Eigentlich wollte Marlene Bauer 2014 nur in den Gemeinderat, dem bisher ihr Mann angehört hatte. Sie wollte sich, den Rentenbeginn fest im Blick, für ihre Gemeinde engagieren und vor allem ihre freie Zeit nach dem Arbeitsleben genießen.
Doch unerwartet wurde der damals amtierende Bürgermeister Rudolf Löhr krank und musste nach der Hälfte seiner Amtszeit zurücktreten. Plötzlich ging alles ganz schnell: Bauer übernahm als zweite Bürgermeisterin zunächst übergangsweise seine Aufgaben.
Bauer tritt zur Wahl nach Löhrs Rücktritt an
Als sie jedoch kein Bewerber für die Neuwahl fand, ließ sie sich selbst aufstellen und wurde im Februar 2017 zur Segnitzer Bürgermeisterin gewählt. Mit ihrer freien Zeit war es vorbei. Große Bauprojekte waren geplant und wurden beinahe gleichzeitig realisiert.
"Für mich war es ein Vollzeitjob", bekennt Bauer. Ihre Tage füllten sich mit Baubesprechungen, Diskussionen mit Förderstellen, Anträgen und dem Austausch mit Planern und Architekten. "Es war eine stressige Zeit, weil alles auf einmal passierte. Aber ich habe auch viel gelernt in den letzten drei Jahren", sagt sie rückblickend.
Da war die Gestaltung der Kreisel an den Ortseinfahrten, die Umgestaltung der Mainlände, die Sanierung der Ortsdurchfahrt im Rahmen der Dorferneuerung und vor allem der Bau des Dorfgemeinschaftshauses: "Das war schon ein Highlight. Es ist wirklich ein gutes Gefühl, einen Förderscheck über 700 000 Euro in der Hand zu halten."
Fördergelder ermöglichen das Dorfgemeinschaftshaus
Gemeint ist die Förderung aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ohne die der Bau nicht möglich gewesen wäre. Mehrmals schien er in Gefahr, weil aus verschiedenen Gründen der Zeitplan nicht eingehalten werden konnte.
Bauer war gefragt: Kontakt mit der Förderstelle halten, um Aufschub bitten, gleichzeitig den beteiligten Firmen Druck machen. Nun ist das Gemeinschaftshaus fertig. Für den 19. April war die feierliche Einweihung geplant, die Bauer gerne noch selbst übernommen hätte. Aber die aktuelle Situation machte ihr einen Strich durch die Rechnung.
Eine der schönsten Aufgaben in ihrer Amtszeit seien die Hochzeiten gewesen: "Ich habe immer persönliche Ansprachen gehalten und mich sehr gefreut, diesen wichtigen Schritt der Paare begleiten zu dürfen." Ein weiterer Höhepunkt war der Kreisheimattag 2017. Fast der gesamte Ort war auf den Beinen, packte mit an und präsentierte die Gemeinde.
Zufrieden trotz einer nur kurzen Amtszeit
Insgesamt blickt Bauer zufrieden auf ihre kurze Amtszeit zurück: "Ich war immer mit Herzblut dabei und habe mich gerne für die Gemeinde eingesetzt." Auch ihre Gemeinderäte lobt sie rückblickend: "Ein tolles Gremium, das konstruktiv zusammengearbeitet hat. Da gab es keine Einzelinteressen, jeder hat das Ganze im Blick gehabt."
Jedoch habe sie auch Gegenwind und teilweise sogar Beschimpfungen in ihrer Amtszeit erfahren. "Das ist in einem kleinen Dorf nicht angenehm", sagt sie. Schade finde sie, dass manche Persönliches und Berufliches nicht mehr getrennt hätten.
Mit der Zeit sei ihr aber ein dickes Fell gewachsen, schnell habe sie Routine bekommen. Dankbar sei sie für den Rückhalt ihrer Familie, vor allem ihres Mannes, gewesen. Er habe ihr nützliche Tipps aus seiner langjährigen Erfahrung gegeben.
Mal abends am Main einen Schoppen trinken
Jetzt freut sich Bauer auf mehr Zeit mit der Familie, vor allem mit ihren Enkelkindern. Und vor allem: "Am Mainufer abends spontan mit Freunden einen Schoppen trinken. Das machen viele Segnitzer und ich habe es noch nie geschafft", sagt sie. Ihr Vorhaben gelte freilich erst wieder, wenn die aktuellen Beschränkungen es wieder erlauben würden.
So wünscht sie sich und den Segnitzern das, was man derzeit eben so wünscht: Viel Gesundheit, und dass alle diese Zeit gut überstehen. Ihrem Nachfolger im Amt, Peter Matterne, wünscht sie viel Erfolg und hat für ihn einen Tipp: "Immer dranbleiben und nachbohren, denn nichts erledigt sich von selbst. Und immer ein Auge auf die Fördertöpfe haben."