
Wo einst bis zu 600 Säuglinge im Jahr das Licht der Welt erblickten, verbringen heute viele ältere Menschen ihren Lebensabend: Am Samstag schauten die Bewohner der Dettelbacher Seniorenresidenz mit einem Fest auf zwei Jahrestage zurück: Vor 110 Jahren wurde das Gebäude als Krankenhaus eröffnet, vor 25 Jahren erfolgte die Umwidmung zum Altenheim.
Livemusik und ein von Simon Beat und Susanne Wolf einstudiertes Puppentheater: Für die etwa hundert Bewohner und Gäste bot sich ein kurzweiliges Programm im parkähnlichen Garten der Wohnanlage. „In dem hinter uns liegenden Vierteljahrhundert haben wir für die Bewohner unserer Einrichtung einen Ort geschaffen, an dem sie sich sicher und geborgen fühlen können“, sagte Einrichtungsleiter Florian Wolf. Sein Dank galt vor allem den Mitarbeitern: „Rund um die Uhr kümmern sie sich mit großem Respekt und Aufmerksamkeit um unsere Senioren“.
600 Entbindungen
Zu den zahlreichen Gratulanten zählten stellvertretender Landrat Robert Finster und Dettelbachs Bürgermeisterin Christine Konrad. Beide hoben den hohen Stellenwert des Hauses in der Versorgung, Pflege und Betreuung der Bewohner hervor und lobten die Professionalität dahinter. „25 Jahre – das klingt einerseits jung, zeugt aber dennoch von vielen Jahren Erfahrung“, so Konrad.
Ein Teil des Hauses blickt auf eine weitaus längere Geschichte zurück: Am 17. April 1906 wurde mit dem Bau eines Krankenhauses nahe der Wallfahrtskirche begonnen, etwa ein Jahr später konnte das „Distriktskrankenhaus Dettelbach“ eingeweiht werden. Fast 80 000 Mark kostete das Haus mit kleinem Isolierbau (für ansteckende Krankheiten), Gemüsegarten und eigenem Weinberg. Vor allem 1911 und 1945 bewährte sich die Einrichtung – als Typhusepidemien ausbrachen. Nach den Weltkriegen dienten die Gebäude als Lazarett.
Zunächst beschlagnahmt durch die Amerikaner, hatte das Krankenhaus nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Bedeutung für Stadt und Umland: Bis dato überwiegend chirurgisch ausgerichtet, fungierte das Haus ab den 1970er Jahren internistisch und gynäkologisch-geburtshilflich. 600 Entbindungen im Jahr waren keine Seltenheit – noch heute haben viele „Dettelbach“ in ihrer Geburtsurkunde stehen.
Obwohl das mittlerweile als „Kreiskrankenhaus Dettelbach“ bezeichnete Spital mit 75 Betten ab 1980 auch kardiologische Untersuchungen, Intensivüberwachung und Ultraschalluntersuchungen anbot, gingen am 12. Januar 1984 endgültig die Lichter aus: In Kitzingen wurde ein modernes Kreiskrankenhaus mit 260 Betten eröffnet. Dettelbach verlor sein Krankenhaus und damit eine wichtige Institution.
Mit Zustimmung des Dettelbacher Stadtrats verkauft an eine deutsch-schweizerische Ärztegruppe für eine „Klinik für Krebsnachsorge“, sprach der damalige Landrat Siegfried Naser zunächst noch von einer „glücklichen Hand“. Doch es wurden Verbindungen zum Heimholungswerk (heute: Universelles Leben) offensichtlich. Man müsse verhindern, „dass die Stadt Zentrum einer Sekte wird“, sagte 1984 Dettelbachs Bürgermeister Reinhold Kuhn.
Eine „Christusklinik“ konnte durch eine Entscheidung der Regierung von Unterfranken noch abgewendet werden.
150 Plätze
Seiner neuen Bestimmung als Senioreneinrichtung wurde das Haus letztlich 1991 zugeführt. Das stattliche Gebäude als Vertreter der Neorenaissance wurde mit mehreren Anbauten erweitert und zuletzt 2003 umfangreich saniert. Über 150 Plätze bietet das Altenheim gegenwärtig. „Mir gefällt es dass ich hier jeden Tag in den Garten kann“, sagte ein Bewohner des Altenheims – und gebürtiger Dettelbacher.

