Die Hochzeitstorte war anders als andere Hochzeitstorten: Ohne die kleinen Fahrräder ging es nicht. Dazu der Spruch: "Wo mein Fahrrad ist, bin ich zuhause." Das Ja-Wort war ein "Si", wie sich das in Mexiko gehört. Annika Wachter und Roberto Gallegos Ricci hatten eine Winterpause 2016 in Mexiko während ihrer Weltumradlung genutzt, um zu heiraten. Gefeiert wird im Bundesstaat Esenada, wo Robertos Eltern wohnen.
Rückblick, Herbst 2011. Ein Treffen Elternhaus in Kitzingen. Annika Wachter (25) und ihr Freund Roberto Gallegos Ricci (28) berichten von einem unglaublichen Abenteuer: In wenigen Tage wollen sie sich aufs Fahrrad setzen und an ihren Studienort nach Bremen radeln. Das an sich wäre jetzt noch nicht weiter sensationell. Doch von Bremen aus soll es einmal um die Welt gehen. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Vor der Tür stehen zwei handelsüblichen Rädern, die – nun ja – einen sicher einigermaßen wohlbehalten bis zum nächsten Supermarkt bringen. Aber um die Erde?
Einmal noch zu den Stadtmusikanten
Wenige Tage später. Ankunft mit den Rädern in Bremen. Einmal noch bei den Stadtmusikanten am Rathaus vorbeischauen, auf ein Selfie. Das macht man hier so. Es ist der 7. September. Bis sie wieder hier sind, werden einige Jahre vergehen. Um genau zu sein: Erst fünf Jahre später, Mitte Dezember 2016, wird das Paar wieder an dem Bremer Wahrzeichen stehen.
Dazwischen liegen 30 Länder: Von Deutschland nach Österreich, über die Slowakei nach Ungarn und Kroatien. Dann Serbien, Mazedonien, Griechenland und Türkei. Weiter über Georgien, Armenien, Iran, Turkmenistan, Usbekistan und Kirgisien nach China. Über Laos, Thailand, Kambodscha, Malaysia, Singapur, Indonesien nach Australien und Neuseeland. Schließlich Tonga, USA, Kanada, Mexiko, Spanien, Frankreich und wieder nach Deutschland.
Das Abenteuer ihres Lebens
Wer wollte, konnte den Pedal-Trip miterleben: Im Internet fütterte das Paar eifrig seinen Reise-Blog unter www.tastingtravels.com. Und daheim in der Zeitung in Kitzingen erschien auch eine regelmäßige Kolumne über die beiden Radfahrer, die durch das Abenteuer ihres Lebens strampelten. Am Ende kamen 1934 Tage oder 276 Wochen oder 63,5 Monate oder fünf Jahre und 105 Tage zusammen. Und genau 32 420 Kilometer.
Zurück in Deutschland, wurde das Paar in München sesshaft. Falls man das überhaupt so sagen kann. Denn im Grunde ist die kleine Familie – vor einem Jahr kam Sohn Dante auf die Welt – immer unterwegs. So verbrachten sie das bisherige Jahr fast komplett in Mexiko. Geplant waren drei Monate Elternzeit, dann aber wurde wegen Corona der Rückflug ersatzlos gestrichen – und so blieb das Paar fast drei weitere Monate bei Robertos Eltern.
Ganz untätig waren die heute 33-Jährige und der 37-Jährige dann aber doch nicht: Seit ein paar Tagen gibt es ihre Weltumrundung in Buchform. "Wie aus einer Radtour eine Weltreise wurde" erzählt das spannende Abenteuer noch einmal nach. Herausgegeben wurde es im Bruckmann Verlag, dem Arbeitgeber von Annika.
"Wir sind schon ziemlich stolz", beschreibt die Kitzingerin das Gefühl, als sie das am 22. Juli erschienene Buch erstmals in den Händen hielt. Es strahlt genau das aus, was im Vorwort so zusammengefasst wird: "Wir waren unterwegs frei und glücklich. Nichts konnte uns mehr stoppen." Und das über 32 420 Kilometer hinweg.
Wie aus einer Radtour eine Weltreise wurde, Annika Wachter und Roberto S. Gallegos Ricci. 192 Seiten, 180 Abbildungen, Hardcover, Bruckmann Verlag.