
Spätestens ChatGPT hat Künstliche Intelligenz (KI) ins Scheinwerferlicht gerückt. Algorithmen erzeugen wie von Geisterhand Texte und Bilder, das ist das Markenzeichen dieser Software. Ein Jungunternehmen in Greußenheim (Lkr. Würzburg) setzt nun auf eine weitere Fähigkeit der künstlichen Schaffenskraft, die bislang nicht gängig ist: KI kann riechen.
Bei der Smartindu GmbH & Co. KG steckt diese Nase in einem neun Kilogramm schweren Koffer, an den ein tragbarer Computer angeschlossen wird. In diesem Koffer ist neben allerlei Leitungen und Schläuchen eine Art Reagenzglas, in das zu untersuchendes Material gelegt wird.
Erst ein Sensor für Gas, dann Künstliche Intelligenz
Ein Metall-Oxid-Gas-Sensor im Gerät ermittelt dann selbst minimale Geruchsstoffe, die dieses Material ausströmt. Bis dahin ist diese Methode nichts Besonderes, elektrische Nasen dieser Art gibt es seit Jahren.

Bahnbrechend an der "MUI Nose" von Smartindu soll hingegen sein, dass die Gerüche mit Hilfe von KI auch eingeordnet werden können. Es gehe nicht nur um die Frage, was da zu riechen ist, sondern auch, wie das Ergebnis zu verstehen ist, erklärt Geschäftsführerin Teresa Rath.
Diese Kombination sei einzigartig, ist sich die 34-Jährige sicher. Sie will nun mit ihrem Mann und Geschäftspartner Ulrich Rath die KI-Nase im Koffer auf den europäischen Markt bringen.
Was die KI-Nase von Smartindu mit Hunden zu tun hat
Der Apparat könne viel mehr als die menschliche Nase, betont Teresa Rath. "Wir ahmen die Hundeschnauze nach." Dass Hunde um ein Vielfaches besser riechen können als Menschen, ist bekannt. Dass sie dabei nach entsprechendem Training sogar Krankheiten wie Corona erkennen, auch. In diesem Sinne gehe es bei den Smartindu-Geräten nicht nur um die Inhaltsstoffe von Gerüchen, sondern vor allem um deren Bewertung, so Rath.
Zum Beispiel bei Gemüse: Wenn die KI-Nase bei einer Geruchsprobe Ungewöhnliches herausfindet, dann könne sie auch Rückschlüsse ziehen, dass dieses Gemüse zum Beispiel zu feucht gelagert wurde, sagt Ulrich Rath. Auch in der Medizin, der chemischen Industrie, im Umweltschutz, in der Verpackungsbranche, bei der Kontrolle von Kläranlagen oder bei der Herstellung von Kosmetika könne die KI-Nase eingesetzt werden. Das Repertoire sei unbegrenzt.
Daten der KI-Nase wandern in die Cloud
Was die Smartindu-Nasen digital erschnüffeln, wandert als Daten in die Cloud – und wird dort Teil der stets dazulernenden KI. So ergebe sich mit der Zeit ein permanent wachsendes Wissen, auf das die Software in den Geräten zurückgreife, so Rath.
Gebaut werden die KI-Nasen von MUI Robotics in Thailand. Smartindu kaufe sie und entwickle sie exklusiv für den europäischen Markt weiter, erläutert Ulrich Rath. Insofern seien die Geräte zum Teil "Made in Germany".
An diesen Apparaten zu schrauben und montieren, ist das Handwerk des 35-Jährigen. Er ist gelernter Elektriker für Geräte und Systeme. Zuletzt arbeitete er für ein auf Labortechnik und Gaschromatographie spezialisiertes Unternehmen im Main-Tauber-Kreis, bevor er 2018 mit seiner heutigen Frau Smartindu gründete.
Smartindu in Greußenheim: Alles fing in Garagen an
Anfangs arbeiteten die beiden in angemieteten Garagen und montierten für diverse Auftraggeber elektronische Kleingeräte in kleiner Stückzahl, berichten sie. Ein Geschäft im Nischenmarkt, das schnell wuchs: 2021 machten die Raths 1,3 Millionen Euro Umsatz, im vergangenen Jahr waren es schon 2 Millionen. Zwölf Beschäftigte hat die Raths mittlerweile, für einen Millionenbetrag haben sie zum Teil in Eigenarbeit das Firmendomizil im Gewerbegebiet von Greußenheim gebaut.
Im August 2022 habe sich die Zusammenarbeit mit MUI in Thailand ergeben, erzählt Teresa Rath. Zufall sei das nicht gewesen, denn sie habe einige Jahre lang in dem asiatischen Land gelebt. Schnell sei ihr klar geworden, dass die Nachahmung der menschlichen Sinne durch die MUI-Geräte großes Potenzial für Smartindu und damit für den europäischen Markt habe.
Was für Smartindu jetzt noch zum Durchbruch fehlt
In den kommenden Wochen erwarten die Raths das CE-Zertifikat für ihre KI-Nasen, dann wolle man durchstarten. Das CE-Zeichen ist unter anderem für Elektrogeräte Pflicht, die in der EU auf den Markt gebracht werden. Es symbolisiert laut EU-Kommission, "dass ein Produkt vom Hersteller geprüft wurde und dass es alle EU-weiten Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz erfüllt".
Dass mit dem CE-Zertifikat für die Smartindu-Nasen bald große Türen aufgehen, zeichnet sich für Ulrich Rath ab. Die Konzerne Bayer und Beiersdorf sowie Weinhersteller in Griechenland hätten bereits Interesse angemeldet.