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Kitzingen
Kann Künstliche Intelligenz künftig Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer heilen, Herr Professor?
Künstliche Intelligenz weckt Hoffnungen, aber auch Ängste. Professor Kellermann verrät, was KI schon kann, können wird – und warum er darüber einen Roman geschrieben hat.
Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet viele Möglichkeiten, mit denen das Leben von Menschen  verbessert werden kann, birgt aber auch Gefahren.  Der Kitzinger Christian Kellermann hat einen Roman darüber geschrieben.
Foto: Axel Heimken/dpa | Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet viele Möglichkeiten, mit denen das Leben von Menschen  verbessert werden kann, birgt aber auch Gefahren.  Der Kitzinger Christian Kellermann hat einen Roman darüber ...
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Nargis Silva
 |  aktualisiert: 15.07.2024 12:49 Uhr

Christian Kellermann wuchs in Kitzingen auf, bevor er zum Studium nach Würzburg, Frankfurt und Oxford ging. Heute lebt er in Berlin und arbeitet als VWL-Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Er hat bereits mehrere Aufsätze und Bücher zum Thema Digitalisierung und KI sowie Zukunft der Arbeit publiziert.

Sein literarisches Erstlingswerk handelt von der Informatikerin Ada MacAllan, die mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) an der vollständigen Berechenbarkeit von Proteinen arbeitet – den zentralen Bausteinen des Lebens. Der Roman baut auf dem Motiv des Science-Fiktion-Bestellers "Der Tunnel" von Bernhard Kellermann aus dem Jahre 1913 auf. Das Werk handelt von einem Transatlantik-Tunnel, der unter großen Opfern und trotz eines katastrophalen Unfalls gebaut wird.

Was hat Sie dazu motiviert, einen Roman über KI zu schreiben?

Christian Kellermann: Ich wurde zu einer Sendung des SWR eingeladen, um über das Werk von Bernhard Kellermann zu sprechen. In seinem Erfolgsroman hat er ein gigantisches Projekt entwickelt: den Bau eines Unterwassertunnels, das Europa und Amerika verbinden sollte. Da ich zu KI forsche, wurde mir die Frage gestellt, was der Tunnel unserer Zeit ist. Ich habe anschließend viel drüber nachgedacht und kam auf das Motiv: KI als Schnittstelle zum menschlichen Körper. 

Sind Sie mit Bernhard Kellermann verwandt?

Kellermann: Mir wurde immer gesagt, er sei mein Urgroßonkel, aber sicher verifizieren kann ich das nicht (lacht).

Professor und Schriftsteller: Christian Kellermann ist in Kitzingen aufgewachsen und lebt heute in Berlin. 
Foto: Mark von Wardenburg | Professor und Schriftsteller: Christian Kellermann ist in Kitzingen aufgewachsen und lebt heute in Berlin. 
Im Buch schreiben Sie: "Der Atlantik unserer Zeit ist ein Molekül. Der Tunnel unserer Zeit ist ein Algorithmus." Wie meinen Sie das?

Kellermann: Raum von der Größe des Atlantiks beherrschbar zu machen ist in etwa vergleichbar mit der Utopie, Moleküle berechenbar zu machen. Das ist das zentrale Thema meines Buches. Der Tunnel sollte den langen Weg durch den Atlantik ebnen. Ein Algorithmus ist analog dazu ein Werkzeug, um Moleküle zu entschlüsseln und zu manipulieren. Damit verbunden ist die Vision, das Altern zu verlangsamen und Krankheiten auszurotten.

Ein Projekt unserer Zeit?

Kellermann: Sicherlich. Sam Altman, der Geschäftsführer von OpenAI – eines US-amerikanischen Unternehmens, das sich mit der Erforschung von künstlicher Intelligenz, auf englisch Artificial Intelligence (AI), beschäftigt – hat seine ersten 180 Millionen Dollar, die er mit der Software verdient hat, in ein Biotech-Unternehmen investiert, das sich das Ziel gesetzt hat, die gesunde menschliche Lebensspanne um zehn Jahre zu verlängern.

"Etwas so Komplexes wie unser Körper ist am Ende nicht beherrschbar."
Christian Kellermann, Professor und Schriftsteller
Ihr Roman handelt von der Informatikerin Ada MacAllan, die zur Selbstoptimierung Chip-Implantate nutzt. Adam, so heißt das System, vermisst ihr Biosystem und gibt ihr Verhaltensempfehlungen. Könnte so etwas bald entwickelt und salonfähig werden?

Kellermann: Ja. Schnittstellen, um Körperfunktionen zu überwachen und zu optimieren, gibt es längst. Das Eindringen in den Körper mittels eines Chips zur Messung vitaler Funktionen ist der nächste Schritt. Das Medium ist der digitale Zwilling von uns selbst, ein virtuelles Abbild. Das ist der Traum jedes Forschenden in der Biotechnologie. Das Ziel ist die individualisierte Medizin.

Ada versucht, das menschliche Protein vollständig zu entschlüsseln. Damit wären unter anderem auch neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer heilbar. Ist auch das bald möglich?

Kellermann: Im Prinzip ist das möglich. In der Praxis sieht das anders aus. Es gibt ja unzählige Wechselwirkungen. Nur weil man ein Protein mittels KI berechnen kann, heißt das noch nicht, dass man damit eine Krankheit heilen oder verhindern kann. Es ist wie bei Bernhard Kellermanns Tunnel unter dem Atlantik: Etwas so Komplexes wie unser Körper ist am Ende nicht beherrschbar. In Teilbereichen wird es möglich sein. Aber ich glaube die Idee, das Altern mittels KI und der Manipulation von Proteinen signifikant zu verlangsamen, bleibt genauso eine Utopie wie der besagte Tunnel.

Wäre das erstrebenswert?

Kellermann: Ich halte es für erstrebenswert, dass wir schlimme Krankheiten, die uns von unseren Lieben trennen, heilen können. Das ist in Zukunft wahrscheinlich möglich. Zumindest ist die KI das mächtigste Werkzeug, das wir für diese Aufgabe haben. Aber ökonomisch gefragt: Werden von den Möglichkeiten, die KI eröffnet, alle profitieren oder am Ende nur eine kleine Elite, die die teure Individualmedizin auch bezahlen kann? Letzteres wäre nicht erstrebenswert.

Als Wirtschaftsprofessor sprachen Sie kürzlich im Digitalausschuss des Bundestages über die Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt. Welche Arbeiten werden wegfallen?

Kellermann: Die ersten, die in den USA gestreikt haben, als ChatGPT – ein Programm, das in der Lage ist, Texte zu schreiben – herauskam, waren die Drehbuchautorinnen. Sie haben Angst um ihre Jobs. Nun könnte man sagen: Je einfallsloser eine Geschichte, desto eher kann sie von einer KI geschrieben werden. Wo es sich aber um künstlerische Originalität handelt, kriegt es die KI nicht besser hin. Unsere Arbeit wird sich durch KI verändern. Darauf müssen wir uns vorbereiten.

Worauf müssen wir uns einstellen?

Kellermann: Wir haben einen großen Fachkräftemangel. Wenn wir einen Teil der Arbeit automatisieren, ist das ein großer Vorteil. Gleichzeitig müssen wir uns um diejenigen kümmern, die nicht mehr die Arbeit verrichten können, die sie vorher gerne gemacht haben.

Der Roman "Adam und Ada" ist am 18. Mai im Hirnkost-Verlag erschienen und kostet 24 Euro. 

 
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