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Großlangheim
Freiwillige Tempolimits in Gemeinden: Vorbildhafte Verkehrserziehung oder wirkungslos?
Nachgefragt: Was bringen die Freiwillig-30/40-Schilder und Geschwindigkeitsanzeigen in Großlangheim, Kleinlangheim und Wiesenbronn? In einem Ort herrscht Frust.
In Großlangheim hängen seit 2022 Schilder mit 'Freiwillig 40.' Außerdem wurden Geschwindigkeitsanzeiger installiert. 
Foto: Julia Lucia | In Großlangheim hängen seit 2022 Schilder mit "Freiwillig 40." Außerdem wurden Geschwindigkeitsanzeiger installiert. 
Julia Lucia
 |  aktualisiert: 01.03.2025 02:49 Uhr

Mit der Freiwilligkeit ist das so eine Sache. Ein Kann, aber eben kein Muss. In Großlangheim kann man innerorts freiwillig 40 Kilometer pro Stunde schnell fahren, muss man aber nicht. Die roten Schilder an den Ortseingängen sind eine Bitte, die Geschwindigkeit zu drosseln, aber eben keine Verpflichtung. 

Seit 2022 stehen die Schilder, etwas später gibt es auch Geschwindigkeitsanzeiger, allerdings sind die auf die Regelgeschwindigkeit von 50 eingestellt. Was bringen also die Freiwillig-40-Schilder? Großlangheims Bürgermeister Peter Sterk sagt: "Es wird bewusster gefahren."

Freiwillige Tempolimits in Gemeinden: Vorbildhafte Verkehrserziehung oder wirkungslos?

Die Geschwindigkeitsanzeiger zeichnen auf, wie schnell die Fahrerinnen und Fahrer am Ortseingang unterwegs sind und "es wird knapp über 40 gefahren". "Aber einige interessiert es gar nicht", sagt Sterk. Besonders in der kurzen 30er-Zone beim Friedhof wird oft viel zu schnell gefahren. Das weiß der Bürgermeister, weil seit 2o24 in Großlangheim der fließende Verkehr "regelmäßig in unregelmäßigen Abständen" kontrolliert wird.

Tempo 40 ist ein guter Kompromiss

Ginge es nach Sterk und seinem Gemeinderat, wäre der gesamte Ort eine Zone 30, damit die Anwohner sicher über die viel befahrene Hauptstraße kommen. Doch das ist nicht machbar, da die Durchgangsstraßen Staatsstraßen sind. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind hier kaum durchsetzbar. Deswegen auch die Idee, die Freiwillig-40-Schilder aufzustellen. Für Sterk ist 40 ein guter Kompromiss. "Da geht ein Autofahrer eher mit", sagt er. "Mal ehrlich: 30 ist eine bescheidene Geschwindigkeit."

Das sagt auch Gerlinde Stier, Bürgermeisterin von Kleinlangheim. Auch hier weisen auf der Durchgangsstraße Schilder auf freiwillig 40 hin. Die Bürgermeisterin hat das Gefühl, dass langsamer gefahren wird. "40 ist eine Geschwindigkeit, die man akzeptieren kann", sagt Stier. Nachweisen kann sie's nicht, da nur an der Schule geblitzt wird: "Da werden aber immer welche erwischt."

Wer 30 fährt, verursacht einen Stau in Wiesenbronn

Die Geschwindigkeitsanzeiger an den Großlangheimer Ortseingängen wurden auf 50 Kilometer in der Stunde programmiert.
Foto: Julia Lucia | Die Geschwindigkeitsanzeiger an den Großlangheimer Ortseingängen wurden auf 50 Kilometer in der Stunde programmiert.

Auch in Wiesenbronn wird geblitzt. "Wir sind sehr erfolgreich", sagt Bürgermeister Volkhard Warmdt lakonisch. Spitzenwert am Ortsausgang: 82 Kilometer in der Stunde. Anders als in Klein- und Großlangheim hat sich Wiesenbronn bewusst für freiwillig 30 entschieden. "Eine angemessene Geschwindigkeit in unserem unübersichtlichen Ort", erklärt Warmdt und ist total frustriert. "Fahren Sie mit 30 durch Wiesenbronn ziehen Sie einen Stau hinter sich her."

