Für den angeklagten Asylbewerber war es schlicht "ein Missverständnis". Für die beiden Sicherheitsleute der Gemeinschaftsunterkunft in Kitzingen eine Beleidigung. Die wurde richtig teuer: 3200 Euro (80 Tagessätze zu 40 Euro) muss der Bäckereiverkäufer zahlen. Die Kosten des Verfahrens kommen dazu.
Das ist viel Geld für den 35-Jährigen. Der lebt seit fast zehn Jahren in Deutschland. Und er ist nach einigen Startschwierigkeiten und einer verbüßten Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten eigentlich auf einem guten Weg.
Der Mann arbeitet mit seiner Bewährungshelferin zusammen, hat einen Job, von dem er leben kann, und will im Herbst eine in der Jugendvollzugsanstalt begonnene Lehre als Maler und Lackierer fortsetzen. Davor allerdings muss er sich um die Begleichung seiner Schulden kümmern, die beträchtlich steigen werden, wenn das Urteil rechtskräftig wird.
Das ist noch offen. Denn der 35-Jährige will von dem Vorwurf überhaupt nichts wissen. "Ich kann mich an einen solchen Vorfall nicht erinnern", sagte der dem Gericht: "Das ist alles ein Missverständnis." Am Ende allerdings glaubte Richterin Ilka Matthes den Aussagen von zwei Zeugen mehr als der Version des Angeklagten.
Die Zeugen sind Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in der Gemeinschaftsunterkunft. Nach deren Aussagen hatte das Gericht "keine Zweifel, dass es so passiert ist, wie es in der Anklage steht".
Asylbewerber soll am Tor den Mittelfinger gezeigt haben
Danach ist der junge Mann am Abend des 3. Januar 2024 als Beifahrer in einem Auto in die Unterkunft gefahren. Beim Passieren des Tores hat er einem der Sicherheitsleute den Mittelfinger gezeigt. "Das war eindeutig und sicher kein Missverständnis", sagte der dem Gericht. Die Aktion sei aus "heiterem Himmel" gekommen, sagte er. Er habe weder vorher noch nachher Probleme mit dem Mann gehabt. Er habe sich beleidigt gefühlt und deshalb Strafantrag gestellt.
Sein neben ihm im Wachcontainer sitzender Kollege bestätigte die Aussage. "Das war der ausgestreckte Mittelfinger, keine Zweifel." Die hatte auch das Gericht nicht. Das Missverständnis wurde ziemlich teuer.