Nach gründlicher Abwägung aller Gegebenheiten haben wir uns deshalb dazu entschieden, den Mietvertrag nicht mehr zu verlängern." Man habe sich "diese Entscheidung nicht leicht gemacht, da wir wissen, dass die Seniorenresidenz Phönix in Dettelbach für unsere Bewohner:innen ein Zuhause geworden ist und dieser Schritt Ungewissheit und große Sorgen hervorruft."
Man werde, so das Versprechen, "in den nächsten Monaten zusammen mit der Hausverwaltung alle Möglichkeiten im Hinblick auf die Weiterführung des Hauses durch einen neuen Betreiber prüfen". Zudem werde man den Bewohnern und ihren Angehörigen "alternative Betreuungsmöglichkeiten" in anderen Korian-Häusern anbieten, etwa in Sennfeld oder in Giebelstadt.
Dettelbachs Bürgermeister Matthias Bielek betont auf Anfrage, dass er "auf offiziellem Weg" noch gar nicht informiert worden sei. Er werde nun "schnellstmöglich das persönliche Gespräch mit den Unternehmensverantwortlichen suchen". Die Stadt wolle sich "nach Möglichkeit mit einbringen". Ziel müsse sein, "langfristig Pflegeplätze am Standort Dettelbach zu sichern". Zumal, so der Dettelbacher Rathauschef, entsprechende Plätze "insgesamt in der Region benötigt" würden.
Das Gebäude diente als Krankenhaus und als Lazarett
Damit endet in knapp eineinhalb Jahren eine Ära. Die Seniorenresidenz ist ähnlich betagt wie ihre Noch-Bewohner. Das Gebäude ist fast 120 Jahre alt und wurde im französischen Barockstil errichtet. Zuletzt wurde 2016 ein Doppel-Jubiläum gefeiert: 25 Jahre Altenheim und 110 Jahre Spital. Damals wurde der hohe Stellenwert des Hauses in der Versorgung, Pflege und Betreuung hervorgehoben.

Am 17. April 1906 wurde mit dem Bau eines Krankenhauses nahe der Wallfahrtskirche begonnen, etwa ein Jahr später konnte das "Distriktskrankenhaus Dettelbach" eingeweiht werden. Fast 80.000 Mark kostete das Haus mit kleinem Isolierbau (für ansteckende Krankheiten), Gemüsegarten und eigenem Weinberg. Vor allem 1911 und 1945 bewährte sich die Einrichtung – als Typhus-Epidemien ausbrachen. Nach den Weltkriegen dienten die Gebäude als Lazarett.
Zunächst beschlagnahmt durch die Amerikaner, hatte das Krankenhaus nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Bedeutung für Stadt und Umland: Bis dahin überwiegend chirurgisch ausgerichtet, diente das Haus ab den 1970er-Jahren internistisch und gynäkologisch-geburtshilflich. Um die 600 Entbindungen im Jahr waren keine Seltenheit – noch heute haben viele "Dettelbach" in ihrer Geburtsurkunde stehen.
Im Dettelbacher Krankenhaus gingen 1984 die Lichter aus
Obwohl das mittlerweile als "Kreiskrankenhaus Dettelbach" bezeichnete Spital mit 75 Betten ab 1980 auch kardiologische Untersuchungen, Intensivüberwachung und Ultraschalluntersuchungen anbot, gingen am 12. Januar 1984 endgültig die Lichter aus: In Kitzingen wurde ein modernes Kreiskrankenhaus mit 260 Betten eröffnet. Dettelbach verlor sein Krankenhaus und damit eine wichtige Institution.
Mit Zustimmung des Dettelbacher Stadtrats wurde das Haus anschließend an eine deutsch-schweizerische Ärztegruppe für eine "Klinik für Krebsnachsorge" verkauft. Schnell wurden jedoch Verbindungen zum Heimholungswerk (heute: Universelles Leben) offensichtlich. Man müsse verhindern, "dass die Stadt Zentrum einer Sekte wird", sagte 1984 der damalige Bürgermeister Reinhold Kuhn. Eine "Christusklinik" konnte durch eine Entscheidung der Regierung von Unterfranken noch abgewendet werden. Seither befindet sich das Haus in Privatbesitz.
Seiner neuen Bestimmung als Senioreneinrichtung wurde das Haus letztlich 1991 zugeführt. Das stattliche Gebäude als Vertreter der Neorenaissance wurde mit mehreren Anbauten erweitert und zuletzt 2003 umfangreich saniert. Jetzt stünde laut Korian die nächste große Sanierung an – zu der es aber erst einmal nicht mehr kommen wird. Wie es dann 2026 mit der Immobilie weitergeht, ist derzeit noch völlig offen.
Man muss sich nicht wundern, dass Pflege so teuer ist wenn so viele Firmen an einem Heim mitverdienen wollen. Dazu kommt ein Vermieter der auch Geld sehen will.
Und dass solche Konzerne machen können was sie wollen ist ja eh klar, nur die Aktionäre verärgern dürfen sie nicht. Auf Bürgermeister von Kleinstädten von ganz oben herabzublicken, das werden die Konzernvorstände auch problemlos beherrschen.