Trotzdem hält er am freiwilligen Tempolimit fest. "Wir machen 30 – und fahren sie dann 40 sind wir auch zufrieden", sagt er. Grundsätzlich findet er, dass Gemeinden mehr Spielraum in diesem Bereich haben sollten.

Der Initiative "Lebenswerte Städte" beigetreten

Das sieht auch Peter Sterk so. Deswegen ist Großlangheim der Initiative "Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten" beigetreten. Dort engagieren sich bundesweit über 1000  Städte, Gemeinden und Landkreise für mehr Entscheidungsfreiheit. Das Ziel: Gemeinden sollen ohne weitere Einschränkungen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort anordnen können, wo sie es für notwendig halten.

Bis es so weit ist, bleiben Gemeinden nur Schilder, die die Autofahrer auffordern, innerorts freiwillig langsamer zu fahren. "Verkehrserziehung", sagt Sterk lachend und ziert ein Gemeinderatsmitglied: "Eine Erinnerung ist manchmal ganz gut."

 
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  • Michael Wolfrum
    In Südspanien habe ich sehr oft fest installierte Geschwindigkeitsmesser gesehen. 100m weiter steht eine Ampel und wenn jemand zu schnell fährt, dann schaltet die Ampel auf rot bis das Fahrzeug zum Stillstand kommt. Das funktioniert perfekt.
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  • Gerlinde Conrad
    Fest montierte Blitzer, wie sie im europäischen Ausland üblich sind, wären die Lösung und bringen Geld in die Kasse! Aber dazu muß erst die Bürokratie überwunden werden. K.-H. Conrad
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  • Tanja Müller
    Wir haben hier in Großlangheim eine vielbefahrene Hauptstraße - auf der anderen Straße befindet sich z.B. der Kindergarten oder auch eine Bushaltestelle für Schulkinder. Dafür haben wir leider keinen Zebrastreifen, keine Fußgängerbehelfsampel...
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  • Bernhard Roschlau
    Bravo, der deutsche Michel kann also doch über seinen Schatten springen - in der STVO gibt es nämlich kein Tempo 40. Vielleicht sollte man letztere entsprechend reformieren.
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  • Dietmar Eberth
    " technische Einrichtung, die es zumindest verhindert schneller zu fahren als erlaubt."

    Das klappt vielleicht mal beim autonomen Fahren wo der komplette Verkehr und die Regeln zuverlässig erkannt werden. Aber man könnte schon mal die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen und Landstraßen verringern, wo die meisten Verkehrstote wegen unangepasster Geschwindigkeit vorkommen.

    Ansonsten helfen Kontrollen, Kontrollen, Kontrollen zur Einhaltung der Verkehrsregeln.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Kontrollen, Kontrollen, Kontrollen - @ Dietmar Eberth -

    da bin ich im Prinzip bei Ihnen. Passieren wird das allerdings nicht, weil sich da realiter immer gleich zwei Fragen stellen:

    1. was kostet das (Geld, Personal, ...)?
    2. was bringt das (nämlich: genug, um 1. zu bezahlen)?

    Ich bin mir sicher, wenn man das wirklich wollte, könnte man ein Gimmick in die Autos bauen, das Verkehrszeichen nicht nur erkennt, sondern auch noch für die Einhaltung der Regel sorgt.

    Andersrum werden Sie mit noch so vielen Regeln, die niemand nachhält, insbesondere die nicht "erwischen", die Sie eigentlich vordringlich erwischen müssten.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    "Einige interessiert es gar nicht"

    das ist genau der Punkt.

    Hauptunfallursache bei Unfällen mit Getöteten lt. Bundesverkehrsministerium:
    unangepasste Geschwindigkeit.

    MMn wird es schon lange Zeit für eine technische Einrichtung, die es zumindest verhindert schneller zu fahren als erlaubt.
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