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Kitzingen
Falsche Polizisten bringen Kitzinger Seniorin um 11.000 Euro: So lief die Betrugsmasche ab
Die Frau am Telefon behauptete, es habe einen Raubüberfall in der Nachbarschaft gegeben. Sie solle ihr Geld in ein Kuvert packen und vor die Tür legen. Jetzt stand der Geldbote vor Gericht.
Eine Seniorin ließ sich am Telefon dazu überreden, Geld in ein Kuvert zu stecken und es zur Abholung vor die Haustür zu legen (Symbolbild).
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Eine Seniorin ließ sich am Telefon dazu überreden, Geld in ein Kuvert zu stecken und es zur Abholung vor die Haustür zu legen (Symbolbild).
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:44 Uhr

Die Masche ist fast so bekannt wie der Enkeltrick: Falsche Polizisten bringen Senioren dazu, ihnen Geld zu überlassen. Obwohl auf vielen Kanälen gewarnt wird, gelingt der Trick immer wieder. Dann ist das Geld in der Regel weg, die Hintermänner bleiben im Dunkeln. Wenn überhaupt, geht der Polizei der Geldabholer ins Netz. Das war im November 2021 auch in Kitzingen der Fall. Ein Jahr später saß nun der "Dumme an der Front", wie sein Verteidiger den Geldkurier aus Marktheidenfeld nannte, vor Gericht.

Am 29. November 2021 kurz vor Mittag erhielt eine 63-jährige Kitzingerin den Anruf einer angeblichen Beamtin der Kripo Würzburg. Die Ansage: In der Nachbarschaft habe es einen Raubüberfall gegeben. Zwei der Täter seien festgenommen, zwei auf der Flucht. Es bestehe akute Gefahr, dass die Frau zum Opfer wird. Die Seniorin wurde so lange bearbeitet, bis sie 11.000 Euro in ein Kuvert packte und es vor ihrer Wohnungstür ablegte. Dort sollte es von einer Zivilstreife abgeholt werden.

Der Bote sollte das Paket zu einer Adresse nach Stuttgart bringen

Tatsächlich kam wenig später ein Mann vorbei. Der war kein Polizist, sondern ein von den Betrügern per Handy "ferngesteuerter" Geldbote. Der 29-Jährige stellte seinen Van vor dem Haus der Frau ab, klingelte und holte das kleine Paket ohne Kontaktaufnahme mit dem Opfer ab. Zurück im Auto bekam er von "Timo", wie sich sein Auftraggeber nannte, den Auftrag, die Fracht nach Stuttgart zu bringen. Dort ging es wieder anonym zu. Der Mann parkte sein Auto an der angegebenen Adresse, die Tür blieb offen. Dann machte er sich auf den Weg um den Häuserblock. Als er zurückkam, war das Paket weg. Dafür fand er sein Honorar: 500 Euro in 20-Euro-Scheinen. Die Sache war gelaufen. Der Mann fuhr nach Hause.

Es dauerte nicht lange, da stand bei dem Kurier aus dem Landkreis Main-Spessart die Polizei vor der Tür. Er sei "sprachlos" gewesen, als er erfuhr, dass eine Frau Anzeige wegen Betrugs gestellt hatte, sagte er jetzt vor Gericht. Die hatte sein Kennzeichen notiert und es damit der Polizei leicht gemacht. Das bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmte Handy und die darin gespeicherten Chatverläufe und Sprachnachrichten brachten Klarheit in den Fall. Heraus kam die Anzeige wegen Beihilfe zum Betrug.

Davon wollte der mehrfache Familienvater nichts wissen. Der Mann ist wegen eines Hausbaus hoch verschuldet, seine Frau fiel als Mitverdienerin aus. Dann geriet er in Kurzarbeit und suchte sich einen Nebenjob. Fündig wurde er bei E-Bay-Kleinanzeigen, ein Kurierfahrer wurde dort gesucht. Nach einigen gescheiterten Aufträgen kam die Order für die Fahrt nach Kitzingen. Ihm sei zwar einiges "komisch" vorgekommen, sagte er dem Gericht. "Ich habe aber nicht geglaubt, dass das was Illegales ist."

Der ermittelnde Beamte spricht von "organisierter Kriminalität"

Wenn er gegenüber "Timo" Bedenken geäußert habe, seien die zerstreut worden. Fragen seien immer "nachvollziehbar beantwortet worden". Eine Aussage, die für den ermittelnden Beamten ins Bild passte. "Wie die Täter auf Situationen eingehen, umswitchen, ist sensationell und professionell. Das ist organisierte Kriminalität." Dass von den Hintermännern bis heute jede Spur fehlt, bestätigt diese These.

Klar war am Ende: Der Mann hatte das Paket abgeholt – und das Abholen ist Teil der betrügerischen Aktion. Ob der Mann aber Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug geleistet hat, war umstritten. Dass er sein Auto beim ersten Teil der Aktion, dem Abholen in Kitzingen, offen und auch für das Opfer sichtbar geparkt hatte, sprach eher für den bisher nicht vorbelasteten Mann und nicht dafür, dass er ahnte oder wusste, um was es geht. Spätestens bei der anonymen Geldübergabe in Stuttgart hätte er merken müssen, dass das etwas nicht stimmt.

Schließlich kam der "Täter, der irgendwie auch Opfer" ist, wie die Staatsanwältin sagte, mit einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe davon. Die Anklage hatte 16 Monate wegen Beihilfe gefordert. Das Schöffengericht verurteilte den Mann aber wegen "leichtfertiger Geldwäsche". Auch das ist ein Urteil, das den Mann belasten wird. Das liegt an einer der Auflagen: Er muss der Frau die 11.000 Euro während der dreijährigen Bewährungsstrafe zurückzahlen.

 
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